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Bonn: Neue Wende im Fall Niklas: Tritt war nicht die Ursache für seinen Tod

Bonn

Neue Wende im Fall Niklas: Tritt war nicht die Ursache für seinen Tod

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    Ein Kreuz, Blumen und Kerzen erinnern an den verstobenen 17-jährigen Niklas P., der von Schlägern attackiert wurde.
    Ein Kreuz, Blumen und Kerzen erinnern an den verstobenen 17-jährigen Niklas P., der von Schlägern attackiert wurde. Foto: Marius Becker (dpa)

    Die Tat hatte im Mai bundesweit Entsetzen ausgelöst: Eine Gruppe junger Männer schlägt und tritt - ohne erkennbaren Grund - brutal auf einen 17-Jährigen ein, der wenig später stirbt. Jetzt liegt das rechtsmedizinische Gutachten vor und zeigt: Die Gefäße in Niklas' Gehirn waren vorgeschädigt. Schon ein vergleichsweise leichter Schlag gegen den Kopf reichte, um sie zum Platzen zu bringen. Der Vorwurf des Totschlags gegen den 20 Jahre alten Hauptverdächtigen könne nicht mehr aufrecht erhalten werden, sagte der Sprecher der Bonner Staatsanwaltschaft, Robin Faßbender, am Sonntag der Nachrichtenagentur dpa und bestätigte Informationen des "Focus".

    "Todesursache war der Riss einer Ader im Gehirn", erläuterte Faßbender. Dieser sei laut Gutachten durch einen Schlag ausgelöst worden, der dem Tritt vorausgegangen war und im Normalfall keine schwerwiegenden Folgen gehabt hätte. Niklas war nach dem Schlag zu Boden gefallen. Als er reglos dort lag, soll der 20-Jährige ihm mit voller Wucht gegen den Kopf getreten haben. "Bisher sind wir davon ausgegangen, dass der Tritt todesursächlich war. Diese Schlussfolgerung können wir jetzt nicht mehr ziehen."

    Zudem stellten die Rechtsmediziner laut Faßbender keine Verletzungen fest, wie sie bei einer massiven Gewalteinwirkung gegen den Kopf zu erwarten wären, etwa einen Schädelbruch. "Man kann nun nicht mehr sicher sagen, dass der Verdächtige mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt hat." 

    20-Jähriger soll in Untersuchungshaft bleiben

    Wenn es nach der Staatsanwaltschaft geht, soll der 20-Jährige dennoch weiter in Untersuchungshaft bleiben. "Wir haben beim Landgericht Bonn beantragt, den Haftbefehl wegen Wiederholungsgefahr aufrechtzuerhalten und auf Körperverletzung mit Todesfolge umzustellen", sagte Faßbender. Der Anwalt des Verdächtigen hat Haftbeschwerde eingelegt, sein Mandant bestreitet die Tat. Am Sonntag war der Anwalt für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Das Landgericht wird voraussichtlich Anfang der Woche über die Anträge entscheiden. 

    Niklas war am 7. Mai spätabends zusammen mit Freunden nach einem Konzertbesuch auf dem Heimweg, als er auf die Gruppe junger Männer traf, die ihn angriff. Eine Woche nach der Prügelattacke starb der 17-Jährige, der aus Bad Breisig (Rheinland-Pfalz) stammte, im Krankenhaus. 

    Viele Menschen nahmen Anteil an dem Geschehen: Am Tatort im einst noblen Diplomatenviertel Bad Godesberg legten Trauernde Unmengen von Blumen und Kerzen nieder, der Weg der Fronleichnamsprozession wurde geändert und führte dort vorbei. Zu einer öffentlichen Trauerfeier kamen Hunderte Menschen.

    Auch politische Konsequenzen wurden laut. Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) sprach sich dafür aus, gewaltbereite Jugendliche künftig früher zu identifizieren und in Präventionsprojekte einzubinden. Die NRW-CDU forderte den Abbau rechtlicher Hürden für eine verstärkte polizeiliche Videobeobachtung. In Bonn beschloss ein "Runder Tisch" mit Vertretern von Stadt und Polizei unter anderem, in Bad Godesberg mehr Polizisten auf die Straße zu schicken. dpa

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