Startseite
Icon Pfeil nach unten
Panorama
Icon Pfeil nach unten

Bestsellerautor: Der Dan-Brown-Code

Bestsellerautor

Der Dan-Brown-Code

    • |
    Er ist der zurzeit meistgelesene lebende Autor der Welt: der amerikanische Schriftsteller Dan Brown.
    Er ist der zurzeit meistgelesene lebende Autor der Welt: der amerikanische Schriftsteller Dan Brown. Foto: Rolf Vennenbernd (dpa)

    Die erste Überraschung erleben die Fans, als Dan Brown endlich die Bühne betritt. Er trägt kein Tweed- oder grün kariertes Schurwoll-Sakko, wie man ihn von Bildern kennt. Der meistgelesene lebende Autor der Welt erscheint im schwarzen, eng geschnittenen Anzug, mit schwarzer Krawatte über dem grau gestreiften Hemd, zu seiner bislang ersten und einzigen Lesung in Deutschland.

    Dan Brown überrascht seine Fans

    Selbst unter vielen seiner Fans gilt der Amerikaner, der mehr als 200 Millionen Bücher verkauft hat, oft als vermeintlich komischer Kauz. Einer, der sich für seine Geschichten um vier Uhr morgens an den Schreibtisch setzt, sich kopfüber an eine Stange hängt, damit ihm das Blut ins kreative Hirn schießt. Einer, der menschenscheu sein soll und angeblich ein Leben lang unter Angst vor der großen Bühne leidet.

    Das ist die zweite Überraschung für die über tausend Fans, die sich die 30 Euro teuren Tickets für den Abend im großen Ballsaal des Kölner Maritim-Hotels gekauft haben: Sie erleben Dan Brown als einen absoluten Bühnenprofi und eine Lesung, inszeniert wie eine Fernsehtalkshow.

    Interviewt von einer Journalistin und assistiert von einem vorlesenden Schauspieler, bewirbt ein ausgesprochen lockerer Dan Brown seinen neuen Roman „Inferno“: In dem spannenden Thriller versucht Browns Held Robert Langdon in einer kunstgeschichtlichen Schnitzeljagd, die Welt vor der Verschwörung einer Geheimorganisation zu retten. Dabei steht nicht weniger als die Hälfte der Weltbevölkerung auf dem Spiel.

    Ein in Dantes „Göttliche Komödie“ vernarrter Biochemiker sieht in der Höllenbeschreibung des Dichters eine düstere Zukunftsvision. Mit einem gentechnisch veränderten Virus will er die Welt vor Katastrophen und einer drohenden Überbevölkerung bewahren und schwärmt von der positiven Wirkung, die einst die Pest für den Fortschritt der Menschheit gebracht hat.

    Insgesamt gibt es nur vier Lesungen aus "Inferno"

    Nur vier Lesungen aus „Inferno“ spendiert Brown seinen Fans weltweit: „Ich bin kein schüchterner, scheuer Mensch, aber ich lege viel Wert auf meine Privatsphäre“, sagt der 48-Jährige am Rande der Veranstaltung. Tatsächlich versteht es der Amerikaner, sofort jeden Raum für sich einzunehmen.

    Dieser Tage jettet Brown durch europäische Städte, um seinen Roman in Journalistenrunden vorzustellen. Es ist Teil einer geschickten Marketingkampagne, nachdem sein vorheriger Robert-Langdon-Roman „Das verlorene Symbol“ sich zwar bislang in über 30 Millionen Exemplaren weltweit verkauft hat, aber bei weitem nicht das Echo von Browns umstrittenem Jesus-Verschwörungsthriller „Sakrileg“ auslöste.

    „Ein Autor muss sehr schnell nach dem Erscheinen eine kritische Masse an Lesern erreichen“, verriet Dan Brown einmal an anderer Stelle. Er habe in seinen Anfängen als Autor schmerzhaft lernen müssen, dass das entscheidende Zeitfenster für einen Bucherfolg nur wenige Wochen beträgt, weshalb nichts so wichtig sei wie das Marketing um die Neuerscheinung. Brown musste dies bitter bei seinem ersten Robert-Langdon-Thriller „Illuminati“ erfahren.

    In dem Roman droht eine vermeintliche Geheimorganisation der Illuminaten mit einer aus dem Genfer Kernforschungszentrum Cern entwendeten Antimaterie-Bombe den Vatikan in die Luft zu jagen. Heute ist das Vorgänger-Buch von „Sakrileg“ nach seiner Hollywood-Verfilmung ein Welterfolg und Millionen-Bestseller. Doch als es im Jahr 2000 erstmals erschien, druckte Browns damaliger Verlag statt der versprochenen Auflage von 60.000 nur 12.000 Stück. Auch die Lesereise durch zwölf US-Städte wurde abgeblasen, ebenso geplante Zeitungsanzeigen.

    Dan Brown dachte schon ans Aufgeben

    Brown und seine Frau Blythe, die jahrelang auf gemeinsamen Rom-Reisen für den Roman recherchiert hatten, verkauften stattdessen das Buch aus dem Auto heraus auf Parkplätzen. Für eine Tour durch Buchhandlungen fehlte dem damaligen Englisch- und Spanischlehrer das Geld. Brown dachte wie schon nach seinen wenig erfolgreichen vorangegangenen Büchern ans Aufgeben.

    Dan Brown - König der Thriller-Autoren

    Die Bücher von Dan Brown gehören heute zu den meistgelesenen der Welt.

    Dan Brown wurde 1964 als Sohn eines Mathematikprofessors und einer Musikerin im US-Bundesstaat New Hampshire geboren.

    Bevor er als Thriller-Autor weltweit berühmt wurde, arbeitete er als Englischlehrer.

    Brown ist verheiratet und lebt mit seiner Frau, die den gleichen Beruf hat wie sein Romanheld Robert Langdon und Kunsthistorikerin ist, in Neuengland.

    Mit seinen Romanen und ihrer Mischung aus Spannung, Wissenschaft, Geschichte und Verschwörungstheorien ist er heute einer der weltweit erfolgreichsten Schriftsteller der vergangenen Jahrzehnte.

    Durch den weltweiten Ruhm habe er zwar heute weniger Privatsphäre. «Aber ich stehe immer noch um jeden Morgen um 4.00 Uhr auf.»

    Dass Dan Brown heute teilweise mehr Bücher verkauft als Harry-Potter-Erfinderin Joanne K. Rowling, verdankt der Autor vor allem zwei Frauen. So trieb seine zwölf Jahre ältere Ehefrau Blythe nicht nur die Schriftsteller-Karriere ihres Mannes von Anfang an voran.

    Browns Frau steuerte zudem einen Großteil der Recherchen zu dem Roman bei. Das offenbarte der Autor in einer siebzig Seiten langen Stellungnahme in einem Plagiatsprozess, den zwei Sachbuchautoren 2006 gegen ihn anzettelten. Sie unterstellten Brown, Großteile von „Sakrileg“ aus ihrem Buch über „Der heilige Gral und seine Erben“ übernommen zu haben.

    Darin hatten die beiden Briten eine Geheimgesellschaft namens Prieuré de Sion beschrieben, zu der unter anderem Leonardo da Vinci gehört habe, und die These aufgestellt, dass Jesus mit Maria Magdalena ein Kind hatte und dessen Nachkommen die Blutlinie der Merowinger begründet haben sollen. Diese Thesen sind auch das Grundgerüst für „Sakrileg“, das im englischen Original wie der spätere Kinofilm „The Da Vinci Code“ heißt.

    Bei einer Niederlage wären sein Ruf und Erfolg dahin

    In dem Prozess um Millionenschadenersatz ging es für Dan Brown drei Jahre nach seinem Durchbruch um alles: Bei einer Niederlage wären sein Ruf und der jahrelang ersehnte Erfolg in sich zusammengebrochen. In der Stellungnahme für das Gericht schrieb Brown einer eidesstattlichen Versicherung ähnlich in 218 Einzelpunkten gegliedert seine gesamte Lebensgeschichte nieder.

    Er erzählt, wie er als Mathematik-Professoren-Sohn in Exeter ohne Fernseher aufwuchs, schon als Kind eine Liebe für alle Arten von Rätseln und für die Schnitzeljagden hatte, die sein Vater an Weihnachten organisierte. Wie er auf die gleiche Literatur verliebte Schule ging wie der ebenfalls in

    Als er mit seiner Frau 1993 in Tahiti Urlaub machte, las der Sachbuch-Freund das erste Mal seit vielen Jahren einen Roman: „Die letzte Verschwörung“ von Sidney Sheldon. Der Erfinder der amerikanischen Fernsehserie „Bezaubernde Jeannie“ hatte nach hunderten Drehbüchern in späten Jahren mit dem Romanschreiben begonnen. Brown war begeistert von der Einfachheit der Sprache und der effizienten Art, wie Sheldon seine Handlung aufbaute.

    Die Karriere als Popmusiker wollte nicht in Gang kommen

    Er gebar den Wunsch, auch so einen Thriller schreiben zu wollen – zumal seine angepeilte Karriere als Popmusiker angesichts Erfolglosigkeit nicht in Gang kommen wollte. Den Prozess in London gewann Brown schließlich auf ganzer Linie. Er hatte das Grals-Buch sogar in „Sakrileg“ erwähnend eingebaut.

    Denn die zweite Frau, die Browns Schriftstellerkarriere neben seiner Ehefrau entscheidend voranbrachte, ist Heide Lange. Brown kämpfte hart darum, dass ihn die Literaturagentin unter Vertrag nahm. Er hatte gelesen, dass sie einem Thriller-Autor einen Millionenvertrag verschafft hatte. „Ich bemerkte, Heides Nachname Lange war ein Anagram“ – für Englisch „Angel“, Engel. Eine solche Buchstabenumstellung spielte nach eigenen Angaben auch für Browns eigenes Leben eine wichtige Rolle. „Ich bin nicht abergläubisch, aber ich erinnere mich, dass das für mich ein sehr gutes Omen war“, schrieb Brown in seiner Prozess-Stellungnahme.

    Er überzeugte Lange, „Illuminati“ zu lesen, und schrieb für sie einen 56-seitigen Kurzentwurf von „Sakrileg“. Vermutlich hätte Browns Erfolgsroman ohne Langes Vermarktungstalent nie jenen Wirbel bis hin zu missbilligenden Reaktionen aus dem Vatikan ausgelöst, und Brown wäre ähnlich wie zuvor mit „Illuminati“ in der Versenkung unbekannter Autoren verschwunden. So aber gilt „The Da Vinci Code“ mit über 80 Millionen verkauften Exemplaren heute als meistverkauftes gebundenes Buch eines lebenden Autors.

    Dennoch blieb Brown damals literarischer Ruhm verwehrt. Ähnlich wie manch Literaturkritiker nannte der Schriftsteller Salman Rushdie „Sakrileg“ einen „so schlechten Roman, dass er für andere schlechte Romane noch eine Beleidigung ist“.

    Dan Brown recherchiert bereits für den nächsten Robert-Langdon-Thriller

    Dan Brown ficht solche Kritik schon lange nicht mehr an: „Mein Ziel ist es, dass die Leser meine Bücher als Thriller genießen, dass sie ein bisschen etwas lernen und dass sie vielleicht Lust bekommen, auf Entdeckungsreise zu den Originalschauplätzen und Kunstwerken zu gehen“, sagt Brown in Köln. Tatsächlich loben inzwischen fast alle Kritiker Browns Talent, die berühmten Schauplätze seiner Handlung so ansteckend zu schildern, dass man mit Robert Langdon durch die Städte ziehen will – wie jetzt in „Inferno“ durch Florenz und den Palazzo Vecchio.

    „Ich pflege schon immer einen kinoähnlichen Stil“, erzählt Brown. „Ich schreibe in kurzen Szenen, die an großen Schauplätzen spielen, wo die Umgebung wesentlicher Bestandteil für die Handlung ist.“ So lasse er seinen Harvardprofessor Langdon nicht in einem schmucklosen Büro reden, sondern am liebsten auf der Flucht durch Kirchen, Museen und alte Bauwerke. „Jeden Geheimgang, den ich beschreibe, habe ich selbst gesehen, jedes Dokument, das Robert Langdon in Händen hält, gibt es wirklich.“

    Heute ist Brown gern gesehener Gast in Archiven, im Kölner Dom erhielt der „Sakrileg“-Schöpfer eine Sonderführung.

    Dan Brown recherchiert bereits für seinen nächsten Robert-Langdon-Thriller. Das Thema sei selbstverständlich „streng geheim“. Wenn er im Kölner Dom einen neuen Geheimgang finde, wolle er sein Ticket umtauschen und eine Woche länger bleiben, scherzt er. Inzwischen ist er pünktlich in Madrid angekommen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden