Eigentlich braucht es keine endgültige Erklärung, warum Fasching oder Karneval ausgerechnet am 11. November um 11.11 Uhr beginnen. In diesem Fest hat sich eh schon so einiges vermischt, dass sich nur mühsam auseinander klauben lässt. Heidnische Kulte, christliche Feiertage, bäuerliches Brauchtum. Allein um den 11. November ranken sich mehrere Mythen. Spannend sind sie allesamt.
Mögliche Gründe für den Faschingsbeginn am 11. November um 11.11 Uhr
- Die Zahlenspielerei
Elf. Wenn dann muss es doch etwas mit der Bedeutung der Zahl "11" zu tun haben. Schließlich ist sie es, die den offiziellen Startschuss in Datum und Uhrzeit vorgibt. Sogar das Organisationskomitee der rheinischen Karnevalsvereine nennt sich in der Regel "Elferrat". Und tatsächlich: Die "11" gilt als die närrische unter den Zahlen. Das hat vor allem mit ihrer Stellung zwischen zwei übermächtigen Symbolen in der biblischen Zahlenmystik zu tun. Die "10", als Zahl der Gebote und der Weltordnung. Und danach die "12": Die Zahl der Apostel Jesu und das Symbol für Neubeginn - wie das Jahr, das nach zwölf Monaten endet und wieder von vorne beginnt.
Die "11" ist also närrisch, weil sie profan zwischen den beiden bedeutungsschwangeren Zahlen steht und gerade mal durch das Fußballspiel im 20. Jahrhundert eine neue Symbolebene erhält. Doch der Karneval ist weit älter als der Fußball. Die "11" ist keine christliche Zahl, sie überschreitet die Norm der Gebote, sie hebt die alltägliche Ordnung auf - genau wie von den Jecken gefordert. Das Faschingstreiben stellt die christliche Gesellschaftsordnung in Frage. Zudem ist sie die kleinste Schnapszahl und die Zahl der "letzten Stunde" auf der Uhr, die Stunde vor dem Tod.
Außerdem zählten viele Stadt- und Kommunalgremien im 19. Jahrhundert zehn oder zwölf Mitglieder. Der "Elferrat" ironisiert also die politische Dimension der Ordnung in Deutschland, mit dem Datum hat das allerdings wenig zu tun.
Also ist der 11.11. ein freigesetztes Datum, dass mit der "11" die Ordnung der Welt in Frage stellt? Ganz sicher ist das nicht.
- Die lieben Nachbarn
Eine andere Theorie besagt, dass die rheinischen Karnevalsvereine im 19. Jahrhundert das Wort "Elf" für sich vereinnahmten, weil sie sich damit über die Französische Revolution lustig machen wollten. Der Wahlspruch Egalité, Liberté, Fraternité ergibt abgekürzt und zusammen gesetzt "ELF". Deswegen der "Elferrat" und der Saisonstart am 11. 11.
Diese Theorie ist eher abwegig. Zumal "Liberté", also die Freiheit, meist vor "Egalité", der Gleichheit, genannt wird.
Karnevalsbeginn: Warum am 11.11. um 11.11 Uhr? Weitere Erklärungen
- Das Urkundensiegel
Im Jahr 1331: Auf der Gründungsurkunde eines frühen Faschingsclubs, der Geckenverein zu Kleve, findet sich ein Siegel mit dem Wahlslogan einer der ersten Vereine: "Ey, lustig, fröhlich". Abgekürzt, genau: "Elf".
- Eine komplizierte Rechnung
Der Bonner Karnevalsexperte Horst Bachmann hat als Erklärung des 11. November eine komplizierte Rechnung aufgestellt. Um es abzukürzen: Preußen forderte im Jahr 1823, dass der rheinische Karneval künftig organisiert werden müsse. Weil vor dem offiziellen Start der Fastnachtssaison - der Drei-Königstag am 6. Januar - noch eine vierwöchige Fastenzeit lag, legten die Verantwortlichen den 11. November fest.
- Der Bauernkalender
Bei den Bauern galt der 11. November seit jeher als das Ende des landwirtschaftlichen Wirtschaftsjahres. Ein zweites, endgültiges Erntedank, weil zu dieser Zeit nicht nur die Ernte eingefahren war, sondern der Großteil weiterverarbeitet wurde. Auch der Wein ist dann trinkbar. Für Magd und Knecht begannen zu dieser Zeit die Ferien: also nicht nur ein Grund zu feiern.
Letztlich gibt es viele Mythen, um den 11. November zu deuten. Wahr und falsch lässt sich dabei nicht mehr voneinander trennen. Ähnlich wie die heidnischen und christlichen Bräuche am Fasching selbst. Mit dem Sankt-Martins-Fest hat der Beginn des Karnevals übrigens nichts zu tun.