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Afghanistan-Einsatz: Vergleiche mit Wehrmacht: Zapfenstreich vor Reichstag sorgt für Diskussionen

Afghanistan-Einsatz

Vergleiche mit Wehrmacht: Zapfenstreich vor Reichstag sorgt für Diskussionen

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    Der Große Zapfenstreich soll Soldatinnen und Soldaten ehren, die in Afghanistan im Einsatz waren.
    Der Große Zapfenstreich soll Soldatinnen und Soldaten ehren, die in Afghanistan im Einsatz waren. Foto: Christophe Gateau, dpa

    Es ist dunkel, Fackeln erhellen die Nacht vor dem Reichstag. Soldatinnen und Soldaten in Uniformen, mit Helmen und Gewehren marschieren davor. Das Bundesverteidigungsministerium zeigt die Szene in einem Videoausschnitt des Einmarschs zum Großen Zapfenstreich auf Twitter. "Vor dem Reichstagsgebäude ehren wir die Soldatinnen und Soldaten, die für unser Land in #Afghanistan im Einsatz waren", heißt es dort. Mehr als 90.000 deutsche Streitkräfte hat die Bundeswehr im Laufe des fast 20 Jahre andauernden Einsatzes nach

    "#wehrmacht": Kritiker fühlen sich durch Zapfenstreich an andere Zeiten erinnert

    Doch an der Symbolik des Zapfenstreichs entzündet sich in sozialen Medien Kritik, augenscheinlich besonders aus dem linken und linksliberalen Spektrum. Unter Hashtags wie "#wehrmacht" bemängeln Twitternutzerinnen und -nutzer, der Zapfenstreich erinnere an dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte. DerZDF-Satiriker Jan Böhmermann schreibt, er finde "Fackelmärsche von Uniformierten vorm Reichstag richtig, richtig scheiße".

    Der Spiegel-Journalist Mathieu von Rohr meint: "Das Video sieht leider aus wie der – zum Glück stark verblasste – Alptraum, den Deutschlands Nachbarländer immer noch irgendwo tief in sich tragen." Er verweist auf irritierte internationale Reaktionen reichweitenstarker Twitter-Konten. Die Journalistin Julia Ioffe, die unter anderem für die Washington Postund die New York Timesschrieb und der auf Twitter mehr als 260.000 Menschen folgen, schreibt, das Video zum Zapfenstreich sollte mit einer Triggerwarnung versehen sein.

    Das Bundesverteidigungsministerium reagierte auf die Kritik: "Hier werden Menschen gewürdigt, die ihr Leben für die Demokratie eingesetzt haben. Das politisch zu missbrauchen, ist unwürdig", schrieb das von CDU-Politikerin Annegret Kramp-Karrenbauer geführte Haus auf Twitter. Später legte es nach: Debatten seien notwendig und wichtig. Aber: "Vergleiche mit dem dunkelsten Kapitel Deutschlands enttäuschen uns." Die Bundeswehr sei eine Parlamentsarmee. Als diese habe sie ihren Platz inmitten der Gesellschaft. "Bei besonderen Anlässen auch vor dem Reichstagsgebäude."

    Bundesverteidigungsministerium ist enttäuscht von der Kritik am Zapfenstreich

    Die Ursprünge des Zapfenstreichs reichen bis ins 16. Jahrhundert zurück. Mit dem Brauch werden wichtige Persönlichkeiten in Deutschland wie etwa Bundespräsidenten bei ihrer Verabschiedung geehrt. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel dürfte nach dem Ende ihrer Amtszeit auf diese Weise verabschiedet werden. Das Zeremoniell findet immer abends statt, besteht aus einem Aufmarsch, mehreren Musikstücken – darunter die Nationalhymne – und dem Ausmarsch. Zum Großen Zapfenstreich gehören immer auch Fackelträger. Vor dem Reichstagsgebäude gab es einen Großen Zapfenstreich beispielsweise 2015 zum 60-jährigen Bestehen der Bundeswehr.

    Aus der Politik ertönen gemischte Meinungen. Die Linke-Außenpolitikerin Sevim Dagdelen verwies unter anderem auf die zivilen Opfer des Afghanistan-Krieges und die 59 Bundeswehr-Soldaten, die in Afghanistan ihr Leben ließen. "Was gibt es da zu feiern mit diesem militaristischen Mummenschanz?", fragte sie ebenfalls auf Twitter. Der Grünen-Außenexperte Omid Nouripour hingegen bezeichnete den Zapfenstreich als "richtig, würdevoll und bewegend". (AZ mit dpa)

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