Unfassbar! Nein, jetzt nicht die Leistung dieses Regisseurs. Die schon auch. Denn der 51-jährige Alejandro Iñárritu ist ja nicht nur der erste Mexikaner, dem es gelungen ist, bei der wichtigsten Auszeichnung der Filmwelt die wichtigsten Preise abzuräumen – und das mit seinem erst fünften Film. Er hat auf dem Weg dorthin auch wirklich wunderbare Werke und einen fast märchenhaften Lebensweg bewältigt.
Alejandro G. Iñárritu kommt aus Mexiko
Unfassbar aber ist zunächst, was sich Schauspieler Sean Penn als hochverehrter Vertreter Hollywoods in seiner Lobrede auf Iñárritu erlaubte. Er witzelte: „Wer hat diesem Mistkerl eine Green Card gegeben?“ Als hätte Iñárritu Hollywood nötig und nicht viel mehr andersrum. Ach, diese alten, weißen (nicht weisen) Herren, die Hollywood regieren … Aber erst mal Luft holen. Der Reihe nach.
Wissenswertes rund um den Oscar
Der Name: Bis heute ist unklar, wieso der Oscar seinen Namen hat. Insgesamt kommen vier Personen in Frage: Die ehemalige Akademie-Vorstandssekretärin Margaret Herrick. Sie soll die Statue mit ihrem Onkel Oscar verglichen haben.
Bette Davis hingegen soll der Goldjunge an ihren ersten Mann Harmon „Oscar“ Nelson erinnert haben. Außerdem behauptet Filmkolumnist Sidney Skolsky Namensgeber gewesen zu sein.
Und als Letztes: Walt Disney. Er hatte sich angeblich 1932 für seinen "Oscar" bedankt, weil er dachte, das sei der offizielle Name des Preises.
Die jüngste Gewinnerin: Shirley Temple bekam mit sechs Jahren den Sonderpreis "Juvenile Award". Die Oscar-Miniaturstatue wird bis heute vergeben.
Die älteste Gewinnerin: Als beste Hauptdarstellerin wurde die 80-jährige Jessica Tandy 1989 für den Film "Miss Daisy und ihr Chauffeur" ausgezeichnet.
Der ältester Gewinner: Als bester Nebendarsteller erhielt der 82-jährige Christopher Plummer einen Oscar für das Filmdrama "Beginners".
Die meisten Nominierungen: Tontechniker Kevin O’Connell war 20 Mal für den Oscar nominiert und bekam keinen einzigen. Dafür gewann er einen Emmy.
Die bayerischen Kuverts: Die schönen goldenen Umschläge, in denen die Namen der Oscar-Gewinner stecken, kommen aus der Papierfabrik Gmund am Tegernsee.
Die goldene Nacht: Walt Disney bekam 1954 gleich vier Oscars an einem Abend verliehen.
Die Statue ist 35 Zentimeter hoch, vier Kilogramm schwer und mit Gold überzogen.
Die Figur gleicht einem Ritter, der auf einer Filmspule steht und sich auf ein Schwert stützt. Damit belohnen die weltweit vertretenen Mitglieder der Academy of Motion Picture Arts and Sciences (AMPAS) in Los Angeles die besten Leistungen aus der Filmproduktion des Vorjahres.
Bis heute wurden fast 3000 der kleinen Statuen vergeben.
Doch nicht immer war der Oscar vergoldet: Weil Metall im Zweiten Weltkrieg knapp war, bestanden sie zeitweise aus bemaltem Gips - später konnten die Preisträger ihre Oscars gegen goldüberzogene Figuren eintauschen.
Eigentlich nämlich hätte es mindestens schon Iñárritus zweite Oscar-Prämierung sein müssen. Denn sein Debütfilm auf größerer Bühne war im Jahr 2000 mit „Amores Perros“ ein so starkes Schicksalsstück, dass wie aus dem Nichts ein Regiestar geboren war. Wo der so plötzlich herkam? Na klar, aus Mexiko-Stadt, werter Herr Penn.
Oscar 2015: Vier Oscars für "Birdman"
Dort als Sohn eines erfolgreichen Bankers geboren, schien er auf der Sonnenseite des Millionenmolochs zu gedeihen – bis, so will es die Legende, Papa plötzlich pleite war und um den Unterhalt der Familie als improvisierter Obsthändler kämpfen musste. Der junge Alejandro zog in die Welt, heuerte als Arbeiter auf Frachtschiffen an, kehrte zurück, ging studieren (unter anderem Theaterwissenschaften) und jobbte als Radiomoderator. In die USA, werter Herr Penn, kam er auch schon als Student, da bereits Kunstschaffender und in Sachen Film. Aber er kehrte ja in die Heimat zurück und begann dort seine Karriere – bis nach „Amores Perros“ Hollywood dringend nach ihm verlangte. Und er lieferte mit „21 Gramm“ und „Babel“ stimmungsdichtes Star-Kino – immer Oscar-nominiert, werter Herr Penn, aber natürlich wissen Sie das –, bevor er für den tollen „Biutiful“ noch mal nach Mexiko heimkehrte.
Alejandro Iñárritu räumt bei der Oscar-Verleihung 2015 ab
Der vierfache Oscar-Triumph mit „Birdman“ nun also war fällig. Und zwischendurch drehte Iñárritu noch im Auftrag eines Sportartikelherstellers einen der wohl teuersten Werbespots aller Zeiten, 3:30 Minuten lang und in die Halbzeitpause des Fußball-WM-Finales gebucht. Irre, die Performance. Wie übrigens auch der Konter Iñárritus auf Penns Spruch. Er lachte. Und dann sprach er von Hoffnung: dass seine im Drogenkrieg taumelnde Heimat eine bessere Zukunft finde; und dass sich vielleicht ja in der nächsten Generation endlich all die mexikanischen Einwanderer in den USA heimisch fühlen könnten. Witzig, Herr Penn, oder? Alejandro Iñárritu lebt heute mit seiner Frau und zwei Kindern in Los Angeles.