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Billigimplantate: Skandal um Billig-Brustimplantate: SPD fordert Kostenerlass

Billigimplantate

Skandal um Billig-Brustimplantate: SPD fordert Kostenerlass

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    Im Skandal um Billig-Brustimplantate hat die SPD gefordert, betroffenen Patientinnen die vorgesehene Kostenbeteiligung für Nachbehandlungen zu erlassen.
    Im Skandal um Billig-Brustimplantate hat die SPD gefordert, betroffenen Patientinnen die vorgesehene Kostenbeteiligung für Nachbehandlungen zu erlassen. Foto: dpa

    Skandal um PIP-Brustimplantate

    Eine Klagewelle rollt weltweit auf die Gerichte wegen des Skandals um defekte Billig-Brustimplantate der französischen Firma PIP zu.

    Hunderttausende Brustimplantate gefüllt mit einem Billig-Silikon hatte PIP von 2001 bis 2010 weltweit verkauft; in den Einlagen wurde aus Kostengründen statt eines medizinischen Silikons ein Industriesilikon verwendet, das eigentlich als Dichtungsmasse eingesetzt wird.

    Einlagen rissen gehäuft, in Deutschland wurden bisher 25 Fälle gemeldet. Die Opfer führen Entzündungen und sogar Krebsfälle auf das Industriesilikon zurück.

    PIP-Firmengründer Jean-Claude Mas macht aus dem Einsatz von Billig-Silikon keinen Hehl, doch das war seiner Ansicht nach nicht schädlich.

    Die Anzeigen der betroffenen Frauen wenden sich allerdings nicht nur gegen PIP, sondern auch gegen die staatliche französische Medizinproduktebehörde Afssaps, gegen Ärzte und Kliniken sowie gegen den TÜV Rheinland.

    Der hatte PIP-Produkte europaweit zertifiziert und ihnen damit das begehrte CE-Siegel für geprüfte Sicherheit verschafft.

    In Frankreich wird deshalb gerne mit dem Finger auf den TÜV gezeigt: Die Afssaps, Ärzte und Krankenhäuser hätten sich auf den TÜV verlassen müssen, heißt es.

    Der TÜV Rheinland wiederum sieht keine Schuld bei sich, denn er sei bei seiner Prüfung von PIP «nachweislich umfassend und fortgesetzt getäuscht worden». Die Firma habe die Implantate geändert - also mit Industriesilikon gefüllt -, ohne dies mitzuteilen. Somit habe gar kein TÜV-Zertifikat für dieses Produkt vorgelegen. Der TÜV hat selbst Anzeige in Frankreich gegen PIP erstattet.

    Die EU will die Vorgaben strenger fassen, bevor ein Medizinprodukt überhaupt auf den Markt kommt. Eine staatliche Kontrolle, etwa ein Zulassungsverfahren wie bei Arzneimitteln, gibt es für Medizinprodukte nicht.

    Die Lieferanten des Industriesilikons, darunter der deutsche Chemiegroßhändler Brenntag, weisen eine Mitschuld von sich.

    Die französische Allianz-Tochter, bei der PIP versichert war, hält den Vertrag für ungültig, weil die Firma betrügerisch gehandelt habe

    Im Skandal um Billig-Brustimplantate hat die SPD gefordert, betroffenen Patientinnen die vorgesehene Kostenbeteiligung für Nachbehandlungen zu erlassen. Das Gesetz gebe den Krankenkassen diesen Spielraum, sagte der SPD-Politiker Karl Lauterbach dem Berliner "Tagesspiegel" vom Freitag.

    Billig-Implantate von PIP

    Mit den Operationen seien die Frauen kein unnötiges Risiko eingegangen, sondern zu Opfern einer betrügerischen Firma geworden, von der sie wegen Konkurses auch keinen Schadensersatz erwarten könnten. Deshalb dürfe es im Fall der Billig-Implantate der französischen Firma PIP keine Unterscheidung zwischen einer Verwendung aus medizinischen oder rein ästhetischen Gründen geben, sagte Lauterbach.

    Nach der geltenden Rechtslage sind die Kassen nicht zur Kostenübernahme verpflichtet, wenn es sich um Schönheits-Operationen handelte. Die Kassen verweisen auf die Rechtslage, wonach Patienten dann an den Kosten zu beteiligen sind. Anders ist dies bei Operationen aus medizinischen Gründen etwa nach Brustkrebsoperationen.

    Kassen verfahren bei Kostenübernahme unterschiedlich

    Laut einem Medienbericht verfahren die Kassen bei der Kostenübernahme bislang unterschiedlich mit betroffenen Patientinnen. So gibt es Kassen, die die gesamte Rechnung für Entfernung und Ersatz der von der französische Firma PIP verkauften bedenklichen Implantate tragen, andere beteiligten sich dagegen nur zum Teil an den Kosten.

    In Deutschland gehen die Experten davon aus, dass bis zu 10.000 Frauen von den umstrittenen Implantaten betroffen sein könnten. In 20 bis 25 Prozent der Fälle wurden die Brustimplantate demnach aus medizinischen Gründen eingesetzt; bei den anderen handelt es sich um Schönheitsoperationen.

    Skandal um Brustimplantate: Schärfere Kontrollen gefordert

    In der Debatte um Konsequenzen aus dem Brustimplantate-Skandal unterstützen die gesetzlichen Krankenkassen Forderungen nach schärferen Kontrollen. Medizinprodukte müssten bei der Zulassung ähnlich den Arzneimitteln behandelt werden, sagte die Chefin des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung, Doris Pfeiffer, der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom Freitag.

    Es gebe immer wieder Beispiele von Medizinprodukten wie Herzklappen und Stents, "deren Nutzen sich als kleiner, deren Gefahren für Patienten sich als größer herausstellen, als erhofft", sagte Pfeiffer. Nötig sei daher "eine amtliche Zulassung wie bei Arzneimitteln und Studien, die Nutzen und Risiken eines Medizinprodukts aufzeigen".

    Lauterbach: Meldepflicht für schadhafte Medizinprodukte

    Lauterbach forderte zudem eine Meldepflicht für schadhafte Medizinprodukte und ein entsprechendes Zentralregister. Dies müsse gesetzlich geregelt werden, sagte der SPD-Politiker dem "Tagesspiegel". Anders als bei Arzneimitteln zeigten sich Nebenwirkungen hier oft "erst im Einsatz" und ließen sich nicht durch Zulassungsverfahren ausschließen.

    Die französische Firma PIP hatte weltweit hunderttausende Brustimplantate verkauft, darunter auch in Deutschland. Die Billigkissen reißen verstärkt und rufen Entzündungen hervor. Außerdem gibt es nach Angaben des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vermehrt Hinweise, dass auch ohne Riss des Implantats Silikon austreten und sich im umliegenden Gewebe verteilen kann. Nach den französischen Behörden hatte deshalb auch das Bundesinstitut Anfang Januar Frauen empfohlen, die Billig-Implantate entfernen zu lassen. (afp)

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