Hat ein 26-Jähriger seine Tochter im Babyalter geohrfeigt? Über diese Frage ist am Montagnachmittag vor dem Nördlinger Amtsgericht unter dem Vorsitz von Richter Alexander Krug beraten worden. Laut Anklageschrift soll der Mann seine Tochter mehrmals mit der Hand ins Gesicht geschlagen haben. Körperverletzung lautete deshalb der Vorwurf der Staatsanwaltschaft.
„Mein Mandant bestreitet vehement, seine Tochter jemals geschlagen zu haben“, sagte Dr. Bernd Scharinger, der Verteidiger des 26-Jährigen eingangs. Der Angeklagte lebte laut eigener Aussage bis zum Sommer 2022 mit seiner Tochter und der Mutter des Kindes zusammen „Wir hatten ein schönes Leben“, sagte er vor Gericht. Seine Tochter sei kein ruhiges Kind gewesen, habe aber nur geweint, wie jedes andere Kind auch, wenn etwas nicht gestimmt habe. Er habe sich mit der Mutter des Kindes die täglichen Aufgaben geteilt und sie öfter vom Kindergarten abgeholt. Geschlagen habe er seine Tochter nie. Im Sommer 2023 habe er sich von der Mutter des Kindes getrennt, da diese sich mit einem anderen Mann getroffen habe.
Zeugin: Baby bekam schon kurz nach der Geburt Ohrfeigen vom Angeklagten
Anders schildert seine 23-jährige Exfreundin die Vorkommnisse. Sie habe den Angeklagten im Sommer 2022, also schon ein Jahr früher, aus der Wohnung geworfen, da „es nicht mehr ging“. Der 26-Jährige sie nie für seine Tochter dagewesen, hätte sich nicht um sie gekümmert. Auch vom Kindergarten habe er sie lediglich „ein oder zweimal“ abgeholt, sagte die 23-Jährige. „Wenn sie nachts geweint hat, habe ich mich immer beeilt, dass ich zuerst bei ihr bin, dass er sie nicht schlagen kann“, so die Mutter des Kindes weiter. Geohrfeigt habe er seine Tochter schon von Anfang an, zum ersten Mal etwa eine Woche, nachdem sie nach der Entbindung das Krankenhaus verlassen hatten. So hätten sich die ersten Vorfälle im Frühjahr 2020 zugetragen, als die Tochter nur wenige Wochen alt war.
Als die Kleine dann Laufen gelernt habe, sei sie wegen der Ohrfeigen des Angeklagten immer wieder hingefallen und habe sich blaue Flecken zugezogen, erläuterte die 23-Jährige. Diese hätten auch Erzieherinnen im Kindergarten bemerkt und sie darauf angesprochen. Sie habe dann gesagt, dass das Mädchen die Flecken am Rücken schon von Geburt an habe. Richter Alexander Krug verlas daraufhin eine Aussage einer Erzieherin. Diese hatte bei der Polizei ausgesagt, der Angeklagte habe das Mädchen sehr oft vom Kindergarten abgeholt. Die Begrüßung sei immer sehr herzlich gewesen und sie habe sich gefreut, wenn der Vater sie abgeholt habe.
Vergewaltigung: Schwere Vorwürfe gegen den Cousin
Anwalt Bernd Scharinger sprach die Angeklagte auf Fälle an, bei denen sie laut Polizei nicht die Wahrheit gesagt habe. Warum sie sich erst nach etwa eineinhalb Jahren dazu entschieden hatte, zur Polizei zu gehen, fragte Richter Alexander Krug. Denn man habe sich ja schon im Sommer 2022 getrennt, angezeigt hatte die 23-Jährige ihren ehemaligen Freund aber erst am 31. Dezember 2023. „Ich wollte erst zur Ruhe kommen und habe eine Zeit lang gebraucht. Denn man zeigt ja nicht jeden Tag jemanden an“, so die Zeugin. Der Auslöser sei ein Vorfall in der Nacht auf den 31. Dezember gewesen. In dieser Nacht sei der Cousin des Angeklagten bei ihr gewesen und habe sie vergewaltigt. Ihr Vater habe sie dann gedrängt, zur Polizei zu gehen.
„Hier steht Aussage gegen Aussage“, sagte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Das Geschehen könne sich zwar schon so zugetragen haben, wie die Zeugin es geschildert hat; allerdings seien die Gründe für die Anzeige nicht ganz schlüssig. „Auch weil man zwei Jahre zugeschaut hat und wir nichts Greifbares wie Fotos oder andere Dokumentationen haben“, sagte er weiter. Hier gelte der Grundsatz „in dubio pro reo“, im Zweifel für den Angeklagten. Deshalb sei der 26-Jährige freizusprechen. Rechtsanwalt Scharinger schloss sich diesem Antrag an.
Im Zweifel für den Angeklagten
Dem folgte Richter Alexander Krug in seinem Urteil und sprach den 26-Jährigen frei. „Wir können hier keine Aussage darüber treffen, was der Wahrheit entspricht“, sagte er zur Begründung. Es hätte sich so zugetragen haben können, wie die Zeugin es geschildert habe, könnte aber auch genau gegensätzlich passiert sein. Auch sei es vor allem um sexuelle Übergriffe gegen ihre Person gegangen. Die Schläge gegen das Kind seien nur ein „Zufallsprodukt“ der weiteren Ermittlungen gewesen, so Krug abschließend.
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