Ein verschollener Brief des Reformators Philipp Melanchthon ist jetzt im Nördlinger Stadtarchiv aufgetaucht. Der Nördlinger Reformator Kaspar Löner († 1546) stand als persönlicher Freund Luthers und Melanchthons mit diesen in Briefkontakt. Hätte nicht Löners Sohn Josua († 1595) eine Abschrift der umfangreichen Briefsammlung angefertigt, wären viele Details zur deutschen und speziell zur Nördlinger Reformationsgeschichte nicht bekannt. Denn während die Abschrift in der Königlichen Bibliothek zu Kopenhagen die Zeiten überdauert hat, sind die originalen Briefe im Laufe der Jahrhunderte in alle Winde zerstreut worden und wohl zum Teil verloren gegangen.
Einer der verschollenen originalen Briefe an Kaspar Löner kam nun bei Ordnungsarbeiten im Stadtarchiv Nördlingen zum Vorschein: Ein eigenhändiges Schreiben von Philipp Melanchthon (1497-1560) vom 24. Juni 1544, mit dem er Löner zu behutsamem Umgang mit den Nördlingern rät.
Brief von Melanchthon ist in Latein verfasst
Der Brief ist von Melanchthon eigenhändig in Latein verfasst und auf einen Buchspiegel geklebt. Womöglich gehörte er zu einem Buch von Löner selbst, der sich damit den freundschaftlichen Rat beim Öffnen des Buches stets vergegenwärtigen wollte.
Die Überlieferungsgeschichte des hochkarätigen Schriftstücks ist verschlungen und nur teilweise zu rekonstruieren. Offenbar kam der Brief mit dem Nachlass von Dr. Ludwig Müller (1831-1910) ins Stadtarchiv, der 1864 bis 1872 Archiv, Bibliothek und Museum der Stadt Nördlingen geleitet hatte. Er wiederum hatte den Brief aus dem Nachlass des Altphilologen Eduard Eyth (1809-1884) erhalten, Direktor der Evangelischen Seminare Schöntal und Blaubeuren und Vater des berühmten Ingenieurs Max Eyth. Der Fund des Briefes im Stadtarchiv Nördlingen, der nunmehr drei Melanchthon-Autographen sein Eigen nennen kann, unterstreicht einmal mehr die internationale Bedeutung von dessen einzigartiger Überlieferung, die zu den wertvollsten in deutschen Kommunalarchiven zählt. (AZ)
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