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Nördlingen: Poetryslam in Nördlingen – von Warteschleifen und „Männchen im Kopf“

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Poetryslam in Nördlingen – von Warteschleifen und „Männchen im Kopf“

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    Jonas Pan (hinten v. li.), Moderator Jens Hoffmann, Emely Strauß, Iris Zeilmann-Wagner, Xenia Stein, Anton Betz; Ronja Hurler (vorne v. li.), Richard König (Sieger) und Silke Böhm.
    Jonas Pan (hinten v. li.), Moderator Jens Hoffmann, Emely Strauß, Iris Zeilmann-Wagner, Xenia Stein, Anton Betz; Ronja Hurler (vorne v. li.), Richard König (Sieger) und Silke Böhm. Foto: Anton Kutscherauer

    Eine treue Fangemeinde für das Literaturformat Poetry-Slam hat sich mittlerweile in Nördlingen gebildet, denn auch die dritte Veranstaltung in diesem Jahr war bis auf den letzten Platz ausverkauft. Diesmal fand das beliebte Event in einem Kinosaal der Movieworld

    Nach der musikalischen Einstimmung mit dem Liedermacher-Duo „Jante“ stellte Moderator Jens Hoffmann die Regeln des „Dichter-Wettstreits“ vor: Die Kandidaten tragen bei einem Zeitlimit von sieben Minuten ausschließlich selbst verfasste Texte ohne jegliche Hilfsmittel vor. Der Gewinner wird am Ende vom Publikum gekürt, denn Dauer und Intensität des Beifalls entscheiden über Sieg oder Niederlage. 

    Drei Kandidaten stammen aus Nördlingen

    Dass die Slammer-Szene sich in Nördlingen etabliert hat, lässt sich auch daran ablesen, dass gleich drei Kandidatinnen des achtköpfigen Teilnehmerfeldes aus der Riesmetropole stammen. Die Probanden traten in einem Duell und zwei Triellen, also Dreierwettkämpfen, gegeneinander an, wobei sich die jeweiligen Sieger für das Finale qualifizierten.

    In der ersten Spielrunde setzte sich Jonas Pan aus Tübingen durch, der mit seinem Text „Christbaumkugeln und klatschende Eier“ aus heiterer Perspektive eine Vasektomie beschrieb. Knapp geschlagen geben musste sich Iris Zeilmann-Wagner aus Georgensgmünd, die bei „Die Krux mit den Geschenken“ humorvoll auf diverse Fallstricke verwies, welche - eigentlich gutgemeinte - Zuwendungen mit sich bringen.

    Newcomerin Ronja Hurler macht das Rennen im zweiten Durchgang

    Den zweiten Durchgang eröffnete Xenia Stein aus Tübingen, die in „Feuer“ die Sorgen und Nöte einer Hausfrau und Mutter schilderte, bevor Anton Betz, ebenfalls aus Tübingen, die Schwierigkeiten beim Verfassen eines Slam-Textes beschrieb („aus dem Nichts mit einem Stift“). Das Rennen in dieser Gruppe machte die Nördlinger Newcomerin Ronja Hurler, die in „Klischee Nr. 26“ uns als ein Volk von Besserwissern und Sicherheitsfanatikern entlarvte: „Deutsche machen alles anders – und zwar aus Prinzip!“

    Den Startschuss zur dritten Runde setzte Emely Strauß aus Nördlingen mit ihrem Text über den Stellenwert von Freundschaft, in welchem sie ihre Freunde als „Lieblingshelden“ einstufte. Es folgte Richard König aus Schwäbisch Hall, der in „Kaleidoskop“ einen Beziehungsstreit als „heftigste Achterbahnfahrt“ deklarierte, bevor die dritte Nördlingerin im Feld, Silke Böhme, in „Warteschleife“ ihre irrwitzigen Erlebnisse bei Telefonaten schilderte – vor allem, wenn der Gesprächspartner ein Computer ist. Weil auch eine zweimalige Befragung des „Applaus-o-meters“ keine Entscheidung brachte, zogen sowohl Richard als auch Silke ins Finale ein.

    Kopf-an-Kopf-Rennen im Finale des Nördlinger Poetry Slams

    Darin stellte Jonas Pan die grundgesetzlich verankerte Würde des Menschen mit einer selbst erlebten Abschiebung in Zusammenhang, ehe Ronja Hurler in ihrem launigen Beitrag der Frage „Wie werde ich beliebt und was sagt Google dazu?“ nachging. Richard König berichtete witzig von den permanent widerstreitenden „zwei Männchen in meinem Kopf“ und Silke Böhme ließ mit „Lactose-Intoleranz“ die Besucher nahezu fühlbar miterleben, welche Qualen unverträgliche Lebensmittel im menschlichen Körper hervorrufen können.

    Wie in der Vorrunde gab es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden Letzteren, das erst in einem Stechen zugunsten von Richard König entschieden wurde. Damit sicherte er sich nicht nur den Sieg in diesem Rieser Poetry Slam, sondern durfte als Sonderpreis auch ein originelles Bild der Zeichnerin Steffi Philipp entgegennehmen, das sie während der Veranstaltung angefertigt hatte. Silke Böhme durfte sich damit trösten, dass sie sich mit ihrem zweiten Platz für die Bayerischen Poetry-Slam-Meisterschaften 2024 in Bamberg qualifizieren konnte.

    Trotz der enormen Resonanz – alle drei Veranstaltungen dieses Jahres in Nördlingen waren ausverkauft – steht der Poetry-Slam vor Problemen. Aus organisatorischen und wirtschaftlichen Gründen wird der nächste Slam voraussichtlich erst im August 2024 in der Alten Bastei stattfinden.

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