Startseite
Icon Pfeil nach unten
Nördlingen
Icon Pfeil nach unten

Oettingen: Historischer Markt in Oettingen – eine Zeitreise in Gewändern

Oettingen

Historischer Markt in Oettingen – eine Zeitreise in Gewändern

    • |
    Stolz präsentieren die Teilnehmerinnen der historischen Nähstube in der Volkshochschule Oettingen ihre historischen Gewänder.
    Stolz präsentieren die Teilnehmerinnen der historischen Nähstube in der Volkshochschule Oettingen ihre historischen Gewänder. Foto: Dominik Durner

    Konzentrierter Blick, leichter Druck auf das Nähpedal, die Hände halten den Stoff fast verkrampft fest. Dann sagt Katharina Brunacker: "Oh nein, das ist zu kurz." Sie ist eine von sechs Teilnehmerinnen, die sich an diesem Donnerstagabend im Nähsaal der Volkshochschule Oettingen eingefunden haben. Das Ziel: rechtzeitig ein historisches Gewand für den historischen Markt vom 27. bis zum 29. Mai in der Residenzstadt zu fertigen. Leichter gesagt als getan.

    Aber von vorne. Seit Ende März findet in diesem Nähsaal jeden Donnerstag von 18 Uhr bis 21 Uhr eine Nähstube statt, unter der Leitung von Meisterschneiderin Elisabeth Bühlmeyer. Die sagt: "Es ist einfach toll, zusammen die Zeit zu verbringen und dabei auch noch mit den eigenen Händen etwas herzustellen." Mit den historischen Gewändern, meist Blusen, Röcke und Gürtel, könne man sich dann auf dem historischen Markt wirklich sehen lassen.

    Tanja Kipfmüller: "Ohne historisches Gewand fällt man schon auf"

    Das ist dort auch zwingend nötig. Tanja Kipfmüller wohnt in Gunzenhausen, kommt aber aus der Oettinger Gegend und war die vergangenen Male immer in Straßenkleidung unterwegs: "Ohne historisches Gewand fällt man da schon auf." Dass man die Bekleidung dann auch noch selbst nähe, motiviere noch mal ein Stück mehr. Denn der historische Markt bedeutet für die Residenzstadt eine Reise ins Mittelalter - auch wenn Bühlmeyer das gespalten sieht: "Jetzt ist es wirklich schön mit den ganzen Gauklern und Handwerkern, auch wenn ich die Musik nicht unbedingt brauche. Aber das Mittelalter selbst war mit Sicherheit keine schöne Zeit."

    Eine schöne Zeit haben dafür die Teilnehmerinnen des Nähkurses. Es wird viel gesprochen und gelacht, das Nähen geht fast wie von selbst. Fast; denn einige der Teilnehmerinnen haben keine besonderen Vorkenntnisse. Katharina Brunacker und Rebecca Fuchs stellen sich etwa jedes Mal dem Problem, sich aufs Neue in die Arbeitsschritte hineinzudenken und die richtige Reihenfolge der Nähschritte einzuhalten. "Wir haben die Routine nicht, um zu wissen, wann was kommt", pflichtet Tanja Kipfmüller bei.

    Elisabeth Bühlmeyer steckt die Träger für Lisa Oberhausers Mieder mit Nadeln ab.
    Elisabeth Bühlmeyer steckt die Träger für Lisa Oberhausers Mieder mit Nadeln ab. Foto: Dominik Durner

    Für Lisa Oberhauser ist vorwiegend die Schnitterstellung ein Problem. Zu Hause nähe sie bereits viel und gern, das sei also keine Herausforderung mehr. Aber: "Ich wollte etwas anderes als die klassische Bluse mit Rock." Deshalb entschied sie sich für ein Kleid, mitsamt Mieder und Überrock. "Man muss den fertigen Schnitt dann noch so hinbekommen, dass man reinpasst."

    Leinen und Baumwolle waren im Mittelalter die Stoffe der einfachen Leute

    Alle der Teilnehmerinnen arbeiten mit Leinen oder Baumwolle. "Das ist der Stoff der einfachen Leute", sagt Nähleiterin Elisabeth Bühlmeyer. Das sei auch ein Bezug zur Zeitreise, die man auf dem historischen Fest unternimmt. "Man sucht sich eher ein Gewand aus, das einen repräsentiert hätte", sagt die Meisterschneiderin. Das sei entsprechend bäuerliche Kleidung, sagt Bühlmeyer: "Das Extravagante aus Samt und Seide tragen wahrscheinlich die 'Hochwohlgeborenen' auf dem Fest, also der Bürgermeister und die Stadträte."

    Abseits des Prunks und Protzes der höfischen Gewänder sollten die einfachen Kleider des Mittelalters primär zweierlei sein: praktisch und robust. Das stellt sich heute genauso wie vor Hunderten Jahren in Form von weiter, luftiger Kleidung dar, eben aus Leinen oder Baumwolle. Robust habe es früher allemal sein müssen, sagt Bühlmeyer: "Hygiene war eher schwer, und viele haben für ihre Kleidung das genutzt, was sie hatten."

    Die Teilnehmerinnen des Nähkurses jedenfalls freuen sich darauf, Ende Mai auf dem historischen Markt ihre Gewänder präsentieren zu können. Vier Jahre sind seit dem letzten Mal bereits vergangen, Rebecca Fuchs und Katharina Brunacker freuen sich mittlerweile schon extrem: "Endlich findet wieder etwas statt, und dann kann man auch noch das selbst genähte Gewand präsentieren." Brunacker hat es letztlich übrigens noch geschafft, den Saum ihres Rockes auf die richtige Länge zu nähen - natürlich mit konzentriertem Blick.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden