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Utzmemmingen/Baldern: Wie ein Kapuzinermönch die Obrigkeit narrte

Utzmemmingen/Baldern

Wie ein Kapuzinermönch die Obrigkeit narrte

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    Autor Hartwig Büsemeyer las in Utzmemmingen aus seinem Buch „Die Geister, die er rief“.
    Autor Hartwig Büsemeyer las in Utzmemmingen aus seinem Buch „Die Geister, die er rief“. Foto: Friedrich Woerlen

    Zwei Erzbischöfe, eine Grafenfamilie, ein Kapuzinermönch und viel Fußvolk führten auf Burg Katzenstein und Schloss Baldern ein Drama von Geltungssucht, Bauwut und Schuldenmachen, Gespenstertreiben und -austreiben, Glauben und Aberglauben, Volksfrömmigkeit, Lug und Trug, Hoffnung und Enttäuschung auf: Autor Hartwig Büsemeyer las in Utzmemmingen aus seinem Buch „Die Geister, die er rief“ - lebendig und spannend.

    Das Stück spielt in der kleinen Grafschaft Oettingen-Baldern in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Graf Kraft Anton Wilhelm hatte ein glückliches Händchen bei der ehelichen Verbindung mit dem Haus Schönborn. Aber er und Gräfin Johanna Eleonora Maria haben Schulden. Das ist in ihren Kreisen nicht ungewöhnlich. In der Verwandtschaft der Gräfin finden sich Nothelfer: Onkel Lothar Franz, Kurfürst und Erzbischof von Mainz und Bamberg, und Bruder Friedrich Karl von Schönborn, Fürstbischof von Würzburg. Weitere Brüder sind hohe Kleriker, darunter Franz Georg, der neben vielen anderen Würden auch noch als Fürstpropst von Ellwangen Nachbar der Grafenfamilie wird. Verwandtenbesuche werden auf Hohen-Baldern mit barockem Prunk begangen.

    Auf Burg Katzenstein geht es nicht mit rechten Dingen zu

    Bei einem dieser Besuche stellt Franz Georg von Schönborn seinem Schwager Kraft Anton eine Frage, die weitreichende Folgen haben sollte: Ihm sei zu Ohren gekommen, dass es im Gefängnis auf der Burg Katzenstein nicht mit rechten Dingen zugehe. Die dort inhaftierten Übeltäter würden von bösen Geistern so grausam geplagt, dass man sogar von einer Verdoppelung ihrer Strafen sprechen könne. Es ergibt sich ein Auftrag an Pater Guido, einen Ellwanger Kapuziner, der als begabter Exorzist gilt, und dessen intime Kenntnis der Oettinger und Balderner Verhältnisse auf spezielle Beziehungen ins Jenseits schließen lassen.

    Was uns heute als „Schnapsidee“ erscheint, war damals für gebildete und mächtige Herren ein „rationales“ Handlungskonzept. Bei der Umsetzung wird es turbulent. Immer aufregender und skurriler, ja auch konkreter werden die Berichte des Paters. Auf dem Höhepunkt soll der Geist des „Herrn von Westerstetten“ gestanden haben, er habe in der Burg Katzenstein Geld vergraben, über das der regierende Graf verfügen könne, wenn er bestimmte Regeln, die im Einzelnen mitgeteilt werden, befolge.

    Es werden schwere Kisten auf Burg Katzenstein gefunden

    Pater Guido wird so krank, dass zu seiner Behandlung Dr. Weltz, der Leib-Medicus des Kurfürsten, aus Trier nach Ellwangen entsandt wird, und mehrmals besucht sogar der Graf höchstselbst den kranken Kapuziner. Es werden schwere Kisten gefunden. Und es kann auch heute noch der „Schatz von Katzenstein“ besichtigt werden. Was es mit ihm auf sich hat, erfährt man in dem Buch. Berichtet wird dort auch über die von verschiedenen Seiten angestellten Ermittlungen und Untersuchungen.

    Was als großes Welttheater begann, wird zur Gaunerkomödie. Aber 300 Endnoten (15 Buchseiten) belegen das intensive Akten- und Literaturstudium des Autors, das Quellen- und Literaturverzeichnis umfasst weitere drei Seiten. Prächtige Fotos und Reproduktionen (auch von „Phantomzeichnungen“) illustrieren und eingestreute Exkurse erläutern die biografischen und historischen Zusammenhänge. Das Werk verdient also auch unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten, ernst genommen zu werden.

    Für sein erstes Buch „Das Königreich der Spielleute - Organisation und Lebenssituation elsässischer Spielleute zwischen Spätmittelalter und Französischer Revolution -“ erhielt Büsemeyer 2006 den Elsass-Preis der „Académie d’Alsace“ (Colmar) und 2011 für „Auf der Schattenseite des Lebens“, die Biografie eines schwäbischen Gauners, den „Landespreis für Heimatforschung des Landes Baden-Württemberg“.

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