Kein Besitzer eines Wirtshauses will hören, dass seine Gaststätte als „miserabel“ bezeichnet wird, in vorliegendem Fall in Hohenaltheim scheint es aber so gewesen zu sein: „Wir sind am vergangenen Sonntag den 26ten von Augspurg abgereiset, über Mittag in Donauwörth geblieben, nachmittag nach Nördlingen, von dorten noch bis 7ben Uhr auf Hohenaltheim, wo sich der Fürst von Wallerstein aufhält, gefahren, in einem miserablen Wirtshaus eingekehret. Wir wären den andern Tag wieder abgereiset, wann ich nicht einen starken Catharr bekommen hätte, also haben wir uns zwei Nächte und einen Tag aufgehalten …“ Diese Einschätzung kam aus durchaus prominenter Sicht.
Dies hatte Maria Anna Mozart in einem Brief im Oktober 1777 an ihren Mann in Salzburg geschrieben und sie wird ihren Grund dafür gehabt haben, zumal sie sich damals offensichtlich erkältet hatte. Wolfgang Amade Mozart und seine Mutter waren auf Stellensuche an süddeutschen Residenzen und da man den Fürsten Kraft Ernst zu Oettingen-Wallerstein (1748–1802) schon aus vergangenen Tagen kannte, lag es nahe, bei ihm um eine Musikerstelle in der weithin berühmten Hofkapelle des Fürsten nachzufragen. Zu einer Anstellung ist es nicht gekommen, da sich der Fürst wegen seiner großen Trauer um seine kürzlich verstorbene Gattin Maria Theresia, geb. Prinzessin von Thurn und Taxis (1757–1776), außerstande sah, Gäste zu empfangen.
Brauerei in Hohenaltheim: Ein Wirt trank selbst sehr viel
Ist das Urteil von Frau Mozart über die Qualität des Hohenaltheimer Wirtshauses noch etwas undifferenziert, so ist die Beschwerde des Hohenaltheimer Schullehrers aus dem Jahre 1735 doch sehr viel genauer, wenn er meinte, dass des „Wirths Bier das gantze Jahr hindurch fast ohne Unterschied dergestalten untauglich, daß es ohne besorgender üblen Leibes-Constitution gar offt nicht zu trincken“ sei. Der Nachfolger dieses Bräuers und Wirts musste sich zwei Jahre später deshalb von seiner Herrschaft in Oettingen anhören, „daß er seine Gäste mit allem, besonders aber mit einem guten Trunk umso gewisser versehen sollte, als sonsten auf wiederholtes Klagen die ernstlichsten Maßregeln“ gegen ihn angewandt werden müssten.
Werfen wir einen Blick in die Geschichte der Wirtschaft „Goldener Hirsch“, die lange Zeit die einzige Wirtschaft des Ortes war. Als eine zweite Wirtschaft eröffnet wurde, erhielt der „Goldene Hirsch“ den Zusatz „untere“ Wirtschaft im Gegensatz zur „oberen“ Wirtschaft. Wie ein Großteil der Höfe des Orts, so war auch die Wirtschaft „Goldener Hirsch“ dem Kloster Ellwangen als Lehensherr abgabenpflichtig. Das heißt, dass ein großer Teil der Abgaben an das Kloster als dem Grundherrn der Wirtschaft entrichtet werden musste und von diesem der sogenannte Bestandbrief für den jeweiligen Inhaber des Gasthofes ausgestellt wurde. In diesen Bestandbriefen, die man etwas verkürzt auch als Pachtverträge bezeichnen könnte, wurden die gegenseitigen Rechte und Pflichten von Lehenherr und Lehenmann festgelegt. Die jährlich zu entrichtenden Abgaben des Lehenmanns an seinen Grund- und Lehenherrn gehörten dabei sicher zu den wichtigsten Festlegungen dieser Lehenbriefe bzw. Lehenreverse. Hinzu kamen freilich auch noch die Abgaben an den Landesherrn, in diesem Fall an die Grafen zu Oettingen, an die etwa die Steuer zu entrichten war. Die „untere“ Wirtschaft war privilegiert, sie verfügte also über das Ausschankmonopol und nur der Wirt hatte das Recht, im Bereich des Dorfes Krämereiartikel und das Brot anzubieten. Mitanbieter mussten also auf das Gebiet außerhalb des Dorfes ausweichen.
1973 wurde das Anwesen in Hohenaltheim abgerissen
Das Schicksal der Wirte ist in den Akten gut dokumentiert. Da findet sich ein Wirt, dem sein Bier wohl besser als seinen Gästen schmeckte und deshalb als wüster Trunkenbold aktenkundig wurde, der im Rausch sogar die eigene Wirtschaft in Brand setzte. Da gibt es aber auch die Wirtin, die im Dreißigjährigen Krieg schwer unter den Drangsalen der Zeit zu leiden hatte und das Anwesen verkaufen musste, um bald darauf auch den Tod eines ihrer Söhne beklagen zu müssen. Andere Wirte häuften so starke Schulden auf, dass auch ihnen nur der Verkauf übrigblieb. Als 1794 die Wirtschaft veräußert werden sollte, erstellte man ein Inventar, das einen interessanten Einblick in die Inneneinrichtung des Anwesens ermöglicht.
1831 kamen Wirtschaft und Brauerei in den Besitz der Familie Bauer. Nun blieb beides für längere Zeit in der Hand einer Familie – und zwar bis 1928, dann ging das gesamte Anwesen an die Familie Dürrwanger über. Das Anwesen bestand damals aus einem Wohnhaus mit Wirtschaftsgebäude, Sud- und Kesselhaus, Stallung, Stadel, Hofraum, Kelleranlage mit Sommerwirtschaft und einem Hektar landwirtschaftlichem Grundstück. 1973 wurde das Ensemble, in dem einst Frau Mozart und ihr später weltberühmter Sohn genächtigt hatten, abgebrochen. Aus dem Grund und Boden, auf dem Wirtschaft und Brauerei standen, wurde ein Parkplatz, der im Rahmen der Dorferneuerung zum heutigen Erscheinungsbild umgestaltet wurde. Von hier aus kann man zu einem Spaziergang durch das historisch so interessante und schön gelegene Dorf Hohenaltheim aufbrechen.
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