Söder, Seehofer, Stoiber – jeder erkennt die bayerischen Ministerpräsidenten der jüngeren Vergangenheit an ihren charakteristischen Stimmen und ihrer Körpersprache. Gleichzeitige Auftritte der drei sind eher selten, wenn man von CSU-Parteitagen einmal absieht. Dafür gibt es den Kabarettisten Wolfgang Krebs, der die komplette Riege bayerischer Polit-Prominenz innerhalb von zwei Stunden aufmarschieren lässt. Der begnadete Parodist präsentierte sein aktuelles Programm „Bavaria First“ in Nördlingen und begeisterte dabei die rund 400 Besucher im ausverkauften Stadtsaal Klösterle.
Den Auftakt macht Edmund Stoiber als „Elder Statesman“ im roten Prunk-Rock, der die Kritik an der Berliner Ampel („Lichtorgel des Grauens“) in ein Märchen verpackt, in welchem „Olaf der Stumme“ in einen vierjährigen Tiefschlaf verfällt. Es folgt Ministerpräsident Markus Söder, der sofort in den Wahlkampf-Modus schaltet. Bei seinem täglichen Mammut-Parcour („2000 Kilometer und 3500 Kalorien“) vom fränkischen Hinterland („Bratwurst-Stichproben“) bis hin zur Holledau („Hopfen ist unser Cannabis“) manifestiert sich die Erkenntnis „Bayern ist spitze“. Was nicht zuletzt für das Bildungsniveau gilt, während man „in Hannover das Abitur schon für das Häkeln eines Topflappens“ erhält.
Wolfgang Krebs stellt Figuren in Stereotypen dar
Natürlich werden die Figuren in den üblichen Stereotypen dargestellt. Hubert Aiwanger etwa als einfältiger Hinterwäldler mit Erinnerungslücken, der neben den Bären und Wölfen auch gleich die Biber erledigen will und Volkes Stimme zu hören glaubt: „Hubert, hilf uns!“. Horst Seehofer wiederum lässt Wolfgang Krebs durch abstruse Ideen glänzen, zum Beispiel einen „500 Millionen teuren Konzertsaal für Nördlingen“. Zudem sollten verschuldete Staaten („Berlin und Bremen“) raus aus der Euro-Zone, und auch für Bayern wird der „bessere Brexit“ gefordert, indem es Deutschland verlässt. Sogar der Nicht-Bayer Robert Habeck darf als leicht desorientierter Phrasenschwurbler („alles wird teurer, nur die Ausreden werden billiger“) auftreten, der schon mal das Stromkabel am Bügeleisen kürzt, um Energie zu sparen.
Gekonnt und souverän spielt Wolfgang Krebs in „Bavaria First“ seine vortreffliche Stärke aus, die Parodie. Dabei gelingt es ihm, nicht nur die Stimmen der Politiker-Riege täuschend echt zu imitieren, sondern auch deren Aussehen, Gestik und Artikulation sowie deren – mitunter bemitleidenswert mangelhafte – sprachliche Ausdrucksfähigkeit. Das ist selbstredend stark überzeichnet, nicht immer tiefgründig und sicherlich nichts für kabarettistische Feingeister – aber eben höchst witzig.
Aiwanger und Söder dürfen zweimal ans Pult
Auf diese Weise führt Wolfgang Krebs nicht nur die Polit-Prominenz wie im Defiliermarsch vor, sondern überlässt kurz dem Hansi-Hinterseer-Verschnitt Meggy Montana („der fröhliche Klang aus Nesselwang“) für einen Gassenhauer die Bühne. Oder bietet den schlitzohrigen „Schorsch Scheberl“ auf, seines Zeichens „Vorsitzender aller 30 Vereine in Untergamskobenzeißgrubengernhaferlverdimmering“.
Die zentralen Charaktere des Programms dürfen ein zweites Mal ans Rednerpult. Zum einen Hubert Aiwanger, der von einer Karriere als „Weltvorsitzender der freien Wähler“ träumt. Zum anderen Ministerpräsident Söder, der Bayern nach 200 Jahren wieder zum Königreich machen will und schon – abzulesen an seiner schmuckvollen Robe - einen geeigneten Monarchen ausfindig gemacht hat.
Wolfgang Krebs’ Paraderolle ist ohne Zweifel die von Edmund Stoiber („Mininsterpräsident der Herzen“). Doch im Gegensatz zu früheren Programmen stellt er diesen nicht nur als haspelnden und stotternden Wortverdreher dar. Vielmehr flicht er ernstgemeinte Zwischentöne ein, etwa wenn dieser „Liebe statt Wut und Hass“ fordert oder die politische Kaste aufruft, dass sie es „wieder schaffen muss, die Leute mitzunehmen“.
Gute-Laune-Abend mit Wolfgang Krebs ist gelungen
Dennoch - Wolfgang Krebs will mit „Bavaria First“ sein Publikum in erster Linie unterhalten und ihm einen vergnüglichen Gute-Laune-Abend bereiten. Dies gelingt ihm im Klösterle von der ersten Minute an, die Zuschauer kommen aus dem Lachen kaum heraus und verabschieden den Komiker mit lang anhaltendem Applaus.
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