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Nördlinger Mess' trotz Hochwasser: "Da hängen Existenzen dran"

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Mess' feiern neben dem Hochwasser? "Da hängen Existenzen dran"

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    Die Parkplätze auf der Nördlinger Mess' sind nicht zugänglich, dafür hat sich die Stadt nun eine Lösung einfallen lassen.
    Die Parkplätze auf der Nördlinger Mess' sind nicht zugänglich, dafür hat sich die Stadt nun eine Lösung einfallen lassen. Foto: Josef Heckl

    "Schatzi, schenk mir ein Foto", singt Mickie Krause am Dienstagabend im Festzelt auf der Mess'. Begeistert stehen die Besucherinnen und Besucher auf den Bierbänken, es wird geklatscht, gesungen, getrunken. Nur wenige Kilometer weiter kämpfen die ehrenamtlichen Helfer, die bis aus Italien angereist sind, gegen die Fluten eines Jahrhunderthochwassers. Menschen verlieren ihr Hab und Gut, bangen um ihr Zuhause. Zwei Welten, ein Landkreis. Denjenigen, die ihr Geld mit der Mess' verdienen, ist durchaus bewusst, wie es im benachbarten Landstrich aussieht. Und dass es alles anders hätte kommen können auf der Kaiserwiese.

    Denn am Samstagvormittag habe es in Nördlingen durchaus Nachfragen aus München gegeben, ob man die Mess' angesichts der aktuellen Lage wirklich durchziehen wolle, berichtet Oberbürgermeister David Wittner am Mittwoch. Zu diesem Zeitpunkt sei schon absehbar gewesen, dass wohl der Katastrophenfall für den Landkreis Donau-Ries ausgerufen werden müsse. Doch die Schausteller und Wirte hätten schon alles aufgebaut, Wittner betont: "Da hängen Existenzen dran." Den Umzug sagte man bekanntlich ab, der Bieranstich wurde ins Festzelt gelegt.

    Festwirtsfamilie selbst vom Hochwasser betroffen

    Das wird nun schon im dritten Jahr von den Schönigers bewirtet. Petra Schöniger musste in den vergangenen Tagen mehrere Stornierungen entgegennehmen. Doch sie hat dafür volles Verständnis und bangt mit den Menschen, wie sie bei der Halbzeitbilanz zur Mess' sagt. Denn nicht nur die Bürgerinnen und Bürger im südlichen Landkreis Donau-Ries kämpfen gegen die Fluten, auch die

    In Nordheim kämpfen die Bewohner um die Sicherung des Orts.
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    Während sich die Lage in Druisheim und Auchsesheim einigermaßen stabilisiert hat, kämpfen Freiwillige in Nordheim am Mittwoch gegen den steigenden Pegel

    Und sie spricht an, was wohl für viele Mess'-Besucher in den vergangenen Tagen ein Problem war: Die üblichen Parkplätze sind nicht nutzbar, weil die Wiesen aufgeweicht sind. Tourismus-Chef Daniel Wizinger berichtet, dass ein Landwirt am Samstag mehrere Autos rausgezogen habe. Mittlerweile hat man eine Lösung: Ab Donnerstag, 17 Uhr, wird ein Shuttle-Service angeboten. Wer zur Mess' möchte, parkt auf dem Döderlein-Parkplatz, am Bahnhof oder am Behelfsparkplatz Adamstraße. 

    Parkplätze auf der Mess': Shuttle-Service zur Kaiserwiese wird angeboten

    Vom Busbahnhof und dem Döderlein-Gelände gibt es alle 20 Minuten einen Bustransfer zur Kaiserwiese (konkret Bushaltestelle Autohaus Grimm), den das Unternehmen Schwarzer bedient. Der Shuttle-Service wird am Donnerstag bis 0.30 Uhr angeboten sowie anschließend zu folgenden Zeiten: Freitag 17 bis 0.30 Uhr, Samstag 11 bis 0.30 Uhr, Sonntag 11 bis 20 Uhr und Montag 17 bis 21 Uhr. Mit den Schwarzer-Bussen kann man sich in der Nacht auch ganz bequem in zahlreiche Ries-Gemeinden fahren lassen, wenn man möchte. Am vergangenen Wochenende allerdings, so berichtet Werner Schwarzer, habe man 60 Prozent weniger Tickets verkauft als noch im Jahr zuvor.

    Die Schausteller, Kaufleute und Gastronomen auf der Mess' berichten zur Halbzeit zwar, dass dieses Jahr nicht so gut laufe, wie das vergangene, vor allem wegen des verregneten Samstags. Doch die Sprecher verweisen auf die Lage im südlichen Landkreis. Andreas Pfeffer, Vizepräsident des Bundesverbandes deutscher Schausteller und Marktkaufleute, sagt etwa: "Natürlich gehen solche Ereignisse wie ein Jahrhunderthochwasser auch an uns nicht spurlos vorüber." Er betont, man könne auf dem Volksfest einmal für ein paar Stunden "den Wahnsinn der Welt" vergessen, abschalten. Froh und dankbar, dass die Mess' stattfindet, sind die Marktkaufleute, wie Sprecher Uwe Kohler sagt. Ähnlich äußert sich Josef Diebold, der im schwäbischen und deutschen Schaustellerbund in führender Position tätig ist.

    OB Wittner sagt, die Mess' ist eine Gelegenheit, dem Alltag zu entfliehen

    Sternekoch Jockl Kaiser, der auf der Kaiserwiese das Weinzelt hat, hofft, dass man den verregneten Samstag noch aufholt. "Ich denke, es werden noch gute Tage werden", meint der Geschäftsführer des Fürst Wallerstein Brauhaus, Reinhold Holz. Christian Maier vom gleichnamigen Biergarten äußerst Verständnis, wenn jemand in diesem Jahr nicht nach Mess' ist: "Es kommt auch wieder anders." Karl Bosch berichtet von der RVA, dass eine gute Stimmung herrsche. Auf der Kaiserwiese gehe es so friedlich wie selten zu, berichtet Manuel Harner vom privaten Sicherheitsdienst.

    Fahrgeschäfte, Nachtaufnahmen, Mess', Nördlingen
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    Unser Fotograf Josef Heckl hat sich am Sonntagabend zur Nördlinger Mess' begeben und beeindruckende Aufnahmen auf der Kaiserwiese gemacht.

    Das sagt auch der Chef der Nördlinger Polizei, Andreas Schröter. Nur eine einzige Körperverletzung habe man im Zusammenhang mit der Mess' im Stadtgebiet registriert. Jedoch: "Die knackigen Tage kommen erst noch." Dann werden die Polizistinnen und Polizisten der Nördlinger Inspektion auch wieder von Kräften von außerhalb unterstützt. Die waren am Wochenende in den Hochwasser-Gebieten gebraucht worden. 

    Oberbürgermeister David Wittner sagt, die Menschen würden die Mess' in diesem Jahr dankbar annehmen. Weil das Volksfest eine Gelegenheit sei, dem Alltag zu entfliehen. Dankbar ist auch der Rathauschef selbst. Weil es eben kein Hochwasser in der Stadt gibt, weil es überhaupt möglich ist, auf der Kaiserwiese zu feiern: "Wir leben hier im Ries in einem gesegneten Landstrich." Man versuche, die Helferinnen und Helfer in den Hochwassergebieten zu unterstützen. Unter anderem in der Schillerhalle und in der Turnhalle in Kleinerdlingen sind Retter untergebracht. Im Nördlinger Ortsteil hätten Bürgerinnen Kuchen vorbeigebracht, berichtet Wittner. Und die Buben und Mädchen des Kindergartens kamen vorbei, um den Rettern ein Ständchen zu singen. 

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