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Lockdown: Schützenvereine im Ries: Verordnete Ladehemmung

Lockdown

Schützenvereine im Ries: Verordnete Ladehemmung

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    Seit vier Monaten geht gar nichts an den Schießständen und in den Schützenheimen. Der Schießsport im Ries-Gau Nördlingen liegt brach.
    Seit vier Monaten geht gar nichts an den Schießständen und in den Schützenheimen. Der Schießsport im Ries-Gau Nördlingen liegt brach.

    Schützenvereine bieten nicht nur die Möglichkeit zur konzentrierten sportlichen Beschäftigung, sie haben auch eine gesellschaftliche Aufgabe. Für viele, gerade ältere Mitglieder ist das wöchentliche Schießen mit Gleichgesinnten samt anschließendem Stammtisch der einzige außerfamiliäre Kontakt. Ein lebensnotwendiger Termin quasi, der nur im äußersten Notfall geschwänzt werden darf. Doch in der Corona-Pandemie geht seit mittlerweile vier Monaten gar nichts mehr in den über 60 Schützenvereinen des Rieses mit knapp 7000 Mitgliedern. Verordnete Ladehemmung sozusagen.

    Dabei wäre die Zeit im Herbst und Winter die wichtigste im Schützenjahr. Über 90 Prozent der Vereine haben in diesem Zeitraum ihre Königsschießen und -feiern, ihre Vereinsmeisterschaften und Generalversammlungen. Da werden nicht nur Königsketten und Pokale verliehen, sondern auch in den Schützenheimen die Einnahmen generiert, die man für den Rest des Jahres braucht. Beispielsweise für die Jugendarbeit oder notwendige Investitionen. Doch heuer herrscht Ebbe in den Kassen.

    Vereinsarbeit ist häufig eine Familienangelegenheit. So auch bei Familie Wagner, die sich für den Schützenverein Germania Pfäfflingen engagiert. Edith Wagner ist Kassier des rund 110 Mitglieder umfassenden Vereins, Ehemann Friedrich Böllerkommandant. Beide arbeiten zudem im Vorstand des Ries-Gaues Nördlingen mit. Auch die Kinder schießen aktiv, die jüngere Tochter Franziska ist sogar amtierende Schützenkönigin des Jahres 2020.

    Schützenkönigin für ein weiteres Jahr

    Und sie wird es auch 2021 bleiben, wird einfach weiter amtieren, ohne einen überragenden Schuss mitten ins Schwarze abgegeben zu haben. Das Königsschießen ist abgesagt, damit gibt es auch keine Königsfeier. Die Generalversammlung mit Neuwahlen ist bis auf Weiteres verschoben. Finanzchefin Edith Wagner wollte nach 23 Jahren in vorderster Front kürzertreten, aber sie muss vorerst weitermachen. Und das in schwierigen Zeiten, denn der Verein habe einen Einnahmeausfall von 70 bis 80 Prozent zu verkraften, sagt sie. Und: „Für 2021 sehe ich schwarz, wenn wir bis zum Herbst nicht wieder durchstarten können.“ Wobei schwarzsehen in diesem Fall rote Zahlen bedeuten würde ...

    Stephan Tischinger ist seit vielen Jahren der Rundenwettkampfleiter des Ries-Gaues Nördlingen. Im Herbst 2020 haben die Luftpistolenschützen ihre Vorrunde absolviert, mit dem Luftgewehr wurde nur eine Runde bestritten, dann war Schluss. „Eine Rückrunde wird es nicht mehr geben“, ist sich Tischinger im Klaren. Auch in seinem Heimatverein, den Adlerbergschützen Herkheim, sei alles gecancelt, lediglich das Königsschießen wolle man unter Umständen ganz kurzfristig noch nachholen. Das einzige, was im Verein noch stattfinde, seien Kurzbesuche zu runden Geburtstagen, bedauert Tischinger.

    In der rund 620-jährigen Vereinsgeschichte der Privilegierten SG 1399 Nördlingen ist Lilly Schwarz die erste Frau in der Position des ersten Schützenmeisters. Für ihre historische Premiere hat sie sich eine unglückliche Zeit ausgesucht: „Das vorige Jahr war das finanziell schlechteste überhaupt“, sagt sie. Die wenigen Monate, die die Schießanlage 2020 geöffnet war, wurden zum Einbau moderner elektronischer Pistolenstände genutzt; die Investition verschlang eine mittlere fünfstellige Summe. Auf der Einnahmenseite steht hingegen ein Totalausfall. Biergarten zur Mess’, Weihnachtsfeier, Königsschießen, Generalversammlung mit Neuwahlen, die Mieteinnahmen durch das Groß- und Kleinkaliberschießen von Vereinen aus Donauwörth, Harburg und Wemding – alles ist weggebrochen. Zu allem Überfluss sei bei einem Einbruch im November hoher Sachschaden entstanden.

    Lilly Schwarz hofft auf einen baldigen Wiederbeginn des Schießbetriebs: „Die finanzielle Lage ist im Moment gerade noch erträglich. Aber ein weiterer Ausfall der Mess’ wäre für uns eine Katastrophe.“ Die mit viel ehrenamtlichem Einsatz dabei erzielten Einnahmen seien notwendig, um sich „das modernste Schießhaus weit und breit“ auch weiterhin leisten zu können. Schwarz: „Nördlingen soll ein Schießzentrum bleiben. Aber unsere Anlagen brauchen viel Pflege, im Freien, im Bunker, überall.“ Jeder Verein versuche derzeit mit Eigenleistungen und Spenden über die Runden zu kommen. Zum Glück seien unter den Mitgliedern der Privilegierten Schützengesellschaft sehr viele Geschäftsleute, „die uns nicht im Stich lassen“.

    In Sorge um die Mitgliederzahlen

    Richard Pfaller, 1. Gauschützenmeister des Ries-Gaues Nördlingen und gleichzeitig Chef seines Heimatvereins Hubertus Fremdingen, ist vor allem in Sorge um die Mitgliederzahlen. „Der harte Kern der Schützen wird nach der Lockerung wiederkommen, aber bei den Gelegenheitsschützen bin ich mir nicht so sicher.“ Aktuell widerspricht die regionale Statistik noch seiner Skepsis: Zum Jahreswechsel ist die Mitgliederzahl im Ries-Gau Nördlingen nur um 14 zurückgegangen und steht bei rund 6900. Etliche der 22 Gaue im Bezirk Schwaben hätten dagegen massive Einbußen zu verzeichnen, weiß Pfaller.

    Schade sei, dass der heuer im März in Nördlingen geplante schwäbische Schützentag mit einem großen Schützenumzug vorerst rückgestellt ist; vielleicht gebe es noch einen Nachholtermin im Sommer. Und: Ausgerechnet in einem Jahr, in dem die schwäbische Jugendkönigin und die Bezirksschützenkönigin aus dem Ries kommen, gab es keinerlei Repräsentationstermine wie zum Beispiel den Schützenumzug beim Oktoberfest.

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