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Warum musste die historische Linde in Nördlingen weichen?

Nördlingen

Ehemaliger Amtsleiter enttäuscht über gefällte Linde

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    Bernd Schächtele ist entsetzt über den „Ersatzbaum“ am Nördlinger Finanzamt.
    Bernd Schächtele ist entsetzt über den „Ersatzbaum“ am Nördlinger Finanzamt. Foto: Peter Urban

    Das Entsetzen ist dem vormaligen Amtsleiter des Nördlinger Finanzamtes, ins Gesicht geschrieben. Mitte Mai hatte er sich mit ehemaligen Kollegen seiner Behörde zu einem „Rentnertreff“ verabredet. Natürlich zog es Bernd Schächtele und seine ehemals „rechte Hand“ Rolf Schmitz, den Leiter der Geschäftsstelle, während ihres Aufenthaltes wieder einmal zum Finanzamt am Tändelmarkt.

    Mit großer Verwunderung mussten sie statt „ihrer“ stattlichen Linde einen „mickrigen Ersatzbaum“ betrachten. Fassungslos hob der heute 82-jährige die Arme, denn unvergessen ist ihm das harte Ringen um die historische Linde, die an diesem Platz gestanden hatte. Der Neubau des Nördlinger Finanzamtes wurde während seiner Verantwortung beim Amt erstellt (Fertigstellung 1991). Unter großem finanziellem Aufwand (damals mehr als 100.000 DM), wurde die Absicht des Architekten, Alexander von Branca umgesetzt, die alte Linde zu erhalten. Dessen Idee: das zu errichtende neue Gebäude sollte vom Baum deutlich überragt werden.

    Behörde hatte keine andere Wahl

    Deswegen wurde in den Jahren 1987 bis 1989 ein „überdimensionaler Blumentopf“ in Beton gegossen und über die östliche Dachrinne im Innenhof des Gebäudes zwangsbewässert. Bernd Schächtele vermutet jetzt, dass „niemand der heute Verantwortlichen, um die Bedeutung dieses Naturdenkmales, die Hintergründe und die hohen Investitionskosten in den 80er-Jahren wusste“. Dass dem nicht so ist, hat die RN bei den „heute Verantwortlichen“ recherchiert. Konrad Weiß, Leitender Regierungsdiektor und aktueller Amtsleiter in Nördlingen, weiß mehr. Er sagt, dass die Behörde „keine andere Wahl“ gehabt habe, als die Linde vor zwei Jahren fällen zu lassen: „Wir haben wirklich alles versucht, um diesen Baum zu erhalten“, sagt er, „er sah für uns Laien von außen wirklich noch vital und gesund aus. Doch leider hat ihn ein Pilz von innen heraus angegriffen und letztlich unheilbar krank gemacht.“

    Und er fügt hinzu, dass man sich seitens der Behörde die Entscheidung nicht leicht gemacht habe. „Die Linde stand neben diesem nicht gerade wenig frequentierten Fußweg auf öffentlichem Gelände. Und ich als Leiter der Behörde bin verantwortlich für die Sicherheit. Ich konnte die Verantwortung nicht übernehmen. Vor allem vor dem Hintergrund, dass etwa zur gleichen Zeit unserer Entscheidung in Augsburg ein Kind von einem herabfallenden Ast erschlagen wurde.“ Man habe die staatliche Bauverwaltung eingeschaltet, die einen Baumgutachter bestellt habe, der in seinem Gutachten bestätigte, dass der Baum nicht mehr zu retten sei. Fast hätte ein vermutetes Habitat des Eremitenkäfers die Linde trotz allem gerettet. Doch auch hier gab es letztendlich das Placet dafür, die Linde zu fällen. „Uns hat es allen sehr leid getan“, sagt Konrad Weiß. Das alles ist für Bernd Schächtele allerdings kein Trostpflaster. Er hätte sich - wie andere sicherlich auch - eine angemessenere und bessere Ersatzlösung vorstellen können, „als diesen mickrigen Ersatzbaum“.

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