Eigentlich wird alles im Sommer ein bisschen ruhiger: Es ist Ferienzeit, viele Bürgerinnen und Bürger fahren in den Urlaub. Dann ist häufig auch in den Krankenhäusern weniger los. Doch in diesem Jahr ist das nicht der Fall. Der Chef des gemeinsamen Kommunalunternehmens (gKU), Jürgen Busse, schildert im Gespräch mit unserer Redaktion, dass die Auslastung enorm hoch sei. „Das ist ungewöhnlich“.
Denn üblicherweise, so war es in den Jahren vor Ausbruch der Coronapandemie, verlaufe die stärkere Belegung der Kliniken in Wellen: „Die beginnt nach den Sommerferien im September über Oktober, November und Dezember. An Weihnachten geht es runter, weil keiner ins Krankenhaus will und zieht von Januar bis März wieder an. In den Sommermonaten geht es wieder nach unten.“ Gerade in den Ferien sei normalerweise die Auslastung geringer, doch momentan sei das nicht der Fall: In Nördlingen gebe es 80 Prozent Auslastung, das gelte als Vollauslastung. „Und das haben wir schon seit Wochen. In Nördlingen ist es exorbitant.“ Vor allem in der inneren Medizin.
Viele Fälle in Donau-Ries-Kliniken: Hohe Belastung für das Personal
In Donauwörth gebe es mit 70 Prozent Auslastung zwar noch ein bisschen Luft, aber es sei hoch für die Jahreszeit. Hier sei vor allem die Chirurgie gut beschäftigt, das führt der Klinikchef auf eine höhere Zahl an Freizeitunfällen zurück. Für die Mitarbeitenden sei die kontinuierliche Belastung keine einfache Lage: „Das belastet das Personal extrem, wenn man keine Ruhepausen hat.“
Donauwörths Klinikdirektor Dr. Thomas Eberl schildert eine „konstant hohe Belastung, in der inneren Abteilung zum Teil 80 bis 90 Prozent“. Ein ‚Sommerloch‘, wie es das teilweise früher gegeben habe, gebe es nicht mehr. Eberl kann vor allem drei Faktoren für die derzeitige Lage ausmachen. Da seien zum einen „immer mehr klimatische Extreme“: Bis Mitte Juli sei es noch verhältnismäßig kühl gewesen, dann habe es mehrere heiße Phasen gegeben, auf die wiederum eine starke Abkühlung erfolgt ist: „Das belastet bereits vorerkrankte Leute mit Kreislaufproblemen.“
Am Wochenende gab es viele Fälle in Nördlingen
Zudem nähmen auch die Atemwegsinfekte zu, neben den chronisch Erkrankten habe er dies auch bei jüngeren Menschen gesehen: „Junge Eltern haben sich bei den Kindern angesteckt, Fälle von Lungenerkrankungen sind deutlich steigend etwa im Vergleich zu Magen-Darm-Erkrankungen.“ Aktuell stellt Eberl noch fest: „Corona kommt jetzt wieder, wobei es noch ältere und vorerkrankte Patienten sind, die ins Krankenhaus kommen.“ Andere Erreger für Atemwegserkrankungen wie das RS-Virus und Grippevirus würden erst im Winterhalbjahr wieder zunehmen. Zudem werden die Menschen in der Region „immer älter und kränker. Wir merken das natürlich“.
Die schwierige Lage spiegelt sich auch in den Notaufnahmen wider, wie Michael Kaiser, Leiter Pflege in der Notaufnahme in Nördlingen schildert. Wenn das Haus voll ist, ist auch die Notaufnahme voll. Derzeit verlagere sich „vieles in die Abendstunden bis tief in die Nacht“. Mit einem Programm werte man aus, wann besonders viele Fälle eintreffen und reagiere darauf. Woran die höhere Zahl an Fällen liege, sei schwer zu sagen. Gerade das Wochenende sei sehr arbeitsreich für die Kolleginnen und Kollegen gewesen, so Kaiser, vom Kind bis zum 100-Jährigen seien alle da gewesen. Manchmal, wenn andere Krankenhäuser im Umkreis abgemeldet würden, sei noch mehr los.
Patienten in der Notaufnahme sollen Impfausweis mitnehmen
Laut Kaiser könnten aber die Patientinnen und Patienten das Personal in der Notaufnahme unterstützen: Es sei wichtig, dass die Menschen ihre persönlichen Dokumente, wie Impfausweis und Versichertenkarte dabeihätten. Eines wünscht er sich: „Die Menschen müssen Zeit mitbringen. Wir behandeln jeden“, betont Kaiser, aber man müsse die Fälle priorisieren. Dennoch komme jeder dran.
Professor Dr. Bernhard Kuch ist Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin/Kardiologie am Stiftungskrankenhaus. Sein Eindruck ist, dass es immer wieder Schwankungen gibt und in den vergangenen zwei Wochen ein bisschen weniger los war. Das hat sich mittlerweile geändert: „Am Wochenende hat es wieder richtig angezogen, wir sind wieder voll.“ Kuch vermutet, dass viele Ärzte im Urlaub waren und Patienten sich erst jetzt, wenn es bei ihnen schlimmer wurde, gemeldet hätten. „In Relation ist es so, dass wir in Nördlingen fast immer voll ausgelastet sind“, sagt Kuch. Aktuell würden besonders ältere Personen, die kein Durstgefühl hätten, zu wenig trinken und austrocknen, bekämen Kreislaufprobleme.
Bei Erkrankungen wie Corona, Influenza und RSV gebe es in Nördlingen aktuell nicht besonders viele Fälle: „Das kommt wahrscheinlich wieder im Oktober und November.“
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