„Sie kennen das ja“, sagt der Kriminalrat. „Alles was Sie sagen, kann gegen Sie verwendet werden.“ Ein Satz, tausendmal gehört, ausgesprochen gegenüber Tatverdächtigen. Dass Hauptkommissar Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) dazugehört, ist eher überraschend. Auf die Frage, ob er denn einen Anwalt wolle, reagiert er pragmatisch: „Ich hätte gerne ein Glas Milch, Vollmilch.“
Er wird einen kräftigen Schluck brauchen können, denn bei der Fahndung nach dem geflüchteten Libanesen Khaled, der offenbar an Gräueltaten beteiligt war, entdecken er und Julia Grosz (Franziska Weisz) in einer leer stehenden Fabrikhalle in Lüneburg eine erschossene Frau. Die Kugeln stammen angeblich aus Falkes Waffe.
Kritik: Gelungener Tatort zwischen Psychospielen und Rückblenden
Es sind dabei gar nicht mal die Wendungen in der Handlung, die den besonderen Reiz des gelungenen Tatort-Krimis ausmachen. „Alles was Sie sagen“ lebt von der Mischung aus Psychospielen und dem exzessiven Einsatz von Rückblenden. Es wäre den Zuschauern wie den Tatort-Machern gegenüber unfair, würde man an dieser Stelle nicht wie üblich nur den Täter verschweigen, sondern zusätzlich noch die raffinierten Details nennen, die Khaled, der eigentlich Tarek Salam heißt, betreffen.
Es vergeht gut die Hälfte des Films, bis die oft auf unterschiedlichen Zeitebenen erzählte Story mit einem sich endlich menschlich näherkommenden Ermittlerpaar wieder zu ihrem Anfang zurückkehrt. Konventionell-heitere Geschichten wie etwa die der beliebten Münsteraner hätten hier keine Chance.
Anders der Chef eines libanesischen Clans, der den Johnny Controletti („meine Stadt, mein Laden, meine Regeln“) gibt und so ein wenig an „4 Blocks“ erinnert oder an die Ästhetik, die neuere US-Serien entwickeln. Natürlich auch mit Migranten, die hier „gut integriert“ sind. Das Gegenteil wäre wohl politisch zu unkorrekt. Der Zuschauer kann nicht sicher sein, ob es nur eine Wahrheit gibt. Und ob sich nicht alles ganz anders zugetragen hat. Wenn das nicht spannend ist.