Nördlingen

Sebastian Wolf: Eine Vernissage, die so schnell keiner vergisst

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     Kunst von Sebastian Wolf gibt es im Ochsenzwinger zu sehen. Bei der Vernissage erlebten die Besucher, wie die Ausstellung fertiggestellt wurde.
    Kunst von Sebastian Wolf gibt es im Ochsenzwinger zu sehen. Bei der Vernissage erlebten die Besucher, wie die Ausstellung fertiggestellt wurde. Foto: Peter Urban

    Es war eine denkwürdige Vernissage, die weder das kunstinteressierte Publikum noch der Künstler jemals vergessen werden. Als sich die Tore des Ochsenzwingers zum vereinbarten Beginn um 19 Uhr öffneten, war innen statt der akribisch geplanten Ausstellung eine halb fertige Baustelle zu sehen und ein der Verzweiflung naher Sebastian Wolf. Statt Hochglanz-Kunst und chillige Atmosphäre, Arbeitsklamotten und Leitergewirr. Was war geschehen?

    Sebastian Wolf ist Perfektionist. Er hatte sich auf die Ausstellung akribisch vorbereitet, sogar eigens ein maßstabgetreues Modell gebaut, weil er im riesigen Ochsenzwinger - in der eine vernünftige Hängung der Werke alles andere als einfach ist - nichts dem Zufall überlassen wollte. In einem begehbaren Container, der auch als eigene Ausstellungsfläche dienen sollte, hatte er seine Werke angeliefert und für die große Glasfront mächtige Holzkonstruktionen anfertigen lassen, damit er auch diese Fläche nutzen könnte. Doch bei der Bemaßung war ein winziger Fehler unterlaufen, der sich in der Potenzierung allerdings zu einem riesigen Problem entwickelte.

    „Work in progress“ im Ochsenzwinger

    Statt Dutzende von Bildern einfach nur zu hängen, mussten hunderte Schrauben versetzt werden. Doch was vielleicht bei anderen Künstlern in einem nervlichen Ausnahmezustand geendet hätte, war an diesem Abend für die Besucher eher etwas Besonderes. Schnell machte der Begriff „work in process“ - frei übersetzt „fortlaufende Baustelle“ - die Runde und die Besucher hatten die Gelegenheit, den Künstler und seine Helfer beim Entstehen einer Ausstellung zu beobachten. Und sie waren durchweg begeistert. Mit Recht.

    Die Keinfriede-Schau ist ein Spektakel: Unglaublich exakte und doch abstrakte Farbverläufe, knallbunte geometrische Kompositionen mit fantastisch-kreativ versteckten Anspielungen auf alles, was ihn umgibt, kennzeichnen die große Kunst von Wolf. Von Graffiti über Tape und Urban Art hat der Künstler mittlerweile einen unverwechselbaren eigenständigen Stil entwickelt, für den die Kunstwissenschaft auch schon eine verbale Schublade gefunden hat: Postvandalismus. Will sagen: Es ist inzwischen alles andere als illegal, was Sebastian Wolf macht, obwohl die Spraydose immer noch sein Medium Nummer Eins ist. Vor allem aber ist sein Werk ein gewaltiges Ereignis, das die Größe des Ochsenzwingers braucht, um als Ganzes erfasst werden zu können.

    In ihrer Rede zur Ausstellungseröffnung würdigte Dr. Sabine Heilig, Kunsthistorikerin und künstlerische Leiterin des Museums Villa Rot, die „große Schaffenskraft und wunderbaren neuen Ideen“ von Wolf, die sich in einem stringenten, klar aufgebauten Konzept an den Gegebenheiten des Ausstellungsortes orientierten. Sie bescheinigt ihm, dass er sich mit seiner Kunst längst nicht nur auf Außenwände und Fassaden beschränket, sondern mit seinem künstlerischen Repertoire der Straßenkunst längst entwachsen sei. Wie kein anderer habe sich Sebastian Wolf mit seiner Kunst überall im Ries sichtbar gemacht, von der Marktoffinger Biogasanlage über die alte Binninger-Halle, dem ehemaligen SPN-Firmengelände bis zum Kunstpfad Donau-Ries, um nur einige wenige Locations zu nennen.

    „Ein Tag ohne Malen ist ein verlorener Tag“, sagt der Künstler selbst und mit dieser Ausstellung zeigt er, dass er sich mit seiner Leidenschaft zu ganz großer Kunst weiterentwickelt hat. Inzwischen hat Sebastian Wolf die Präsentation - trotz aller anfänglichen Schwierigkeiten - fertiggestellt. Sie ist in ihrer Gesamtheit überaus sehenswert und noch bis zum 13. Oktober, freitags von 15 Uhr bis 18 Uhr, Samstag, Sonntag/Feiertag von 12 bis 18 Uhr zu genießen. Infos zu Führungen gibt es unter www.kunstvereinnoerdlingen.de

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