Popcorn, ein kaltes Getränk und ein spannender Film: Noch vor ein paar Jahren war klar, dass man für einen solchen Abend ins Kino geht. Doch Streaminganbieter wie Netflix & Co. haben die Branche verändert. Statt vor der großen Kinoleinwand sitzen viele Filmliebhaber jetzt eher zu Hause vor dem heimischen Fernseher. Marion Böhm führt seit dem Tod ihres Mannes mit dem Nördlinger Movieworld, dem Nördlinger Riestheater und dem Movieworld Gunzenhausen drei Kinos. Die 38-Jährige erläutert, wie sich das Kino verändert hat und warum es in Nördlingen in den vergangenen Jahren keine Open-Air-Veranstaltungen gegeben hat.
Dass der Siegeszug der Streaminganbieter die Branche verändert hat, kann sie bestätigen. „Bei vielen Anbietern wie zum Beispiel Disney plus gibt es mittlerweile einen day-to-day-Start. Das bedeutet, dass der Film gleichzeitig im Kino und beim Streaminganbieter anläuft“, sagt Böhm. Auch bei Filmen, die nicht zeitgleich im Kino und online verfügbar sind, habe man nicht mehr die Zeit wie früher, als ein DVD-Start weit nach dem Kinostart lag. „Spätestens nach 32 Tagen geht der Film in einen Stream“, sagt Böhm. Aber ist es nicht schöner, einen Film im Kino anzuschauen? „Ja, die großen Hollywood-Blockbuster sind schon noch für die große Leinwand gemacht. Aber die kleinen Filme gehen unter. Die schaut man dann drei Wochen später eher im Stream“, sagt die Kinobesitzerin.
Böhm: „Kleinere“ Filme erst nach einer Woche
Auch beim Filmstart gibt es Unterschiede zwischen großen Hollywoodfilmen und eher unbekannteren Streifen. Denn „große“ Filme bekommt Marion Böhm bereits zum offiziellen Kinostart, bei eher unbekannteren Produktionen, die vielleicht nur mit 400 Kopien starteten, bekomme sie die Filme erst nach einer Woche. Diese Filme, oft Kunstfilme, werden dann meist im Nördlinger Riestheater in der Innenstadt gezeigt.
Die Pandemie habe man mittlerweile überwunden, sagt Böhm. „Wir sind jetzt wieder auf dem Niveau wie vor Corona“. Zwar habe man einen Saal mit 180 Sitzplätzen seit Jahren nicht mehr voll bekommen, dies sei aber anderen Faktoren geschuldet. Da sei etwa die Umstellung des Reservierungssystems; früher konnte man nur reservieren, heute muss man Karten direkt kaufen. Auch ein Thema sei, dass die Leute weniger Geld zur Verfügung hätten als früher. Zudem seien die Energiekosten für Heizung und Strom hoch, sagt Marion Böhm. Im Movieworld Nördlingen habe man auch gemerkt, dass die Frequenz wegen der Baustelle in der Nürnberger Straße merklich abgenommen habe. „Da sind die Zahlen in Gunzenhausen im gleichen Zeitraum wesentlich besser“, sagt Böhm.
Keine Personalprobleme im Kino in Nördlingen und Gunzenhausen
Nach der Pandemie habe es auch viele Verschiebungen gegeben, weil die Branche nicht drehen konnte. „Ein Jahr später haben dann in Amerika noch die Drehbuchautoren gestreikt, was wieder dazu geführt hat, dass Filme nicht wie geplant an den Start gehen konnten.“ Personalprobleme wie andere Branchen hat Marion Böhm nicht. „Ich habe Bewerbungen en masse, jede Woche bestimmt zwei. Den Leuten macht es einfach Spaß im Kino zu arbeiten, denn man hat mit Menschen zu tun, die gut gelaunt ihre Freizeit verbringen“, sagt die Kinobesitzerin.
Gibt es denn mit all den Herausforderungen und der großen Online-Konkurrenz eine Zukunft des Kinos? „Auf jeden Fall! Das Kino hat die VHS-Kassette, DVD und BluRay überlebt. Es wird bleiben“, sagt Böhm. Man müsse aber ein wenig umdenken, ein Kinobesuch müsse zum Erlebnis werden und eine ganze Abendplanung abdecken. Deshalb gibt es im Kino auch ein großes gastronomisches Angebot, damit Besucherinnen und Besucher sich vor oder nach dem Film noch auf ein Getränk treffen können. „Wir haben leckere Cocktails und schon ab 12.30 Uhr geöffnet. Manche kommen sogar nachmittags einfach auf einen Kaffee vorbei“, freut sich die Kinobesitzerin.
Open-Air-Kino im Ochsenzwinger in den letzten Sommern ausgefallen
Neben dem gastronomischen Angebot gibt es auch immer wieder besondere Aktionen in den Kinos wie den Poetry Slam oder Projekte mit der Palliativ-Station. Sehr beliebt sind etwa Open-Air-Vorstellungen. In den vergangenen Sommern hat es in Nördlingen allerdings keine Veranstaltungen gegeben, in Bopfingen und Gunzenhausen hingegen schon. Laut Marion Böhm sind in Nördlingen die Voraussetzungen anders. So gebe es in Nördlingen niemanden, der sich um die Verpflegung während des Open-Air-Kinos im Ochsenzwinger kümmert, weshalb man das selbst übernommen hat. Ein zusätzlicher Aufwand für das Kino-Team, der nicht immer leicht zu stemmen ist. Beim Bopfinger Open-Air-Kino kümmert sich das Team der „Schmiede“ um Getränke und Essen. Auch braucht man in Nördlingen eine Leinwand, in Bopfingen hingegen nicht, da man den Film im Stadtgarten auf die Stadtmauer projizieren kann. Marion Böhm hofft aber, auch in Nördlingen wieder einmal Open-Air-Veranstaltungen anbieten zu können. „Denn der Ochsenzwinger ist einfach eine bombastische Location.“
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