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Augsburg: Augsburger Juristin klagt erfolgreich gegen Kopftuch-Verbot

Augsburg

Augsburger Juristin klagt erfolgreich gegen Kopftuch-Verbot

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    Aqilah S. klagte vor dem Verwaltungsgericht Augsburg gegen eine Kopftuch-Verbot während des Referendariats.
    Aqilah S. klagte vor dem Verwaltungsgericht Augsburg gegen eine Kopftuch-Verbot während des Referendariats. Foto: Jörg Heinzle

    Sie trägt das Kopftuch aus Überzeugung. Aqilah S., 25, ist Muslimin. Sie hat eine deutsche Mutter und einen Vater, der aus Pakistan stammt. Das Tuch sei für sie „religiöse Pflicht“. Es abzunehmen, sagt sie, komme für sie nicht in Frage – auch nicht im Gerichtssaal. Mit dieser Haltung eckt die junge Juristin in Bayern an. Als sie ihr Referendariat bei der Justiz beginnen will, wird sie mit der Anweisung konfrontiert, dass sie mit Kopftuch weder auf der Richterbank sitzen noch als Vertreterin der Staatsanwaltschaft tätig werden darf. Es bleibt nur der Platz unter den Zuschauern.

    Die Augsburgerin Aqilah S. ist damit nicht einverstanden. Diskriminierung habe sie bis dahin wegen des Kopftuchs nicht erlebt, sagt sie. Und dann das. Der Juristin ist es wichtig, zu erklären, dass sie nicht sofort auf Konfrontation ging. Sie habe mehrere Gespräche gesucht. Mit der Richterin am Oberlandesgericht München, welche ihr die Auflage erteilt hatte. Mit dem Präsidenten des Augsburger Amtsgerichts, wo sie die Ausbildung absolvierte. Doch sie kommt nicht weiter und entschließt sich deshalb, gegen die Kopftuch-Anweisung zu klagen. Sie rückt damit ins Rampenlicht einer Debatte, die mit Abständen immer wieder aufflammt. Darf eine Staatsbedienstete ein Kopftuch tragen? Ist das mit der Neutralitätspflicht des Staates zu vereinbaren?

    Das Medieninteresse ist entsprechend groß, als am Donnerstagmorgen vor dem Verwaltungsgericht in Augsburg über ihre Klage verhandelt wird. Kameras sind auf sie gerichtet, als sie im Gerichtssaal erscheint. Sie trägt dunkle Kleidung, trägt ein blaues Kopftuch. Aqila S. lächelt zurückhaltend. Der Wirbel scheint ihr nicht besonders angenehm zu sein. Sie argumentiert sachlich, ganz im Stil einer Juristin. Es geht ihr um die Gleichberechtigung, sagt sie. Darum, dass sie die selbe Ausbildung absolvieren könne, wie jeder andere Jurist auch.

    Denn sie durfte nicht wie eine Staatsanwältin plädieren. Sie durfte keine Zeugen befragen. Sie musste passiv bleiben, fühlte sich „ausgebremst“. Ihre Ausbildungsphase bei der Augsburger Justiz ist zwar bereits seit über einem Jahr wieder beendet. Dennoch hält sie an der Klage fest. Sie will eine grundsätzliche Entscheidung. Es geht ihr ums Prinzip. Dass sie darauf einen Anspruch hat, sehen auch die Augsburger Richter so, die sich mit dem Fall befassen. Und sie urteilen in ihrem Sinn. Die Einschränkungen wegen des Kopftuchs waren nicht zulässig, entscheidet die zwei Kammer des Verwaltungsgerichts.

    Verwaltungsgericht: Für ein Kopftuch-Verbot fehlt die „Rechtsgrundlage“

    Für ein Kopftuch-Verbot fehlt nach Ansicht der Richter die „Rechtsgrundlage“. Es hatte dazu nur eine Dienstanweisung des bayerischen Justizministeriums gegeben. Ein Eingriff in ein Grundrecht wie das der Religionsfreiheit sei aber nur durch ein von einem Parlament verabschiedeten Gesetz möglich.

    Aqilah S. ist froh über das Urteil. Sie sei eine Verfechterin des Rechtsstaats und des Rechtssystems in Deutschland, sagt sie. Deshalb habe es sie so „verletzt“, dass man ihre die Tätigkeiten am Amtsgericht willkürlich verwehrt habe. Mit dem Urteil – auch wenn es noch nicht rechtskräftig ist – hat die junge Juristin womöglich Rechtsgeschichte geschrieben. Denn nun schwebt die Frage im Raum: Was ist, wenn eine Frau auch als Richterin Kopftuch tragen will? Es gibt bislang kein Gesetz, dass das eindeutig verbietet. Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) macht den Fall umgehend zu Chefsache. Er erklärt, man werde gegen das Urteil vorgehen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof muss dann entscheiden. Gut möglich, dass es in absehbarer Zeit auch ein neues Gesetz geben wird, dass ein Kopftuchverbot für Juristen im Staatsdienst regelt.

    Aqilah S. wird ihre Ausbildung jetzt beim Auswärtigen Amt in Berlin und dann in einer Anwaltskanzlei fortsetzen. Das sind die letzten beiden Stationen. Danach will sie erst einmal wissenschaftlich arbeiten. Die Frage, ob sie Richterin werden will, lässt sie offen. Sie ist eine gute Juristin. Der Staatsdienst wäre da natürlich eine Option. Sie sagt dazu: „Ein Urteil ergeht im Namen des Volkes – und ein Teil des Volkes sind eben auch wir Muslime.“

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