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50 Jahre ZDF: Wo Hans hüpfte und Wum bellte

50 Jahre ZDF

Wo Hans hüpfte und Wum bellte

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    Wim Thoelke mit "Wum" und "Wendelin" in der Quiz-Sendung "Der Große Preis", die das ZDF seit 1974 ausgestrahlt hat. Vor 50 Jahren nahm das ZDF den Sendebetrieb auf. Als das ZDF am 1. April 1963 auf Sendung ging, hätte wohl kaum jemand vorherzusagen gewagt, dass daraus einmal einer der größten Fernsehsender Europas werden würde.
    Wim Thoelke mit "Wum" und "Wendelin" in der Quiz-Sendung "Der Große Preis", die das ZDF seit 1974 ausgestrahlt hat. Vor 50 Jahren nahm das ZDF den Sendebetrieb auf. Als das ZDF am 1. April 1963 auf Sendung ging, hätte wohl kaum jemand vorherzusagen gewagt, dass daraus einmal einer der größten Fernsehsender Europas werden würde. Foto: Renate Schäfer, ZDF

    Drei unten, drei oben

    Heute würden sie eine Task Force gründen, ein Brainstorming machen, Computersimulationen programmieren, Tests mit ausgewählten Zielgruppen durchführen, vor dem „go live“ noch optimieren – und wäre die Sache nicht sofort ein Hit, würde sie wieder rausfliegen.

    Anfang der sechziger Jahre brauchte es nur den Betriebsleiter der Dortmunder Westfalenhalle, der sich überlegte, wie er die Festveranstaltung des Vereins Westdeutscher Sportpresse etwas aufpeppen könnte. Heinrich Klein hat sich die Sache mit der Spanplatte und den beiden Löchern einfallen lassen. Werner Schneider und Wim Thoelke, Mitglieder im Sportjournalistenverein, gefiel das. Sie brachten die Torwand in die neue Sendung, die am 14. August 1963 Premiere hatte.

    Drei unten, drei oben – das ist eines der Erfolgsrezepte des ZDF-Sportstudios. Aber nur eines. Zum Erfolg hat mehr beigetragen. Zum Beispiel der Ansatz, etwas hintergründiger über Sport zu berichten. Die Idee, Gäste einzuladen. Und wenn die mal beharrlich schwiegen, so wie der Boxer Norbert Grupe, dann machte das Fernsehgeschichte.

    So wie auch die Moderatoren. Wer Sportstudio konnte, der konnte ganz groß werden. Wie Wim Thoelke, Günther Jauch, Hanns Joachim Friedrichs, Johannes B. Kerner ... Oder sie konnte groß scheitern, wie Carmen Thomas, der die Fachmänner den Schalke-05-Versprecher nie verziehen.

    Heinrich Klein übrigens hat nie ernsthaft auf „seine“ Torwand geschossen. Er hat im Zweiten Weltkrieg ein Bein verloren. „Mit den Prothesen schießt es sich nicht so gut.“ Franz Neuhäuser

    Die Globetrotter weckten den Berufswunsch

    Dass sie im ZDF kamen, wusste ich nicht mehr. Kein Wunder, denn das Zweite hat seine Vorabendserie Die Globetrotter aus dem Jahr 1968 wahrscheinlich selbst schon vergessen. Die Mediathek des Senders gibt als Antwort nur: „Bitte korrigieren Sie ihren Suchbegriff“.

    Aber da gibt es nichts zu korrigieren. Die Globetrotter hießen nun einmal so, zwei blonde französische Journalisten, die von ihrem Chefredakteur in die weite Welt geschickt wurden – nach Caracas, Bamako, Khartum. Überall dorthin, wo ich als Dreizehnjährige die Freiheit und das Abenteuer vermutete.

    Wahrscheinlich war es Pierre, der mit der Ponyfrisur, der mich mit dem Reporterbazillus angesteckt hat. Einer, der sich was traute, der spontan und pfiffig war und Spaß an der Arbeit hatte. „Cool“ würde man heute sagen. Yves Rénier hieß der Schauspieler, für den ich damals schwärmte. Sein Kollege Bob (Edward Meeks) spielte später im Seewolf den Kapitän.

    An die Inhalte der Episoden kann ich mich nicht konkret erinnern, obwohl ich keine der 39 Folgen verpasst habe. Aber die Sehnsucht, auch so leben zu wollen wie diese beiden Jungs, lässt sich noch aus dem Gedächtnis abrufen. Das echte Berufsleben einer Journalistin verläuft dann zwar anders als im Film, aber das ist wohl in allen Berufen so.

    Ein paar Fans haben die Globetrotter noch. In TV-Foren wünschen sich einige die Serie als DVD. Denn auf Deutsch gibt es fast nichts mehr – außer dem Schneider-Buch auf Flohmärkten. Aber unter dem französischen Originaltitel Les Globe-trotters sind Pierre und Bob im Internet noch auf Recherche – wie damals im ZDF. Manuela Mayr

    Alles hat seine Zeit

    Jetzt also Matula. Kann man ja verstehen, nach 32 Jahren Schnüffeln, Verfolgen, Prügeln. Immer nur zuarbeiten, da sagt auch der härteste Detektiv irgendwann: Es langt. Zumal mit knapp 70. Freitag ist Schluss für Matula alias Claus Theo Gärtner. Der letzte Fall für Zwei.

    Ein trauriger Moment? Ja und Nein. Die Fernsehgeschichte ist voller Abschiede. Die einen wehmütig, die anderen herbeigesehnt. Unterm Strich: Die Zahl der alten Schlachtrosse wird weniger. Es bleiben Heute, Aktenzeichen XY ... ungelöst, Sportstudio, die Mainzelmännchen und für die Schlaflosen und Schichtarbeiter Das kleine Fernsehspiel. Alles ein bisschen aufgepeppt, aber im Grunde die letzten Haltegriffe für ZDF-Nostalgiker.

    Das ZDF - Geschichte, Zahlen, Fakten

    1963 Am 1. April startet Gründungsintendant Karl Holzamer mit einer Ansprache das bundesweite Programm des Zweiten Deutschen Fernsehens. Danach folgt die Musikshow Berlin Melodie – 90 Minuten lang und vorab aufgezeichnet.

    Nur einen Tag später haben die Mainzelmännchen als unterhaltendes Element für die Werbung Premiere. Sie sind bis heute im Programm präsent. Das gleiche gilt für das aktuelle Sportstudio, das erstmals im August 1963 übertragen wird.

    Das erste Sendezentrum ist ein ehemaliger Bauernhof in Eschborn bei Frankfurt am Main. Weil die Zugangswege bei Regen oft verschlammt und die Baracken kalt und zugig sind, erhält der Ort schnell den Beinamen „Telesibirsk“.

    Zu diesem Zeitpunkt haben in Deutschland nur sieben Millionen Haushalte einen Fernseher – und von diesen können nur 60 Prozent das ZDF in den ersten Monaten überhaupt empfangen.

    1967: Von der 25. Deutschen Funkausstellung in Berlin sendet das ZDF am 25. August zum ersten Mal in Farbe.

    1973: Die Hauptausgabe der Heute-Nachrichtensendung beginnt vom 1. Oktober an um 19 Uhr.

    1974: Das neue Sendezentrum in Mainz wird in Betrieb genommen.

    2006: Quotenrekord im Fernsehen: Fast 30 Millionen Zuschauer (Marktanteil: 84 Prozent) sehen im ZDF das Fußball-WM-Halbfinale Deutschland gegen Italien (0:2 n. Verlängerung).

    2013: Der Sender beschäftigt rund 3600 feste und 4500 freie Mitarbeiter. Aus Spargründen sollen in den kommenden Jahren bis zu 400 feste Stellen wegfallen. Intendant ist seit 2012 Thomas Bellut.

    Das Durchschnittsalter des ZDF-Zuschauers liegt bei etwa 60 Jahren. Der Sender betreibt mehrere Spartenkanäle, darunter ZDF Info, ZDF Neo und (noch) ZDF Kultur, und ist beteiligt an 3sat, Phoenix, Arte, Kika und am Deutschlandradio.

    Kontrolliert wird das ZDF vom Fernsehrat (77 Mitglieder), in dem unter anderem Politik, Kommunen, Kirchen, Gewerkschaften und Arbeitgeber vertreten sind. Der Jahresetat beträgt rund zwei Milliarden Euro.

    Früher war alles besser? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Es geht doch beides: Sich an neuen Formaten erfreuen (Heute-Show, vielleicht auch Lerchenberg) und trotzdem die Erinnerung hochhalten. An Zeiten, als es zu Weihnachten im Zweiten noch die Weihnachtsserie gab. Als Timm Thaler, der Junge mit dem verkauften Lachen, Thomas Ohrner zum Kinderstar machte (1979). Gefolgt von Patrick Bach als Silas (1981) und Jack Holborn (1982). Zeiten, in denen die Rappelkiste uns die Welt der Großen erklärte, Grit Boettcher und Harald Juhnke sich als verrücktes Paar austobten und in der Knoff-Hoff-Show Wissenschaft als populäres Paff-Puff etabliert wurde.

    Alles hat seine Zeit. Dalli Dalli in den 70ern – wunderbar. Aber Dalli Dalli heute? Bitte nicht. Derrick auf DVD? Gerne – aber nicht mehr alle paar Wochen. Retro-Fernsehen funktioniert fast nie. Dann doch lieber: Mut zu Neuem. Andreas Frei

    Warum Lanz keine Wunderwaffe ist

    Es gibt Momente, in denen etwas unwiederbringlich verloren geht. 23. Februar 2012, kurz vor Mitternacht. Philipp Rösler ist zu Gast bei Markus Lanz. Es geht um die Wahl von Joachim Gauck als Bundespräsident und die Rolle der FDP.

    Lanz sitzt im Talk-Rund, nach vorne gebeugt, wie er es so macht, die Beine übereinander geschlagen, mal den Finger an der Lippe, mal die Hand an Röslers Arm. Auch der FDP-Chef lehnt sich nach vorne, erzählt, die Hand am Arm von Lanz, mit kindlicher Einfalt in der Stimme von der „Angela“ und dem „Philipp“ und einem angeblichen Polit-Coup.

    Beide kichern. Sie freuen sich, wie zwei Schuljungen es tun über einen gelungenen Streich. Es ist unerträglich.

    In den Feuilletons wird am nächsten Tag vom „tiefsten Tiefpunkt des deutschen Journalismus“ die Rede sein. Für mich markiert es den Zeitpunkt eines einseitigen, aber tiefen Zerwürfnisses – mit Markus Lanz und irgendwie auch mit dem ZDF.

    Für den Sender ist Lanz so etwas wie der Hoffnungsträger, eine Wunderwaffe im Kampf gegen die Überalterung des Publikums. Jung, humorvoll, dynamisch soll er sein. Für mich ist er all das nicht.

    Sogar das Flaggschiff Wetten, dass ..? hat man Lanz anvertraut, in der Hoffnung, dass er es auf Kurs bringt. Er wird es versenken. In den bisherigen sechs Folgen hat der 44-Jährige alles getan, um Wetten, dass ..? zu einer Lachnummer zu machen. Steuern die Verantwortlichen beim ZDF nicht gegen, wird es einsam werden an Deutschlands letztem TV-Lagerfeuer. Die Quoten sprechen eine klare Sprache. Schade. Stefan Drescher

    Dieter Thomas Heck und die "Hitparade"

    Diese Erinnerungen sind in den späteren 1970er Jahren angesiedelt. Und damit in der Kindheit. Das muss man dazusagen. Denn nur so kann man verstehen, was sich einmal im Monat am Samstagabend um 19.30 Uhr vor dem Fernseher abspielte. Wir Kinder, frisch gebadet, steckten bereits im Frottee-Schlafanzug. Das Equipment lag bereit: Stift, Block, der Telefunken-Kassettenrekorder, das Handmikrofon und eine neue BASF-Kassette.

    „Hier ist Berlin!“ hieß es dann von dem Mann, der in Maschinengewehr-Geschwindigkeit alle an der Sendung Beteiligten aufzählen konnte: Dieter Thomas Heck war das Gesicht der ZDF-Hitparade. Und wir waren echte Fans der Musik-Show. Ja, Schlager waren in den 1970er Jahren in. Und die Hitparade war Kult.

    Wir knieten vor dem Fernseher und haben die Songs alle aufgenommen. Jedes Lied endete mit einem „Das war ...“ von Dieter Thomas Heck. Denn so schnell, wie dieser Mann sprach, konnte kein Kind dieser Welt den kleinen Hebel des Mikros auf Aus stellen. Und manchmal brauchten wir dann auch die Hilfe der Eltern: Sie mussten – während wir mit der Technik kämpften – die Autogrammadresse des jeweiligen Interpreten notieren, die am Schluss des Titels eingeblendet wurden. Denn, ja, Autogrammkarten haben wir auch gesammelt. Später dann, als wir älter wurden und die Schlager spießig, zappten wir weiter.

    Gleiches Programm, anderer Tag und ein ähnlicher Schnellsprecher am Start. Ilja Richter moderierte unsere neue Pflichtsendung: Disco. Aber – ehrlich gesagt – wir haben sie nie so lieb gewonnen wie damals die Hitparade. Andrea Kümpfbeck

    Helene und Facebook - Vom Programm der Zukunft

    Man muss sich um das ZDF keine Sorgen machen. Der Gebührenzahler wird den Mainzer Sender am Leben erhalten. Obwohl der nicht genau weiß, wohin er gehen will. Im Morgenmagazin gibt er sich zeitnah mit Facebook- und Twitter-Meldungen, sodass man sich fragt, ob es sich noch lohnt, interessante Studiogäste aufs Sofa zu bitten.

    Blöderweise ist das soziale Netzwerk immer schneller, und so konzentriert sich das ZDF lieber auf den Generationenwechsel im abendlichen Unterhaltungsprogramm. Helene Fischer, 28 Jahre jung, ist schon gebucht. Was wird nun aus Carmen Nebel, 56, die vor acht Jahren Carolin Reiber ablöste als gut gekleidete Moderatorin?

    Alles klar: Mainz will jünger werden, was aber nichts nutzen wird, weil all die Garretts, Bocellis und Musical-Truppen weiterhin stattfinden werden. Handlungsbedarf besteht. Pilawa geht wieder zurück zur ARD, was den Zuschauern kaum auffallen wird. Reine Sache der Fernbedienung. Und da Talentsuche keine Stärke des Zweiten ist, darf die auf RTL erfolgreiche Bauern-Verkupplerin Inka Bause nebenbei in

    Da fällt schon nicht mehr ins Gewicht, dass das einstmals gehätschelte Digital-Programm ZDF Kultur abgeschafft werden soll. Aus Spargründen, wie es heißt. Kostet viel Geld, schauen aber zu wenige rein, weil das Programm den Charakter eines Abschiebeplatzes hat. Die Fußball-Champions-League ist teurer.

    Schaut so die Zukunft aus? Gute Nachrichtenberichterstattung mit Facebook-Hilfe plus Abspielfläche für Fußball-Events? Rupert Huber

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