300 Millionen Euro Fördermittel vom Bund und zwei Ländern, ein Firmenchef, der aus Munningen stammt: Varta hatte für Anleger aus dem Ries vor einigen Jahren durchaus Charme. So auch für einen Nördlinger, dessen Name der Redaktion bekannt ist. Normalerweise investiere er eher konservativ, sagt der Mann, Varta sei aber eine riskante Geldanlage gewesen: „Man kalkuliert da immer ein, dass man Verlust macht - aber doch keinen Totalverlust.“
Zu Beginn sei auch alles gut gegangen, zweimal habe er schöne Gewinne mit Varta eingefahren, so der Nördlinger: „Ich bin jemand, der schnell kauft und verkauft.“ Doch dann kamen die schlechten Nachrichten von Varta - fehlende Aufträge von Apple, Missmanagement bezüglich der Energieversorgung. Doch er habe noch Hoffnung gehabt, sagt der Rieser. Bis zuletzt der Sanierungsplan öffentlich gemacht wurde. Dabei wird das Grundkapital von Varta zunächst auf null gesetzt, die Kleinaktionäre verlieren ihr Geld.
Porsche und Trojner stellen je 60 Millionen Eigenkapital zur Verfügung
Anfang der Woche wurden bei Varta die Verträge mit Kreditgebern, Schuldscheingläubigern und den künftigen Aktionären unterschrieben. Wie berichtet, steigen der österreichische Investor Michael Tojner und der Sportwagenbauer Porsche ein. Sie stellen jeweils 60 Millionen Euro Eigenkapital zur Verfügung. Bis zum Abschluss des Sanierungsverfahrens bekommt der Batteriehersteller zudem einen Überbrückungskredit von 30 Millionen Euro. Noch im Oktober soll der Restrukturierungsplan finalisiert werden. Die erforderlichen Mehrheiten für die Zustimmung zu dem Plan hält Varta für sicher.
Bei der Gewerkschaft begrüßt man den Einstieg des Automobilbauers bei Varta. So sagt Juliane Deak, die zuständige Gewerkschaftssekretärin der IG Metall Augsburg, auf Nachfrage unserer Redaktion, man habe mit Porsche einen sehr erfahrenen Partner in der Automobilindustrie, bei dem man die Erfahrung gemacht hat, dass er stark auf die Mitbestimmung der Mitarbeiter setze.
Neue Produktionsanlage in Nördlingen soll im kommenden Jahr in Betrieb gehen
An einer neuen Produktionsanlage, die gerade in Nördlingen entsteht, plant Porsche festzuhalten. Laut dem Automobilhersteller will man die Anlage im kommenden Jahr in Betrieb nehmen. Porsche will sie als Sacheinlage in die V4Drive Battery GmbH einbringen. Es sei geplant, dass V4Drive perspektivisch auch weitere Kunden abseits von Porsche adressiert, so heißt es weiter.
Ob man dann in Nördlingen in Zukunft vornehmlich Autobatterien produzieren wird? Aktuell werden vor allem kleine Lithium-Akkus, wie sie etwa in kabellosen Kopfhörern verwendet werden, hergestellt. Juliane Deak glaubt nicht, dass Varta sein Hauptgeschäft auf die Automobilindustrie richten wird. Auch werde es ihrer Einschätzung nach das bisherige Kernprodukt auch in Zukunft noch geben.
Viele Stellen bei Varta ausgeschrieben
Im Zuge der neuen Anlage will Varta auch Personal in Nördlingen einstellen. In welchem Umfang ist aber bisher nicht klar; das teilt Varta auf Nachfrage unserer Redaktion mit. Derzeit wird laut dem Unternehmen der Bedarf an neuen Mitarbeitern ermittelt. Auch Juliane Deak kann auf Nachfrage keine genaue Zahl nennen, tippt aber auf „mehrere 100“. Ihres Wissens sind gerade viele Stellen intern ausgeschrieben. Sie geht davon aus, dass es unter den bisherigen Beschäftigen auch den ein oder anderen Wechsel in naher Zukunft geben wird.
Jedoch sollen auch Stellen abgebaut werden. Dies betrifft, so das Unternehmen weiter, „alle Geschäftsbereiche der Varta AG im indirekten Bereich, also vornehmlich die Verwaltung“. Eine Zahl nennt Varta nicht. Auch Juliane Deak hat keine Informationen, in welchem Umfang und an welchen Standorten ausgestellt werden soll.
Gewerkschaft erwartet, dass Varta sich zukunftsfähig aufstellt
Ob Mitarbeiter in weiteren Bereichen am Standort Nördlingen um ihren Arbeitsplatz bangen müssen, ist ebenfalls unklar. Auch hier könne man zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussage treffen, so das Unternehmen auf Nachfrage.
Die Gewerkschaft erwartete dass Varta jetzt mit einem soliden Konzept zukunftsfähig aufgestellt wird und man die Fehler der Vergangenheit nicht wiederhole, sagt Deak. „Wir glauben und hoffen im Sinne der Beschäftigten, aber auch für den Standort Nördlingen, dass Varta sich seiner Verantwortung bewusst ist und gemeinsam mit den neuen Partnern das Unternehmen wieder auf einen soliden Zweig bringt und der Marke Varta wieder zu dem Glanz verhilft, den sie bisher hatte.“
Der Nördlinger hat seine Aktien mittlerweile verkauft, sein Verlust sei vierstellig. Obwohl es klar gewesen sei, dass es sich bei Varta um hochspekulative Aktien gehandelt habe, hat der Mann doch das Gefühl, geblendet worden zu sein. Und dass jetzt ausgerechnet die Kleinanleger für die Fehler der hoch bezahlten Manager bezahlen müssen? Welche Summen die verdient hätten, könne ja jeder öffentlich nachlesen. (mit dpa)
Nein, nicht geblendet, sondern verprellt. Nicht umsonst hat der Großaktionär Trojner am 23.September 2022 mit einem Ausverkauf die Aktie in den Keller rauschen lassen. Plötzlich, nachdem alle Kleinaktionäre enteignet wurden und damit einen Teil der Schulden unfreiwillig tilgen, hat er wieder Geld um in die Firma zu investieren.
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