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Oettingen: Klinik-Protest in Oettingen: „Die Not ist groß“

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Klinik-Protest in Oettingen: „Die Not ist groß“

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    Krankenhaus-Mitarbeiter in Oettingen protestieren am Montag. Die Lage sei für die Pflege schon vor Corona nicht mehr akzeptabel gewesen, jetzt habe sich die Situation noch verschärft.
    Krankenhaus-Mitarbeiter in Oettingen protestieren am Montag. Die Lage sei für die Pflege schon vor Corona nicht mehr akzeptabel gewesen, jetzt habe sich die Situation noch verschärft. Foto: Verdi

    In Schwaben haben am Montag Beschäftigte der Kreiskliniken für mehr Personal protestiert. Sie traten vor ihre Einrichtungen, um der Forderung nach mehr Personal im Krankenhaus Nachdruck zu verleihen, teilt die Gewerkschaft Verdi mit. Die Lage in den Kliniken habe sich dermaßen verschärft, sagte eine Personalrätin, dass in den Krankenhäusern „Menschlichkeit und Warmherzigkeit“ verloren gehe. Die Not sei groß.

    Die Aktion in Oettingen war Teil eines Protests, an dem Beschäftigte in mehr als 100 Krankenhäusern in Deutschland beteiligt waren. Zeitgleich wurde in Berlin das „Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung“ im Bundestag angehört und laut Verdi erneut die Chance nicht genutzt, die Arbeitsbedingungen der Krankenhausbeschäftigten zu verbessern. Die Lagebeschreibungen des Personals fallen mitunter besorgniserregend aus. „Corona verlangt uns allen sehr viel ab. Die Lage für die Pflege war schon vor Corona nicht mehr akzeptabel – jetzt hat sich die Situation noch verschärft. Die Pflege flieht in Teilzeit oder sucht sich andere Nischen, wenn möglich, oder steigt ganz aus. Die Not ist groß“, sagte Martina Löschinger, stellvertretende Personalratsvorsitzende der Donau-Ries Kliniken in Donauwörth, und stellte konkrete Forderungen: „Die Pflege braucht mehr Zeit, mehr Verlässlichkeit, mehr Anerkennung, mehr Personal. Menschlichkeit und Warmherzigkeit geht unter der Belastung verloren! Die Grundlage für die Pflege, die Personaluntergrenzen, die derzeit gelten, sind nicht ausreichend. Sie stellen lediglich das Minimum dar.“ Der Appell an die Gesundheitsminister laute deshalb: Macht endlich was.“

    Protest der Kreiskliniken für mehr Personal

    Bereits vor mehr als einem Jahr hatten laut Verdi die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der Deutsche Pflegerat und die Gewerkschaft selbst gemeinsam ein Instrument für eine bedarfsgerechte Personalbemessung vorgelegt und sind damit einem Auftrag aus der konzertierten Aktion Pflege der Bundesregierung nachgekommen. „Wir sind das Spiel auf Zeit satt, das Jens Spahn spielt“, so Roman Martynez Gewerkschaftssekretär von Verdi: „In der Corona-Krise zeigt sich doch eindeutig, dass die Beschäftigten im Gesundheitswesen Arbeitsbedingungen benötigen, die ein Arbeiten bis zur Rente ermöglichen. Wir brauchen die Beschäftigten in Krankenhäusern doch und können sie nicht einfach verheizen, nur damit Krankenhäuser profitabel oder nicht defizitär sind!“

    Pflegekräfte halten die Belastung nicht mehr aus

    Sonja Kuban ist Gesamtpersonalratsvorsitzende des gemeinsamen Kommunalunternehmens (gKU) im Landkreis Donau-Ries und war am Montag in Oettingen beim Protest vor Ort. Die Aktion habe dort stellvertretend für das Personal aller Kreiskliniken stattgefunden. Im Gespräch mit unserer Redaktion schildert sie das grundsätzliche Problem mit den Personal-Untergrenzen im Detail. Diese seien auf ein Minimum ausgerichtet. Dauerhaft aber mit dieser Personalstärke zu arbeiten sei eine „riesengroße Belastung“, die viele nicht mehr aushielten. Zwar könne man die Arbeit noch bewältigen, aber nur unter großer Anstrengung. Das Personal verliere dadurch an Gelassenheit und könne nicht mehr so viel geben. Dabei sei genau diese Fürsorge so wichtig für die Patienten. Immer mehr Pflegekräfte würden wegen der Belastung ihre Arbeitszeit reduzieren. Auch Kuban richtet sich flehend an die Gesundheitsminister und hofft, dass sie das Problem endlich erkennen: „Die müssen was tun, sonst laufen uns die Leute davon.“

    Die Personalrätin stellt ebenfalls fest, wie sehr die Pandemie die Lage in den Krankenhäusern verschlimmere. Auch von Geld-Prämien oder Applaus habe das Personal langfristig nichts. Kuban sagt: „Wir wollen, dass die Leute gesund werden und gut versorgt werden.“ Sie fordert ebenfalls mehr Zeit für die Pflege, mehr Verlässlichkeit, mehr Anerkennung und mehr Personal. Sie ergänzt die Aufzählung auch um „mehr Selbstbewusstsein“. Die Pflegekräfte hätten „einen tollen Beruf und sind super ausgebildet“. Sie seien Experten und würden eine tolle Arbeit machen, hinter der man sich nicht verstecken müsse.

    Verdi kündigt weitere Aktionstage an, um die Forderung nach einer gesetzlichen Personalbemessung zu verstärken. „Wir beginnen auch in Bayern mit kleinen symbolischen Aktionen und werden in den nächsten Monaten unseren Protest bundesweit deutlich verbreitern“, teilt Martynez mit. Die Gewerkschaft wolle daran bis zur Bundestagswahl und den Koalitionsverhandlungen festhalten. Verdi verlangt von den Politikern eine Antwort, wie die Zukunft des Gesundheitssystems und damit auch die Arbeitsbedingungen der dort beschäftigten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen verbessert werden sollen. (mit pm)

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