Die lange schwarze Dampflok mit Baujahr 1939 tutet laut, als sie am Dienstag, an Mariä Himmelfahrt, kurz vor 13 Uhr in den Nördlinger Bahnhof einfährt. Der historische Sonderzug „Gerd Müller“ hat rund 500 Fahrgäste aus München nach Nördlingen gebracht, wo die Gäste im Rahmen einer Stadtführung auch die neue Statue des „Bombers der Nation“ besichtigen konnten. Das Event, das das Bayerische Eisenbahnmuseum veranstaltet hat, bot etwas für Fußballfans, für Interessierte an historischen Eisenbahnen und für klassische Städtereisende.
Auch die Fahrgast-Waggons aus den 1950ern und 1960ern sind historisch, sie gehörten früher zu einem D-Zug. Als sich deren Türen nach dem Einfahren öffnen, ergießt sich der Gästestrom über den Bahnsteig, zwischendrin sieht man immer wieder FC-Bayern-Trikots und das Vereinsabzeichen herausspitzeln.
Bayernbahn organisierte Fahrt von München nach Nördlingen
Einer der Münchner Besucher auf dem Bahnsteig ist Jürgen Ludwig, auch er trägt ein FC-Bayern-Polohemd. Er ist mit seiner Frau und seinen beiden kleinen Kindern gekommen. Als Mitglied des FC Bayern, erzählt er, habe er eine Mail vom Verein erhalten, in der für die Sonderfahrt in Gerd Müllers Geburtsstadt geworben worden sei. Die Gerd-Müller-Statue habe er bereits auf Fotos gesehen. Da er zugleich Modelleisenbahnen mag, freue er sich auch auf den Besuch des Eisenbahnmuseums, das ebenfalls auf dem Programm steht, und auf die Altstadt. Am Bahnhof warteten bereits an die zehn Stadtführer der Tourist-Information auf die Gäste – der Zug hatte 45 Minuten Verspätung – um in Gruppen loszuziehen.
Das Bayerische Eisenbahnmuseum in Nördlingen hatte die Fahrt mit den historischen Zügen organisiert – beziehungsweise die Bayernbahn als Tochterunternehmen des Eisenbahnmuseums, das für den Betrieb der Lokomotiven auf den Schienen zuständig ist. Von München nach Augsburg fuhren die Gäste mit einer elektrischen Schnellzug-Lokomotive des Museums aus den 1950er Jahren, die den Strom aus den Oberleitungen bezieht und die rund 120 Stundenkilometer fährt, wie Museumsleiter Ekkehard Böhnlein erklärt. Die Lok komme auf historischen Fahrten immer mal wieder zum Einsatz.
Historische Lokomotive stammt aus den 1930er Jahren
In Augsburg stiegen die Gäste auf die Dampflok 41018 um, die sie bis nach Nördlingen brachte. Die Dampflok werde mit Öl angeheizt, was Ende der 1930er Jahre der neueste Stand der technischen Entwicklung gewesen sei, erklärt Böhnlein. In den letzten Jahren des Dampfbetriebs sei das eine große Erleichterung gewesen, da der Heizer keine Kohle mehr schaufeln, sondern nur noch den Hahn aufdrehen musste. Bei der eingesetzten Dampflok 41018 handle es sich um die letzte Dampflok dieser Baureihe, sagt Böhnlein, und sie stehe im Museum „Bahnpark Augsburg“. Die Lok ist im Eigentum einer Interessengemeinschaft, einem kleinen Verein aus Dampflok-Liebhabern, der diese Lok finanziere und unterhalte.
Die Lok 41018 sei eine der letzten Dampflokomotiven, die bei der Bundesbahn eingesetzt worden seien, bis 1977 – danach sei sie privat aufgekauft und revidiert worden, letztes Jahr habe die Hauptuntersuchung stattgefunden. Die Fahrt nach Nördlingen ist eine der größeren Fahrten, die die Lok unternimmt, in Augsburg sei sie zuletzt auf kürzeren Strecken, etwa an den Ammersee, eingesetzt worden. Für die Nutzung der Gleise auf der historischen Fahrt muss der Veranstalter eine Trassengebühr an das Infrastrukturunternehmen der Deutschen Bahn entrichten. In der zweiten Klasse betrug der Preis für den gesamten Ausflug pro Erwachsener 75 Euro.
Die Idee zu der Fahrt, sagt Böhnlein, sei bei einem Treffen von Museumsmitarbeitern mit der Stadtverwaltung Anfang dieses Jahres entstanden. Nachdem die Gerd-Müller-Statue im November 2022 eingeweiht worden war, habe man überlegt, wie die Verbindung zwischen München, dem sportlichen Wirkungsort Müllers, und Nördlingen als seinem Geburtsort vertieft werden könnte. Mariä Himmelfahrt sei als Termin bewusst gewählt worden, da aufgrund des katholischen Feiertags in München mehr Gäste zusammenkämen, die in Nördlingen, wo die Läden hingegen geöffnet haben, auch einkaufen und essen gehen könnten. So profitierten auch der Einzelhandel und die Gastronomie.