Udo Knauer hat gerade wenig Zeit. Am Wochenende wird in Sankt Georg und in der ganzen Stadt das Kulturfestival „Rundum Kultur“ mit Musik, Vorträgen und Theater über die Bühne gehen. Auch die evangelische Kirchengemeinde beteiligt sich am Kulturprogramm und für Udo Knauer bedeutet das als Kantor von Sankt Georg: Mit seinen Chören wird der Kirchenmusikdirektor auftreten, und das will geprobt werden. Ein klein wenig Zeit findet Knauer trotzdem. Er schüttelt den Schlüsselbund, um den größten Schlüssel auszumachen, schließt damit das vergitterte Tor auf und läuft die steinerne Treppe zur Orgel von Sankt Georg hinauf.
Von dort oben sind die einzelnen Besucherinnen in der Kirche klein und bis auf ein paar Wortfetzen und Huster kaum zu hören. Als Udo Knauer zum Orgelspiel ansetzt, verschwinden sie ganz in der kräftigen Klangwolke. Schon beim jugendlichen Messbesuch war das Orgelspiel für Udo Knauer der Höhepunkt, sagt er zwischen zwei Stücken. Seine wichtigste Begegnung war aber die Toccata aus der Suite Gothique von Léon Boëllmann, gespielt von einem Schulkollegen beim Gottesdienst. „Das da“, sagt Udo Knauer und spielt los, dass seine Hände nur so über die Tasten rennen und die Füße über die Pedale. „Damals habe ich mir gedacht: Das will ich auch spielen“, sagt er und lässt von der Orgel ab.
Udo Knauer: Orgelspielen und Chorproben in Sankt Georg
Udo Knauer ist seit 1993 Kantor in Sankt Georg. Er kümmert sich um die musikalische Gestaltung der Gottesdienste, um Konzerte und Reisen, die er mit seinen Chören unternimmt. Zu großen Teilen sei sein Beruf ein ständiges Organisieren, sagt Knauer, zum Orgelspielen bleibe wenig Zeit, „leider“. Dabei spielt Udo Knauer die Orgel seit seiner Gymnasialzeit in Coburg, nachdem sein Schulkamerad ihn inspiriert hatte. Dann kam er nach Würzburg, wo er an der Hochschule für Musik Kirchenmusik studierte. Seine erste Station war Uffenbach, für einen beruflichen Aufstieg ging er nach Nördlingen.
Heute sind es vier Chöre, die Udo Knauer in der evangelischen Kirchengemeinde leitet: die Kantorei mit etwa 100 Mitgliedern, den Kammerchor, den Gospelchor „Sing@Life“ und die Kinderkantorei. Die Chorproben sind Knauer von all seinen Tätigkeiten am liebsten, wie er erzählt. „Weil es den Menschen so viel Spaß macht.“ Jede Gruppe habe ihre eigene, besondere Schönheit, es entstehe Gemeinschaft und Frieden. Wenn Knauer sieht, wie die Kinder nach den Proben heimgehen, fällt ihm das auf. „Chorarbeit hat viel mit Versöhnung zu tun“, sagt er. Ob er sich als Zugereister als Nördlinger versteht, damit tut er sich schwer. Und es hat mit seinem Blick auf den Chor zu tun: „Ehrlich gesagt, nein. Wenn ich das sage, grenze ich mich ab. Und ein Chor möchte nicht abgrenzen- Bevor ich nur eines sein kann, bin ich lieber nichts“, sagt er.
Taizè inspiriert Udo Knauer in seiner Chorarbeit
Den Konzepten von Frieden und Versöhnung, Udo Knauer ist ihnen vor fast 50 Jahren in Taizé begegnet, wo sich Jugendliche verschiedener christlicher Gemeinschaften austauschen. Für ihn sei Taizé ein Ort des Friedens, weil es auch ein internationaler Ort sei, sagt Knauer. Das gelte auch von musikalischer Seite: Mit den repetitiven Taizé-Gesängen käme die Ruhe.
Weil Udo Knauer Taizé in seine Chöre hineingetragen hat, will er es auch beim Rundum-Kultur-Festival der Stadt nach außen tragen. Die Veranstaltungen der evangelischen Gemeinde sind aufgebaut wie die sogenannten kleinen Horen, die Gebetszeiten: Es gibt eine Sext, ein Mittagsgebet, eine Vesper um 18 Uhr und eine Vigil, eine Nachtwache, um Mitternacht. Zur Sext gibt es etwa Orgelmusik am Marktplatz, der Gospelchor tritt zur Vesper mit einer Mischung aus Pop, Gospel und neuen geistlichen Liedern auf. Am allermeisten freut Udo Knauer sich auf die Nacht der Lichter, das Taizé-Gebet, am Samstag um 20.30 Uhr, den ebenfalls der Gospelchor begleiten wird.
Am Sonntag um 10.30 Uhr endet der Reigen mit einem ökumenischen Gottesdienst zur Terz. Zum ersten Mal laden alle christlichen Gemeinden der Stadt gemeinsam zur Feier ein, mit dabei sind auch das Gospelhouse und die neuapostolische Kirche. Musikalisch begleitet wird der Gottesdienst von Udo Knauers Kinderkantorei und Jugendlichen aus dem Gospelchor. Dass sich die Gemeinschaften zusammenschließen, freut Knauer besonders. „Weil die Kirche allgemein so viel Gegenwind kriegt in letzter Zeit, bin ich sehr froh, dass alle mitmachen“, sagt Udo Knauer. Dann muss er weiter ins Pfarramt, denn die ersten Sänger trudeln schon zur nächsten Chorprobe ein.
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