In den letzten Wochen kam es gleich zwei mal dazu, dass Kinderwagen auf die Gleise gerieten und von Zügen erfasst wurden, einmal in Markt Schwaben und einmal in Karlstadt am Main in Unterfranken. Beide Male hatten die Eltern ihre Kinder glücklicherweise kurz zuvor aus den Arm genommen. Schuld daran ist der Sog, den die vorbeirauschenden Züge verursachen.
Ein Sprecher der Deutschen Bahn erklärte das Phänomen folgendermaßen: Dadurch, dass ein Zug Luft vor sich her schiebt, entstehen Verwirbelungen. Beim Einfahren des Zuges drückt der Sog vom Gleis weg. Das könne Menschen, die zu nah an den Gleisen stehen, aus dem Gleichgewicht bringen. Es gibt zwei Situationen, in denen der Sog Richtung Gleise zieht: Während der Zug vorbeifährt und nachdem der Zug vorbeigefahren ist.
Je leichter ein Gegenstand oder ein Mensch auf dem Bahngleis ist und je mehr Angriffsfläche es oder er bietet, desto stärker ist die Auswirkung des Sogs. Je schneller ein Zug unterwegs ist, desto größer ist auch die Sogwirkung.
Wie schnell dürfen Züge durch Bahnhöfe fahren?
Wie schnell ein Zug durch einen Bahnhof fahren darf, wird individuell festgelegt. "In wenigen Fällen durchqueren die Züge die Bahnhöfe mit über 200 km/h ". Ausschlaggebend ist hierbei, ob der Zug direkt an der Bahnsteigskante vorbei fährt oder nicht. In den meisten Bahnhöfen gäbe es separate Durchfahrtstrecken, auf der die schnelleren Züge unterwegs sind.
Laut Aussagen des Eisenbahn-Bundesamtes, müssen Bahnsteige erst ab einer Geschwindigkeit von 160 km/h mit Lautsprecheranlagen ausgerüstet werden. Welche Sicherheitsanforderungen eingehalten werden müssen, steht in der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung. Alles darüber hinaus liegt im Ermessen des Betreibers. Das Eisenbahn-Bundesamt kontrolliert stichprobenartig die Einhaltung.
Wie streng die Sicherheitsbestimmungen sind, hängt von der Beschaffenheit eines Bahnhofes ab. Wichtig ist hier beispielsweise die Breite des Bahnsteiges und ob dort Kinder einsteigen. Sicherheitslinien gibt es jedenfalls für die Reisenden an allen Bahnsteigen.
"Wer hinter der Sicherheitslinie bleibt, hat normalerweise nichts zu befürchten. Das gilt sowohl für Erwachsene als auch für Kinder, jedoch nicht für Menschen die unter Kreislauf-Problemen leiden oder betrunken sind, da deren Gleichgewichtssinn gestört ist", sagt der Bahnsprecher.
Für Gegenstände gilt die Sicherheitslinie nicht
Für Gegenstände gilt die Sicherheitslinie nicht. Manchmal komme vor, dass Reisende Regenschirme, Koffer oder eben auch Kinderwagen unachtsam stehen lassen. Diese haben bei dem Sog dann keine Chance.
Reicht eine Sicherheitslinie nicht aus, wird der Abstand zwischen ihr und der Bahngleiskante zusätzlich erhöht oder schraffiert. Bei hohen Geschwindigkeiten werden außerdem feste Absperrungen angebracht. In extremen Fällen kann man sogar erst den Bahnsteig betreten, wenn der Zug bereits eingefahren ist.
Vor allem kleinere Haltepunkte sind gefährlich
Der Sprecher der Bundespolizei weiß aus Erfahrung, dass Reisende an kleineren Haltepunkten eher unachtsam sind. "Sie sind besonders gefährlich, da die Gleise oftmals in beide Richtungen befahren werden. Die heutigen Züge sind extrem leise. Vor allem, wenn der Wind schlecht steht, kann man sie erst sehr spät hören."