Um das Aktuelle schnell hinter uns zu bringen, damit möglichst viel für die Stationen dieses unglaublichen Lebens bleibt: Tina Turner lebt heute mit ihrem zweiten Mann, dem deutschen Musikproduzenten Erwin Bach, in einer Villa in Küsnacht am Zürichsee. Sie ist bekennende Buddhistin und Schweizer Staatsbürgerin, vergangenes Jahr hat sie ihren US-Pass zurückgegeben. Ihre letzte große Tournee war vor fünf Jahren, seitdem wurde sie höchstens mal bei einer Modegala in Mailand gesehen. Zurückgezogen, abgeschieden – das sind Worte, die zur Gegenwart der Tina Turner passen, vielleicht gar: ruhig, friedlich. Was wiederum so ziemlich das Letzte ist, was einem zu ihrer Vergangenheit einfiele.´
Schauen Sie dieses Bild an. Da war Tina Turner 70 Jahre alt. Natürlich trug sie zu Riesenmähne und Riesenmund die High Heels und den minimalen Leder-Minirock – eine staksende Göttin. Und hören Sie sie röhren? „Nutbush City Limits“ und „What’s Love Got to Do with It?“, aber auch „Private Dancer“. Was liegt darin alles verwahrt, das haushoch über Millionenverkäufe und Konzerthighlights hinausragt!
Tina Turner ging einen weiten Weg
Das heute 75 Jahre währende Leben der Tina Turner also. Begonnen als Anna Mae Bullock, als Tochter eines schwarzen Plantagenvorarbeiters und einer Indianerin in Brownsville (Tennessee) zu einer Zeit, als man gerade mit dieser Herkunft noch zu spüren bekam, was das hieß: die Südstaaten. Bildschön und tanzfreudig und stimmgewaltig, über den Gospel schließlich nach St. Louis entkommen, in den weitreichenden Armen von Ike Turner gelandet, mit ihm in den Himmel aufgestiegen, von seinen drogenzitternden Händen misshandelt, aus allen Sternen gefallen. Auf alles verzichtet, um mit zwei Söhnen und einem Riesenschuldenberg noch mal von vorn anzufangen. Und noch einmal: alles gewonnen. Unglaublich! Würde die Welt einmal zusammenschrumpfen auf eine Restmenschheit in der Wüste, wie es der letzte Teil der Endzeitfilme „Mad Max“ 1985 zeigte – es gäbe wohl keine würdigere Ikone für den Behauptungskampf als sie, die darin ja tatsächlich die „Aunty Entity“ spielte: Tantchen Weltgeist.
Jetzt führt Tina Turner ein ruhiges Leben in der Schweiz
So aber lebt die große Tina eben in Küsnacht, zurückgezogen, friedlich. Hat in den vergangenen fünf Jahren nahezu unbemerkt drei Alben veröffentlicht, eine spirituelle Reihe unter dem Titel „Beyond“ – Jenseits. Noch Fragen dazu, wieweit sie dem Rockstar-Rummel bereits entwachsen ist? Und falls noch Fragen wären, wieweit sie inzwischen in der neuen Heimat angekommen ist: Tina Turner hat der Gemeinde Küsnacht jetzt eine Weihnachtsbeleuchtung für die Haupteinkaufsstraße geschenkt. Na dann: Frohes Fest.