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Anrede in Frankreich: Mademoiselle will Madame sein

Anrede in Frankreich

Mademoiselle will Madame sein

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    Symbolbild,, dpa
    Symbolbild,, dpa

    Sie könnte es als dickes Kompliment auffassen, die 58-jährige Französin, wenn sie offizielle Briefe mit der niedlichen Anrede „Mademoiselle“ erhält. Doch das hat keine schmeichelhaften Gründe – sie ist nur einfach nicht verheiratet – und daher trotz ihrer drei Kinder für die Behörden nie zur mündigen „Madame“ geworden. Ein Unding, empört sie sich auf dem Feministinnen-Blog „Vie de meuf“, „Tussi-Leben“. Und ist damit nicht allein.

    Diskriminierend oder ein nettes Kompliment?

    Madame, Monsieur oder Mademoiselle: Frankreich gehört zu den wenigen Ländern, wo auf Behörden-Dokumenten, aber auch Formularen von Banken, Strom- und Telekommunikationsunternehmen aus drei Titeln ausgewählt wird. Dagegen laufen nun französische Frauenrechtlerinnen Sturm. Die Vereinigungen „Osez le féminisme“ („Mut zum Feminismus“) und „Les Chiennes de garde“ („Die Wachhündinnen“) wollen mit ihrer Kampagne „Mademoiselle, das Kästchen zu viel“ erreichen, dass Behörden und Unternehmen beim Kundenkontakt nicht mehr den Familienstand der verheirateten Madame und der ledigen Mademoiselle erfassen und außerdem auf die Frage nach Mädchen- und Ehenamen verzichten. In Zeiten, wo jedes zweite Kind in Frankreich außerehelich geboren wird, Frauen bei der Heirat ihren Nachnamen behalten oder gar auf ihren Mann übertragen, erscheint ihnen das überholt und diskriminierend.

    „Habt ihr euch nie gefragt, warum man einen ledigen Mann nicht ,Herrlein‘ oder ,unbefleckten Jüngling‘ nennt?“, fragen die Aktivistinnen, die dahinter eine Reminiszenz an eine Epoche sehen, in der Frauen mit der Eheschließung von der Obrigkeit des Vaters in die Obrigkeit des Ehemannes übergingen. Mademoiselle, schreiben sie auf ihrer Internet-Seite, sei weder schmeichelhaft noch obligatorisch, sondern vor allem „Zeichen eines alltäglichen Sexismus, der in unserer Gesellschaft fortbesteht“.

    Auf den Vorwurf hin, es gäbe doch dringlichere Probleme, erwidert Marie-Noëlle Bas, Präsidentin der „Wachhündinnen“: „Alle feministischen Kämpfe sind dringend.“ Das vermeintliche Detail sei Symbol der Ungleichheit. Gesetzlich sei niemand verpflichtet, seinen Ehestand bei administrativen Dokumenten anzugeben. Dennoch komme es vor, erzählt die Feministin Roxane, dass staatliche Behörden ein Ehe-Zertifikat einfordern, wenn man sich als „Madame“ ausgebe.

    Auch finanzielle Konsequenzen kann es geben: So klagte 2007 eine Frau bei der Antidiskriminierungsbehörde, weil eine Präfektur 145Euro dafür kassieren wollte, die „Mademoiselle“ in ihrem Führerschein mit „Madame“ zu ersetzen.

    In ihrem Kampf berufen sich die Feministinnen auf englischsprachige Länder, wo die Unterscheidung zwischen „Miss“ und „Mrs.“ inzwischen in ein elegantes „Ms.“ übergangen ist, sowie auf Deutschland, wo seit 1972 das „Fräulein“ von Behördenformularen verbannt ist.

    Die Internet-Bloggerin „Mademoiselle S.“ weist allerdings darauf hin, dass manche Frauen das „Mademoiselle“ durchaus wünschen – sei es als verbale Verjüngungskur oder als Signal dafür, dass sie noch zu haben sind.

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