Der dritte Bericht der neuen Serie über Brauwesen im Ries hat die Bierkeller und Sommerschenken zum Thema. Die Zeit der Bierkeller und Sommerschenken außerhalb der Kernorte begann im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts. Verbreitet war zuvor das schnelle Brauen von einfachem, obergärigem Bier. Der Vorgang wird so genannt, da die Bierhefe oben auf der Würze schwimmt. Die Gärtemperatur beträgt 15 bis 20 Grad, die Biere (Winterbier, Weizen, Alt) sind nicht lange haltbar, daher war eine Kühlung in Kellern notwendig. Beliebter wurde um diese Zeit die untergärige, eher langsame Gärung, bei der Temperaturen von 4 bis 9 Grad in Gärkellern herrschen mussten.
Die Bierhefe sinkt ab. Pils, Märzen, Lager- und Kellerbier sind stärker gehopft und länger haltbar. Um bei dem gestiegenen Bedarf das Bier zu kühlen und junges Bier in großen Lagerfässern nachreifen zu lassen, wurden großräumige Bierkeller in möglichst geringer Entfernung zu den Brauereien in Hügeln angelegt. Die Kühlung wurde in Eiskellern bewerkstelligt. In einem Keller oberhalb des Bierlagers wurde Natureis gesammelt. Die kalte Luft sank nach unten, die warme entwich über ein Schachtsystem nach oben. Das Eis wurde in der Wörnitz und Eger, aber auch in eigens angelegten Eisweihern gewonnen.
Oftmals führten steinerne Wendeltreppen in die Bierkeller
Später behalf man sich mit Holzgestellen, über die Wasser geleitet wurde (Meyers Keller in Nördlingen). Beim Bauplan eines Bierkellers mussten Schutz vor Feuchtigkeit, die Be- und Entlüftung und die Entwässerung des Eiswassers beachtet werden. Der Zugang für das Personal erfolgte meist über steinerne Wendeltreppen, die Fässer wurden über Schächte befördert. Über der Kelleranlage wurden Ausschankhallen errichtet. Die Gebäude waren mehrheitlich massiv gebaut (Wennenberg-Keller), selten wurde eine Holzkonstruktion verwendet (Sommerkeller Thalmühle Ederheim).
Bei der Realisierung eines Bierkellers musste eine geeignete Örtlichkeit, am besten in einem hängigen Felsengebiet mit einem Eingang auf der sonnenabgewandten Nordseite gefunden werden. Im Impaktkrater Ries ist dies nur im „Kristallinen Wall“ oder in Megablöcken in den „Bunten Trümmermassen“ möglich. Die im Riesbecken gelegenen Brauereien überschütteten ihre Keller mit Erde (z.B. Wechingen, Deiningen, Laub) oder verlegten die Keller in die Hänge am Riesrand.
Für die Sommerkeller mussten tiefe Gruben ausgehoben werden
Die Kleinerdlinger Schlossbrauerei legte um 1870 ihren Sommerkeller im benachbarten Holheim in der Nähe des Lindle an. Da die Gesteine im Ries impaktbeansprucht und damit wenig stabil sind, wurde eine tiefe Grube ausgehoben und in diese die ein- bis dreigeschossigen Gewölbekeller eingebaut. Der Arbeitsraum wurde verfüllt und das Gelände wieder angedeckt (Keller auf der Nördlinger Marienhöhe). Für die Ausmauerung wurden große Quader aus Jurakalk oder Riessee-Kalk verwendet. Stand die Brauerei bereits auf Felsen oder lag tragfähiger Fels vor, so konnten die Keller als Erweiterung stollenartig in den Untergrund geschlagen werden. So bestehen beispielsweise unter dem Kirchenberg in Hohenaltheim ausgedehnte Kelleranlagen der ehemaligen Brauerei Bauer/Dürrwanger, Gasthaus zum Hirsch.
Eine besondere Vorgeschichte besitzen die Bierkeller in Maihingen und Marktoffingen. Dort, wo heute unmittelbar westlich des Klosters Maihingen die Sommerfeste stattfinden, befand sich im 17. Jahrhundert bereits ein Steinbruch. Der Wallersteiner Schlosser Georg Bachmayr glaubte 1675, hier im durch den Asteroideneinschlag hochgedrückten Grundgebirge, Silbererz im Gneis entdeckt zu haben. Ein von den Grafen zu Oettingen-Wallerstein bestellter Bergmeister hatte die Erzproben nicht negativ beurteilt und angeraten, jeweils zwei Probeschächte in Maihingen und in Marktoffingen bei der Heilig-Kreuz Kapelle anzulegen.
Einst gab es im Ries Planungen für ein Erzbergwerk
Der Erzgehalt in den Erkundungsstollen war jedoch so gering, dass die Planungen für ein Erzbergwerk aufgegeben wurden. Die Maihinger Klosterbräu baute ca. 100 Jahre später die Versuchsstollen zu einem Lagerbierkeller um. Spätestens 1818 wurden, wie die Inschrift am Kellereingang zeigt, die in Marktoffingen gelegenen unterirdischen Hohlräume vom dortigen Wirt und Brauer des Gasthauses zum Ochsen zu einem Lagerkeller mit Stellplätzen für große Fässer und Ablaufrinnen für das Eiswasser umgestaltet. So ist in Teilabschnitten noch deutlich die Form der bergmännischen Stollengänge zu erkennen. Der gegenüberliegende Stollen wurde vom Gasthaus zum Lamm genutzt. Die Lamm-Brauerei bestand bis ins 1. Drittel des 20. Jh. und betrieb über dem Bierkeller einen Sommerkeller mit Kegelbahn.
Ideal zum Bau eines Felsenkellers sind die gut bearbeitbaren Karbonate des Riessees. Hier in Nähermemmingen, Reimlingen, Megesheim und Wornfeld wurden die Keller in den blanken Felsen geschlagen, nur die Vorräume sind gemauert. Einige Bierkeller trieb man in das einmalige, gut formbare Riesgestein Suevit vor. Die in die Jahre gekommenen Keller in Hainsfarth und Ursheim dürfen aus Sicherheitsgründen nicht mehr betreten werden.
Um die Jahrhundertwende kam Flaschenbier auf. In den Krisen zu Beginn des 20. Jahrhunderts gaben viele Kleinbrauereien auf, die Sommerkeller verschwanden. Mit flächiger Einführung von mechanischen Kühlanlagen in den 1940er Jahren hatten die extern gelegenen Bier- und Sommerkeller ausgedient.