Es gab schon Pisa-Studien, die deutsche Bildungspolitiker mehr aus dem Konzept brachten. Etwa die allererste Studie, die den sogenannten Pisa-Schock ausgelöst hatte. Veröffentlicht wurde die Untersuchung aus dem Jahr 2000 im Jahr 2001 - die Ergebnisse damals waren desaströs. „Sitzengeblieben“ titelte damals etwa die Zeit. Deutschland war erschüttert, hatte man doch bis dato geglaubt, in Sachen Bildung überdurchschnittlich zu sein.
Pisa-Studie: Deutsche Schüler sind knapp überdurchschnittlich
Alle drei Jahre wurde die Studie seither durchgeführt, auch 2018. Am Dienstagvormittag wurden die Ergebnisse vorgestellt. Und die zeigen: In allen drei Testbereichen - Lesekompetenz, Mathematik und Naturwissenschaften - liegen die Ergebnisse über dem OECD-Durchschnitt. Im Wesentlichen sind die Leistungen seit 2015 stabil - allerdings mit leicht negativem Trend.
So haben die deutschen Schüler in den einzelnen Testfeldern abgeschnitten:
Lesen (diesjähriger Schwerpunkt der Erhebung): Deutschland liegt mit 498 Punkten über dem OECD-Schnitt (487 Punkte). OECD-Musterschüler sind Estland und Kanada. Asiatische Staaten schnitten deutlich besser als die OECD-Staaten ab, Singapur etwa erreichte 549 Punkte. Etwa jeder fünfte getestete deutsche Schüler erreicht im Lesen nur die niedrigste Kompetenzstufe. Aber: Mehr als elf Prozent der deutschen Schüler erreichen das obere Leistungsniveau. Mädchen schneiden im Lesen noch immer besser ab als Jungen, die Unterschiede sind aber nicht mehr so signifikant. Auffällig ist weiterhin: Im internationalen Vergleich schneiden deutsche Kinder aus sozialschwachen Familien besonders schlecht ab.
Mathematik: Deutschland erreicht 500 Punkten in Mathematik und liegt damit ebenfalls über dem OECD-Durchschnitt von 489. Spitzenreiter innerhalb der OECD sind Japan (527) und Estland (523). Außerhalb der OECD sind ebenfalls die asiatischen Staaten ganz vorne. China erreicht knapp 600 Punkte - allerdings nahmen dort nur ausgewählte Verwaltungsgebiete an der Studie teil.
Naturwissenschaften: Deutschland liegt mit 503 Punkten über dem OECD-Durchschnitt von 489. Am besten schnitten in der OECD auch hier Estland (530) und Japan (529) ab.
Getestet wurden etwa 5500 15-jährige Schüler aus mehr als 200 deutschen Schulen. Insgesamt nahmen 79 Länder an der Pisa-Studie teil, darunter 37 OECD-Mitgliedstaaten.
Bildungsministerin zur Pisa-Studie: "Wir brauchen eine nationale Kraftanstrengung"
Da die deutschen Leistungen schlechter sind als noch in den Jahren zuvor, schlug Bildungsministerin Anja Karliczek bei der Vorstellung der Pisa-Studie entsprechend Alarm. „Wir brauchen eine nationale Kraftanstrengung für Bildung“, forderte die CDU-Politikerin.
Es sei gut, dass Deutschland über dem Durchschnitt liege, sagte der stellvertretende OECD-Generalsekretär Ludger Schuknecht. Gleichzeitig stellte er aber auch die rhetorische Frage: „Reicht uns das?“ Auffällig für ein reiches Land wie Deutschland ist der Befund, dass der schulische Erfolg in Deutschland immer noch ganz stark vom Einkommen der Eltern abhängt. Deutschland gehöre zu einer Gruppe von Ländern, „auf die der sozialökonomische Hintergrund mehr Einfluss hat als im OECD-Durchschnitt“, sagte Schuknecht.
„Deutschland muss seine Begeisterung für Bildung und Kompetenzen erneuern und seinen Reformgeist wieder auf den Weg bringen“, forderte der OECD-Vize. Schuknecht beklagte auch, dass nur jeder zehnte Schüler in Deutschland in der Lage gewesen sei, Tatsachen von Meinung zu unterscheiden. Die Ursache: Die meisten Schülerinnen und Schüler nutzen der Studie zufolge keine klassischen Medien mehr.
Karliczek: Pisa-Studie ein wichtiger Gradmesser
Karliczek nannte die Studie einen „sehr wichtigen Gradmesser“ und betonte, sie sei „zunehmend besorgt“ über den Negativtrend der vergangenen Jahre. „Wir brauchen einen Aufbruch in der Bildungspolitik“, forderte die CDU-Politikerin und hatte dabei die Länder im Blick, denn in Deutschland ist Bildung grundsätzlich immer noch Ländersache. Mittelmaß könne für ein Land wie Deutschland ohne natürliche Ressourcen „nicht der Maßstab sein“, sagte Karliczek, die „für eine bessere Verzahnung aller Bildungssysteme“ in Deutschland plädierte und Kritik an den Ländern übte. Der Bund habe das Problem, dass er mit 16 Ländern sprechen müsse. Deshalb müssten die Länder jetzt eine Antwort darauf finden, wie sie mit dem Angebot des Bundes für die Unterstützung von Bildungsmaßnahmen umgehen wollten.
Lesen Sie dazu den Kommentar: Lese-Probleme: Das Ergebnis der Pisa-Studie ist bedenklich
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