Der Batteriehersteller Varta baut als Folge einer finanziellen Schieflage weltweit mehr als 800 Stellen ab. Das teilt der Konzern nach einer Betriebsversammlung am Dienstagabend mit. Gesprächsrunden über die Ausgestaltung der Maßnahmen an den einzelnen Standorten sind bereits vereinbart. In Nördlingen wird zudem geprüft, inwieweit eine zweite Phase der Kurzarbeit beantragt werden kann. Die erste endet Ende Mai.
Varta streicht Stellen und prüft, ob die Kurzarbeit verlängert wird
Mehr als 400 der Vollzeitstellen entfallen durch das Ende befristeter Verträge, weil sich Beschäftigte neu orientieren und weil Personal an internationalen Standorten abgebaut wird. Das bedeutet, dass Varta in den nächsten beiden Jahren rund 390 Stellen streicht. Damit werden 2023 in Nördlingen, Dischingen und Ellwangen rund 240 Personen nicht weiterbeschäftigt. Varta zufolge sollen nächstes Jahr weitere rund 150 Arbeitsplätze an internationale Standorte verlagert werden.
„Wir sind uns unserer Verantwortung gegenüber unseren Beschäftigten und der Region bewusst und nehmen diese, besonders in der derzeitigen wirtschaftlich unsicheren Phase, sehr ernst", wird Geschäftsführer und Vorstandssprecher Dr. Markus Hackstein am Dienstagabend in einer Mitteilung des Unternehmens zitiert. Varta habe den klaren Anspruch, die Vorgaben des Restrukturierungsplans so zu gestalten, dass die Zukunft des Unternehmens abgesichert ist und gleichzeitig möglichst viele Arbeitsplätze erhalten bleiben. Sprecher Christian Kucznierz sagte in einem Gespräch am Mittwoch, dass somit weltweit 3800 Stellen gesichert werden sollen.
An die soziale Verantwortung wurde die Geschäftsführung auch von IG-Metall-Gewerkschaftssekretärin Juliane Deak erinnert, die am Dienstag bei der Betriebsversammlung teilgenommen hat. Sie sagte am Mittwoch im Redaktionsgespräch, dass nicht nur der Stellenabbau für Sorgen und Unsicherheit sorge, sondern auch die Tatsache, dass eine Verlängerung der Kurzarbeit geprüft werde. Sie betonte allerdings, dass sie das Mittel der Kurzarbeit andererseits sehr schätze, weil während dieser Phase betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen seien. Sollten sich die Auftragsbücher füllen, sei sie sich sicher, dass die Zeiten wieder besser werden. Gerade dann aber werde der Batteriehersteller das Personal brauchen. Besonders wichtig sei daher die Kommunikation.
Der Fachkräftemangel ist laut Deak in der Region so spürbar wie nie. "Wenn heute jemand geht, hat er morgen zwei neue Jobmöglichkeiten", sagte sie auf die Frage, wie der Markt für diejenigen sei, die nicht weiterbeschäftigt werden. Aber viele Beschäftigte hätten den Aufbau des Nördlinger Standorts eng begleitet, der als einer der modernsten von Varta gelte. Sie würden sich mit dem Unternehmen identifizieren und hätten in der Firma soziale Kontakte.
Nicht alle Unternehmensbereiche von Varta sind vom Personalabbau betroffen. Der Unternehmensteil, der Speicherlösungen produziert, könnte angesichts weiter hoher Nachfrage sogar ausgebaut werden, erklärt der Varta-Sprecher.
Varta verzeichnet 2022 herbe Verluste
Eigentlich hätten am Mittwoch die offiziellen Quartalszahlen mitgeteilt werden sollen. Bereits im März waren sie verschoben worden, als Grund gab Varta die Abstimmungen im Restrukturierungsprozess ab. Nächster Veröffentlichungstermin ist Freitagabend, 28. April, nach 18 Uhr. „Grund für die Verzögerung ist der zusätzliche organisatorische Aufwand für die Erstellung des Jahresabschlusses, ausgelöst durch das kürzlich vorgelegte Restrukturierungskonzept und die notwendige Zustimmung der Gremien der finanzierenden Banken“, heißt es von Varta in einer Ad-hoc-Mitteilung am Dienstagabend.
Vermeldet wurden jedoch erste Eckdaten aus dem Jahresabschluss 2022. Nach vorläufigen Zahlen beläuft sich der Umsatz auf etwa 806,9 Millionen Euro und ist damit im Plan. Das bereinigte Ebitda, also das Ergebnis vor Steuern ohne außergewöhnliche Kosten, ist mit 69,5 Millionen Euro höher als die Prognose. Am Ende steht jedoch ein herber Verlust in den Büchern. Unter dem Strich fuhr Varta ein Minus von rund 200 Millionen Euro ein. Der Bau einer neuen Fabrik in Nördlingen ist damit erst einmal hintangestellt. Nördlingens Oberbürgermeister David Wittner sagte: "Damit ist der Druck für den Moment raus." Gerade im Stadtteil Löpsingen sorgten die Pläne für Unmut.