Ein solcher Einstand wollte erst einmal verdaut sein. Da opfert in „Winnetou II“ „unser“ Pierre Brice der Aussöhnung mit den Weißen seine Liebe zu der Häuptlingstochter Ribanna (Karin Dor). Ihre Hochzeit mit dem Kavallerieleutnant Merrill soll den Frieden zwischen Rot und Weiß sicherstellen. Damit war uns Buben im Kino klar, dass wir diesen Spielverderber Mario Girotti alias Merill – wir am Freitag 80 Jahre alt – nie würden ausstehen können. Ein Italiener und „unsere“ Karin als Opfer eines politischen Kuhhandels! Wir verfluchten den Drehbuchautor und litten mit Pierre Brice, wenn er seufzend „Ribanna“ sang.
Doch im Kino sind Urteile flüchtig. Der Mann vergibt, der Junge nie. Als Erwachsener sieht man Filme auch mit ganz anderen Augen. In den 1970er Jahren hatte man noch über Girotti, der nun Terence Hill hieß – Western-Helden müssen auch in Italien einen englischen Namen haben – und seinen bärbeißigen Prügel-Partner Partner Bud Spencer, gespottet. Damals ließ man auf den französischen und deutschen Autorenfilm unter Intellektuellen nichts kommen. Was sollten da Wildwest-Klamaukfilme wie „Vier Fäuste für ein Halleluja“? Heute ist der Blick auf das Kino offener geworden. Welch wunderbare Spielwiese der Mix zwischen Anspruch und Unterhaltung samt der Auflösung althergebrachter Gattungen sein kann, wertet im Rückblick die Western-Parodien auf.
Terence Hill war unter anderem erfolgreich mit einer Parodie auf den Spaghetti-Western
Seine erste auf Anhieb erfolgreiche Hauptrolle hatte der Mann mit den stahlblauen Augen in Giuseppe Colizzis „Gott vergibt...Django nie!“ Es begann eine wunderbare Freundschaft mit Carlo Pedersoli (Bud Spencer), die erst mit dem Tod Spencers 2016 endete. Das spielerische, komödienhafte Element, mit dem Regisseur Enzo Barboni („Die rechte und die linke Hand des Teufels“, „Vier Fäuste für ein Halleluja“) auf Slapstick-Art den harten Spaghetti-Western variierte, erwies sich als Glücksfall. Da benutzte der Western-Held Pfannen nicht nur zum Braten von Eiern, sondern auch, um Bösewichte niederzustrecken. Kinnhaken, Kalauer und Ohrfeigen knallten in Sound-Collagen aufeinander. Dass „Die rechte und die linke Hand des Teufels“ Hills Lieblingsfilm ist, überrascht dank der dramaturgischen Schräglage schon nicht mehr. Überlegt er doch kurz, zwei Mormonenmädchen zu heiraten und sich niederzulassen.
Terence Hill als der trickreiche Listige und Bud Spencer als eine Art Obelix wurden so zu einer Art Fortsetzung von Laurel & Hardy im Wilden Westen. Der wohl schönste Hill-Film ist „Mein Name ist Nobody“ von Tonino Valerii, in dem Nobody auf sein Idol, den Revolvermann Beauregard, trifft. Den spielt Henry Fonda als illusionslosen Pistolero. Selten hat es im Kino einen schöneren Abgesang auf den Western gegeben.
Den 80. Geburtstag will Terence Hill nicht in Deutschland verbringen, obwohl er zur Hälfte Sachse ist
Mit Deutschland verbindet Terence Hill, der auch amerikanischer Staatsbürger ist, mehr als viele wissen. Hill/Girotti ist zwar in Venedig geboren, seine Mutter Hildegard Thieme stammte aus Lommatzsch bei Dresden. Ab 1943 lebte die Familie von Vater Girolamo Girotti aus Gubbio (Umbrien) mehrere Jahre im Heimatort der Mutter. Von dort aus erlebte der kleine Mario das Bombardement der Alliierten auf Dresden im Zweiten Weltkrieg. Hill sprach übrigens in seinen ersten Lebensjahren nur Deutsch. Er kann es bis heute – wenn auch mit einem amerikanisch klingenden Akzent. „Ich bin ein halber Sachse“ sagt der Filmstar gerne, der mit Lori Zwicklbauer, einer Amerikanerin bayerischer Abstammung, verheiratet ist.
Der bescheidene, gerne Brahms hörende Terence Hill wird seinen 80. Geburtstag an diesem Freitag aber nicht in Deutschland, sondern in den USA verbringen, wie sein Management mitteilt.
Wer wie Hill in den 50er Jahren in Italien aufgewachsen ist, kennt die Don-Camillo-Filme mit Fernandel in der Titelrolle aus dem Effeff. Den Pfarrer aus einem Dorf in der Po-Ebene, der keinem Boxkampf gegen den kommunistischen Bürgermeister aus dem Weg geht, spielte er in dem Remake „Keiner haut wie Don Camillo 1984 selbst und versuchte sich dabei erstmals als Regisseur. Die Modernisierung mit Rollschuh-Kids im Kirchenschiff und einer Trauung im Fallschirm wirkte indes allzu bemüht. Dennoch wollten die Italiener in der TV-Serie „Don Matteo“ über Jahre Terence Hill als eine Art Pater Brown sehen. Im deutschen Fernsehen musste er sich in „Die Bergpolizei – Ganz nah am Himmel“ mit der Rolle eines müden Forstaufsehers begnügen.
Uns interessiert indes etwas ganz anderes: 2017 eröffnete Terence Hill im umbrischen Amelia eine Eisdiele in der Tradition seines Großvaters. Ob es dort Gelato auch in Stahlblau gibt?