Seit sechs Jahren ist Karl Soldner aus Baldingen im Ruhestand. Genauso, wie viele seiner Bekannten. Die meisten von ihnen sagen: „Wir sind noch relativ gut dran.“ Oder „Für uns langt es noch.“ Die Rente reicht zum Leben, die meisten gehen sogar vor dem eigentlichen Eintrittsalter in den Ruhestand, nehmen Abschläge in Kauf. „Die, die bis 65 gearbeitet haben, kann man an einer Hand abzählen“, sagt Soldner, der auch Ortsvorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes ist. Doch die Zukunft macht den Menschen Sorgen. Wird das Geld reichen? Wie viel Rente bekomme ich noch, wenn das Niveau weiter absinkt? Und was ist mit meinen Kindern?
Fragen, die der Vorsitzende des VdK-Ortsverbandes Nördlingen, Günter Wernhard, immer wieder hört. Wer die Zahlen anschaut, der erkennt: Schon jetzt müssen viele Menschen mit wenig Rente auskommen. Wernhard sagt, dass Männer, die im vergangenen Jahr in Bayern neu in den Ruhestand eingetreten sind, im Durchschnitt 1049 Euro pro Monat erhalten. Bei Frauen sieht die Sache deutlich prekärer aus: Sie bekommen im Schnitt lediglich 616 Euro Rente. Zum Vergleich verweist der Nördlinger auf die sogenannte Armutsgefährdungsschwelle. Die liegt bei einem Ein-Personen-Haushalt bei 1025 Euro. Die Konsequenz aus diesen Zahlen: Senioren sind besonders von Armut betroffen. Im Landkreis Donau-Ries bekommen derzeit schon 276 Rentner Grundsicherung, teilt das Landratsamt mit.
Ganz offensichtlich haben auch die Verantwortlichen in Berlin das Thema erkannt, zuletzt traf man sich zu Gesprächen Anfang der Woche. Die Union hat die Idee ins Spiel gebracht, die Rente an die Lebenserwartung zu koppeln. Damit müssten die Menschen eventuell länger arbeiten, als nur bis 67. Die CSU will die Mütterrente ausweiten. Doch wie soll das finanziert werden – wenn es ab 2030 voraussichtlich weniger Beitragszahler gibt als jetzt, stattdessen aber mehr Rentner? Wernhard vom Nördlinger VdK hat Vorschläge: Selbstständige, Freiberufler, Beamte und die Abgeordneten müssten auch in die Rentenkasse miteinbezogen werden. Er fordert die Politiker auf, sich etwas einfallen zu lassen. „Die Rentenversicherung ist ein Generationenvertrag. Es muss etwas geschehen, sonst sind die Jungen die gelackmeierten.“
Dass sieht auch der Regionalgeschäftsführer des DGB in Schwaben, Helmut Jung, so. Die Absenkung des Rentenniveaus müsse unbedingt gestoppt werden. Aktuell liegt es bei knapp 48 Prozent, könnte aber in den nächsten Jahren auf 43 Prozent absinken. Zudem plädiert auch der Gewerkschafter dafür, dass Selbstständige und Beamte in das System einzahlen sollten. Was Jung stört, ist, dass aus dem Rententopf auch noch anderes abgedeckt wird: Reha-Maßnahmen beispielsweise – „die sollte man mit Steuern bezahlen“. Gerade die Geringverdiener dazu aufzufordern, sich selbst privat für den Ruhestand abzusichern, hält er zudem für falsch. Schließlich würden die Beiträge für eine finanziell gute Rente die Möglichkeiten dieser Menschen übersteigen: „Wir brauchen eine paritätisch finanzierte Rente.“
DGB-Ortsvorsitzender Soldner sagt übrigens, viele Bekannte seien nicht aus gesundheitlichen Gründen eher in den Ruhestand gegangen. Früher habe die Arbeit noch Spaß gemacht. Doch heutzutage gebe es zu viel Druck auf die Mitarbeiter.