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Bodensee-Region: Wenn Bürger Blitzer selbst aufbauen

Bodensee-Region

Wenn Bürger Blitzer selbst aufbauen

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    Am Bodensee hat ein Anwohner selbst eine Blitzer-Attrappe aufgestellt. Es ist grundsätzlich nicht verboten, so ein Sprecher der Polizei.
    Am Bodensee hat ein Anwohner selbst eine Blitzer-Attrappe aufgestellt. Es ist grundsätzlich nicht verboten, so ein Sprecher der Polizei. Foto: Felix Kästle, dpa (Symbolfoto)

    Anwohner von Hauptstraßen kennen das Problem: Kaum wird die Besiedlung am Ortsrand lichter, tritt so mancher Autofahrer schon fast instinktiv auf das Gaspedal – auch wenn das Ortsausgangsschild nicht einmal in Sichtweite ist.

    Einige genervte Anwohner suchen einen Ausweg auf einschlägigen Internetseiten. Findige Unternehmer bieten da nämlich Fertigbausätze für Blitzer-Attrappen. Aus Hartschaum oder Stahl sind diese ab hundert Euro zu kaufen.

    Aber auch ohne Fertigbausatz sind Anwohner durchaus in der Lage, Autofahrer auszubremsen. Das zeigt ein Mann im baden-württembergischen Markdorf am Bodensee.

    Blitzer-Attrappe auf Bundesstraße

    Mit einer bemerkenswert echt wirkenden selbst gebauten Radarfalle an der Bundesstraße 33 sorgt er bundesweit für Aufregung. Seine Attrappe aus schwarzem Kanalrohr lässt viele Autofahrer ruckartig auf die Bremse treten. Wie er seine Blitzer-Imitation gebaut hat, verrät der Mann nicht.

    Viel Kritik habe er zudem für die Aktion einstecken müssen. Manche Autofahrer führen aus Ärger laut hupend an seinem Anwesen vorbei.

    Während sich besonders die Fahrer von Sportwagen oder Luxuslimousinen getäuscht fühlen, hält das zuständige Landratsamt die unkonventionelle Initiative zur Verkehrsberuhigung für unproblematisch.

    Auch die Stadt Markdorf und deren Hauptamtsleiter Klaus Schiele dulden die Blitzer-Attrappe. Ihrer Ansicht nach ist sie sogar eine kreative Lösung und eine „besondere Ausdrucksweise von Meinungsfreiheit“.

    Im Augsburger Raum bereits bekannt

    Auch im Raum Augsburg wurden mindestens schon zweimal Blitzer-Attrappen aufgestellt. Am Ortsausgang von Affing im Landkreis Aichach-Friedberg hatte eine solche an einem Gartenzaun Autofahrer im vergangenen Sommer über Wochen zum Bremsen bewegt.

    Blitzerarten: So werden Raser geblitzt

    Polizei und kommunale Verkehrsüberwacher haben mehrere Möglichkeiten, das Tempo von Autofahrern zu kontrollieren. Die gängigsten Kontrollverfahren:

    Ende der 1950er Jahre begann eine neue Ära im Straßenverkehr: Im Regierungsbezirk Düsseldorf kam erstmals ein mobiles Radargerät zur Geschwindigkeitskontrolle zum Einsatz. Mittlerweile gibt es eine Reihe unterschiedlicher Techniken.

    Radaranlagen: Die Geräte senden Radarstrahlen aus, die das Auto reflektiert. Wird die Messschwelle überschritten, wird ein Fotoapparat ausgelöst - eine der am weitesten verbreiteten Techniken.

    Lichtschranke: Mehrere Lichtschranken stehen nacheinander quer zur Straße. Beim Unterbrechen jeder Lichtschranke liefert das Auto ein elektrisches Signal. Das Gerät misst die Zeitabstände und errechnet so das Tempo.

    Drucksensoren: Mehrere Sensoren werden in bestimmten Abständen in die Fahrbahn eingelassen. Beim Überfahren werden Signale ausgelöst, mit denen das Tempo errechnet werden kann.

    Lasergeräte: Sie senden eine Folge von Impulsen aus und empfangen den vom Fahrzeug reflektierten Anteil. Die Geräte messen die Zeit bis zum Wiedereintreffen des Signals und errechnen so die Entfernung des Fahrzeugs. Aus deren Veränderung ergibt sich die Geschwindigkeit. Neben Handmessgeräten, die einzelne Autos anvisieren, gibt es Laserscanner, die mehrere Fahrstreifen zugleich überwachen.

    Video: Videokameras setzt die Polizei in ihren Fahrzeugen und im fließenden Verkehr ein. Um zu messen, ob ein Autofahrer zu schnell unterwegs ist, wird manuell die Zeit gestoppt, die er für eine gewisse Strecke braucht. Das Gerät errechnet das Durchschnittstempo.

    Das gleiche Phänomen gab es einige Orte weiter sogar über Jahre: Am nördlichen Ortseingang von Sielenbach stand von 2003 bis 2015 eine Attrappe.

    Polizei: Grundsätzlich nicht verboten

    Aber ist so ein Eingriff in den Straßenverkehr in Bayern überhaupt erlaubt? Polizeilich verfolgt werden diese Aktionen jedenfalls nicht. Im Gegenteil: Michael Jakob, Sprecher des Polizeipräsidiums Schwaben Nord, reagiert auf Anfrage eher amüsiert. Aktenkundig seien die Fälle aus dem Landkreis Aichach-Friedberg nicht geworden, sagt er und stellt klar: „Grundsätzlich ist es nicht verboten, so etwas aufzustellen.“

    Allerdings müssten Bürger, die auf ihre Weise den Verkehr in der Umgebung beruhigen wollen, Regeln beachten: „Vor allem geht es um die Frage, wo die Attrappe aufgestellt wird.“ Auf Privatgrundstücken seien die Attrappen kaum zu verbieten, sagt Jakob. Auf öffentlichem Grund dagegen hänge es von der Kommune ab, ob sie die Attrappe toleriere. „Es muss von den Behörden vor Ort immer eine Einzelfall-Entscheidung getroffen werden“, sagt der Polizeisprecher.

    Blitzlicht verboten

    Eine Täuschung mit Blitzlicht sei dagegen absolut tabu. „Wenn irgendetwas aufleuchtet, nimmt die Blitzer-Attrappe unmittelbar Einfluss auf den Verkehr. Das ist unter keinen Umständen erlaubt.“

    Etwas überrascht ist Jakob allerdings schon von der Idee der Bürger. Für die Verkehrsüberwachung in Bayern spielen stationäre Blitzer eigentlich gar keine so große Rolle wie etwa in Baden-Württemberg, sagt er. „Bei uns hat sich die mobile Überwachung bewährt, sie ist flexibel und ausreichend.“ Dass einige Anwohner dennoch auf Imitationen stationärer Radarfallen setzten und manche Autofahrer darauf auch noch hereinfielen, wundert ihn.

    Wahrscheinlich haben die Verkehrsteilnehmer in Affing und Sielenbach am Ende auch mitbekommen, dass es sich um Attrappen handelt – und sich davon gar nicht mehr stören lassen. Mittlerweile wurden sie übrigens abmontiert. mit dpa

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