Der Ablauf ist ebenso typisch wie grausam: Eine junge Frau besucht mit einer Freundin eine Freiburger Diskothek. Sie wird von einem jungen Mann angesprochen, zum Drink eingeladen. Offenbar verlassen sie in der Nacht auf den 14. Oktober gemeinsam den Klub. Kurz darauf wird die 18-Jährige in ein nahe gelegenes Gebüsch gezerrt, der Unbekannte vergeht sich an ihr. Dann kommen weitere Männer dazu, mindestens sieben. Auch sie missbrauchen die junge Frau.
Einer ihrer Peiniger ist selbst erst 19 Jahre alt – und stammt aus Syrien. Seine DNA hat ihn verraten: Er war bereits in einer DNA-Datenbank registriert. Warum, will die zuständige Freiburger Staatsanwaltschaft derzeit nicht sagen. Die Ermittlungen und "verdeckten Maßnahmen", wie es in einem Bericht von Polizei und Staatsanwaltschaft heißt, hätten schnell zur Festnahme weiterer sieben Tatverdächtiger geführt. Unter anderem in Flüchtlingsunterkünften.
Aktuell setzt die Polizei ihre Suche nach weiteren möglichen Tätern fort. Über am Tatort und am Opfer gefundene Körperspuren könnten diese ermittelt werden. Die Spuren würden derzeit im Labor untersucht, dies nehme Zeit in Anspruch. Zudem benötige die Polizei Hinweise aus der Bevölkerung. Mögliche Zeugen der Tatnacht zum 14. Oktober sollten sich melden. Bisher hätten die Ermittlungen keine neuen Erkenntnisse gebracht.
Mutmaßliche Täter sind bereits polizeibekannt
Die Tatverdächtigen sind demnach zwischen 19 und 29 Jahre alt – und einer Polizeisprecherin zufolge wegen anderer Straftaten bekannt. Sieben von ihnen sind Syrer; aber auch ein 25-jähriger Deutscher sitzt inzwischen wegen des dringenden Verdachts der Vergewaltigung in Untersuchungshaft. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich weitere Männer an der Frau vergangen haben, erklärten Polizei und Staatsanwaltschaft am Freitag.
"Das ist ein sehr dynamisches Geschehen", sagte die zuständige Staatsanwältin Martina Wilke unserer Redaktion über die bisherigen Ermittlungen. Und sie betonte: "Die Ermittlungen laufen noch auf Hochtouren." Ob und wie viele weitere Männer sich möglicherweise an der Tat beteiligt haben, könne sie deshalb nicht sagen.
Erste Zeugen hat die Polizei nach Angaben der Staatsanwaltschaft bereits vernommen, dennoch hofft man auf weitere Hinweise, "um die fehlenden Mosaiksteinchen zu finden", so Wilke. Dass sich die Behörde dennoch bedeckt halte, habe seine Gründe: "Unser oberstes Interesse ist es, den Ermittlungserfolg nicht zu gefährden." Für die Ermittlungen ist die "Ermittlergruppe Club" zuständig, zu der 13 Beamte des Freiburger Polizeipräsidiums zählen.
Ermittler in Freiburg rekonstruieren Abend der Vergewaltigung
Ob das Opfer psychologische Betreuung bekommt, konnte die Staatsanwältin nicht sagen. Fest steht: Die junge Frau hat selbst Anzeige erstattet. Noch am 14. Oktober. Ob das Getränk, zu dem sie eingeladen worden war, mit Drogen versetzt war, sei noch nicht bekannt. Auch, warum sie die Diskothek gegen Mitternacht mit dem Fremden verlassen habe, sei unklar. Wollte sie vielleicht nur kurz frische Luft schnappen und dann wieder weitertanzen? Oder wollte sie sich einfach mit dem jungen Mann unterhalten? "Wir sind noch dabei, den genauen Ablauf des Abends zu rekonstruieren", erklärte Martina Wilke.
In Freiburg weckt der Fall schreckliche Erinnerungen. Und wird gewiss auch wieder zu einer Diskussion über die Sicherheit in der Stadt führen. Für Straftäter dürfe es keine Toleranz geben, sagte daher Oberbürgermeister Martin Horn (parteilos) am Freitag. Zugleich warnte er vor vorschnellen Urteilen. Straftaten wie diese dürften nicht dazu dienen, Flüchtlinge pauschal zu verurteilen. Die Mehrheit der in Deutschland lebenden Migranten verhalte sich gesetzestreu. Sein Ziel sei, Freiburg gemeinsam mit der Polizei sicherer zu machen. Erste Maßnahmen wie erhöhte Polizeipräsenz sowie bessere Beleuchtung an Straßen und Wegen zeigten bereits Wirkung.
Im Oktober 2016 war die damals 20-jährige Medizinstudentin Maria L. auf dem Heimweg von einer Studentenfeier von einem afghanischen Flüchtling vergewaltigt und ermordet worden. Der mindestens 21-jährige Täter wurde mit lebenslanger Haft und anschließender Sicherungsverwahrung bestraft. Der Afghane war bereits vorbestraft: Er hatte in Griechenland eine junge Frau von einer Klippe auf Korfu gestoßen und sie dabei schwer verletzt. Wenige Wochen später wurde im Herbst 2016 im nahen Landkreis Emmendingen eine Joggerin, die 27-jährige Carolin G., von einem damals 40-jährigen rumänischen Lkw-Fahrer vergewaltigt und ermordet. Auch er soll sich zuvor an einer anderen Frau – einer französischen Austauschstudentin – vergangen und sie getötet haben. (mit dpa)