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Wiederherstellung des Beyschlag Wappenbriefs von 1593

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Restaurierung eines historischen Dokuments: Der Wappenbrief der Beyschlags von 1593

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    Der Wappenbrief der Beyschlags wurde restauriert. Unser Bild zeigt von links: Georg Beyschlag, Dr. Johannes Moosdiele-Hitzler, Helmut Beyschlag.
    Der Wappenbrief der Beyschlags wurde restauriert. Unser Bild zeigt von links: Georg Beyschlag, Dr. Johannes Moosdiele-Hitzler, Helmut Beyschlag. Foto: Kinga Sréter

    Die Zeit hinterlässt ihre Spuren – insbesondere bei schriftlichen Unterlagen, die nicht ideal gelagert werden. Diese Spuren finden sich auch an einem Gutteil der rund 100.000 Urkunden, Amtsbüchern und Akten im Stadtarchiv Nördlingen, die nach jahrhundertelanger Aufbewahrung in feuchten oder staubigen Winkeln irgendwann einmal dort ihr sicheres Zuhause gefunden haben. Erfreulicherweise finden sich immer wieder Förderer für Restaurierungsmaßnahmen. Nun haben erneut zwei Bürger die Patenschaft für ein ganz besonderes Stück im Stadtarchiv übernommen: Helmut und Georg Beyschlag ermöglichten die Restaurierung der Pergamenturkunde, mit der ihrem Vorfahren Wolfgang Beyschlag, Mitglied des Inneren Rats der Reichsstadt Nördlingen, am 14. September 1593 ein Wappen verliehen worden war.

    In der Diplomatik, der Urkundenlehre, sind sogenannte Wappenbriefe eine eigene Gattung. Zur Zeit des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation (bis 1806) konnten sie nur vom Kaiser selbst oder durch von ihm privilegierte hohe Beamte, die sogenannten Hofpfalzgrafen, ausgestellt werden. Einer dieser Hofpfalzgrafen war der Nördlinger Ratsadvokat Dr. Sebastian Röttinger, der als einer der Nördlinger „Hexenjäger“ in die Geschichte eingegangen ist. Seine Gutachten ermöglichten es dem Rat, juristisch wasserdicht gegen Frauen und Männer vorzugehen, die der Hexerei bezichtigt wurden.

    Das steht im Wappenbrief der Beyschlags aus Nördlingen

    Zur gleichen Zeit tritt Röttinger hier als Aussteller des Beyschlag’schen Wappenbriefes in Erscheinung: „Ich Sebastian Röttinger, der Rechten Doctor“ – so der reich verschnörkelte Anfang des Urkundentextes – berechtigte, wie nach Zeilen über Zeilen an formelhaften Erläuterungen zu lesen ist, „uff sein bittlich Ersuchen“ seinem guten Bekannten Wolfgang Beyschlag und „seinen ehelichen Leibserben unnd derselben Erbens Erben, Mann- und Weibspersonen, für unnd für inn ewig Zeuth“ offiziell zur Führung des dort abgebildeten und blasonierten, das heißt heraldisch beschriebenen Wappens.

    Dementsprechend führen die Mitglieder der weitverzweigten Familie Beyschlag dieses Wappen bis heute. Es zeigt einen Mann, der mit seiner Rechten einen Hammerschlag auf eine Mauer ausführt. In der Heraldik werden solche Wappenbilder, die auf den Namen anspielen, als „sprechende Wappen“ bezeichnet. Der Wappenbrief wurde 1907 aus Privatbesitz dem Stadtarchiv gestiftet. Jahrhundertelang zusammengefaltet, wie für Urkunden üblich, sind die Farben der filigranen Wappenzeichnung erstaunlich frisch geblieben. Dagegen ist die Tinte so säurehaltig, dass sie sich an manchen Stellen durch das Pergament gefressen hat. Im Zuge der Restaurierung wurden diese Fehlstellen stabilisiert, die Urkunde trocken gereinigt und aufgefaltet in einer maßgefertigten Schutzverpackung montiert.

    Familienforscher suchen nach Vorfahren im Stadtarchiv Nördlingen

    Im Stadtarchiv Nördlingen werden insgesamt 17 Wappenbriefe verwahrt, unter anderem die der alten Nördlinger Familien Döderlein, Rehlen, Rollwagen und Zeiträg. Durch die zahlreichen Wappenschilde in der Georgskirche und in öffentlichen Gebäuden sind Wappen und die damit verbundenen Familiengeschichten in Nördlingen präsenter als anderswo. Verbunden mit der bis ins Mittelalter zurückreichenden und weitgehend lückenlosen Überlieferung im Stadtarchiv macht dies Nördlingen zu einem Eldorado für Genealogen. Es sind aber auch immer wieder Hobbyforscher, die den gleichen Namen tragen wie eines der Nördlinger Geschlechter, ihren vermeintlichen Ahnen auf der Spur.

    Bei der seit Jahrzehnten zu Hause hängenden Wappenzeichnung, die als Beleg für eine Abstammung von dem jeweiligen Nördlinger Geschlecht angesehen werden, handelt es sich in aller Regel um eine Nachzeichnung aus der großen Siebmacher’schen Wappensammlung, die in jeder Bibliothek eingesehen werden kann. Wem es aber um historische Authentizität geht, sollte vorsichtig sein: Zur Führung des Wappens sind nur die direkten Nachkommen desjenigen berechtigt, für den der Wappenbrief ausgestellt wurde. Die sicher geglaubte Gewissheit, ein Familienwappen zu besitzen, zerplatzt dann für den einen oder anderen schnell.

    Für die beiden „Urkundenpaten“ Helmut und Georg Beyschlag stellt sich dieses Problem nicht. Auch wenn sie nicht sagen können, wann sich ihre Familienlinien getrennt haben, stammen sie wie alle heutigen Nördlinger Beyschlags vom 1593 mit einem Wappen ausgestatteten Wolfgang Beyschlag ab. So steht es zumindest in den 1803 gedruckten „Beyträgen zur Nördlingischen Geschlechtshistorie“, die bis heute das Standardwerk für Familienforschung in Nördlingen darstellen. Ihr Verfasser wird es wohl gewusst haben: der Pädagoge, Historiker und langjährige Augsburger Stadtbibliothekar Daniel Eberhard Beyschlag aus Nördlingen.

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