Startseite
Icon Pfeil nach unten
Nördlingen
Icon Pfeil nach unten

Nördlingen: OB Wittner über Tempo 20: "Von den Schwächsten her gedacht"

Nördlingen

OB Wittner über Tempo 20: "Von den Schwächsten her gedacht"

    • |
    In der Nördlinger Altstadt gilt jetzt Tempo 20 statt 30. Dies hatte der Stadtrat im Rahmen seines Verkehrskonzeptes beschlossen. Dieses Foto wurde für eine bessere Lesbarkeit gespiegelt.
    In der Nördlinger Altstadt gilt jetzt Tempo 20 statt 30. Dies hatte der Stadtrat im Rahmen seines Verkehrskonzeptes beschlossen. Dieses Foto wurde für eine bessere Lesbarkeit gespiegelt. Foto: Jan-Luc Treumann

    Susanne Bruckmeyer dreht sich um, als sie am Donnerstag am Schild rund 80 Meter vor dem Baldinger Tor aus der Stadt vorbeiläuft: Sie wolle nur schauen, ob die Schilder schon angebracht wurden, nachdem unsere Redaktion berichtet hat, dass nun Tempo 20 in der Nördlinger Altstadt gelte. In der Tat stehen die Schilder schon, nur am Boden vor manchem Tor ist noch eine 30 auf den Asphalt gepinselt. Wie der OB die Maßnahme begründet und wie die Polizei den Verkehr mit geringerem Tempo bewertet.

    Dass jetzt Tempo 20 in der Innenstadt gilt, findet Bruckmeyer aus Nördlingen in Ordnung. "In der Hallgasse schießen sie manchmal raus", an anderen Stellen könne es sich dagegen kaum bemerkbar machen – bei den Kornschrannen herrsche mit der Parkplatzsuche eh viel langsamer Stop-and-go-Verkehr. Bruckmeyer selbst wohnt in der

    Eine Bürgerin sagt, es gebe keine großen Wege in der Nördlinger Innenstadt

    Corinna Florian-Dischinger habe die neuen Schilder am ersten Tag noch gar nicht gesehen, sagt sie, als sie ihre Vespa an der Schranne abgestellt hat: "Damit bin ich eh langsam unterwegs." Doch das meiste erledige sie zu Fuß. Sie könne sich gut vorstellen, dass die Autos auch ganz aus dem Zentrum verbannt würden – vor Arztpraxen gebe es sowieso keinen Parkplatz, und den Großeinkauf erledige man nicht in der Innenstadt. "Im Urlaub sind im Sommer in anderen Städten auch die Innenstädte gesperrt. Nördlingen ist keine Weltmetropole, in der es lange Wege gibt", so Florian-Dischinger.

    Auch vor den Stadttoren ist Tempo 20 ausgeschildert.
    Auch vor den Stadttoren ist Tempo 20 ausgeschildert. Foto: Jan-Luc Treumann

    Als Johann Schulig am Donnerstag in die Innenstadt gefahren ist, habe er kurz gestutzt: "Haben wir Tempo-20-Zone?" Man sei die 30 eben gewöhnt, "ich weiß nicht, was an 20 schöner als an 30 sein soll." Tempo 30 fand er nicht schlecht, so dauere es jetzt eben länger, bis er aus der Innenstadt raus sei "als wenn ich mit 20 durchbummle".

    Tempo 20 wurde in Altstadt ohne große Diskussion eingeführt

    Im Juni hat der Nördlinger Stadtrat ein diverse Punkte umfassendes Verkehrskonzept beschlossen, am Mittwoch wurden die Schilder angebracht. Oberbürgermeister David Wittner räumt ein, dass er, als er die Tage etwas mit dem Auto transportiert habe, sich auch daran erinnern habe müssen, dass nun Tempo 20 gelte: "Für die Auswärtigen ist es einfacher, die eher aktiv schauen, was gilt. Jene, die die Strecke gewohnt sind, schauen nicht mehr so aktiv auf die Schilder."

    Im Verkehrskonzept sei über viele Themen diskutiert worden, auch kontroversere, Tempo 20 sei letztlich ohne große Diskussionen beschlossen worden. Wittner erklärt noch einmal, weshalb dies nun eingeführt wurde. Der Stadtrat wolle einen Paradigmenwechsel vollziehen, "den wir in der jetzigen Diskussion von den schwächsten Verkehrsteilnehmern her gedacht haben". Die ganze Altstadt bilde ein breites Spektrum ab, Wohnen, Gastronomie, Handel, Ärzte. Das bleibe alles zugänglich. 

    Aber Fachbüros hätten einen hohen Durchgangsverkehr ermittelt, den man nicht in der Kernstadt haben wolle, "der auch dem Handel nichts nutzt. Man muss sich von dem Gedanken lösen, wo viele Autos fahren, dass da viel Geschäft generiert werden kann." Stark befahrene Straßen wie Reimlinger und Berger Straße seien in den vergangenen Jahren nicht unbedingt die besten für den Handel gewesen. Man wolle die Wohnqualität für die Bewohnerinnen und Bewohner verbessern, genauso wie die Sicherheit für Menschen mit Rollator, für Kinder in Schulen und Betreuungseinrichtungen. "Viele Menschen sind zu Fuß unterwegs, sie haben es verdient, hier sicher unterwegs sein zu können."

    Wittner kündigt Kontrollen für Tempo 20 an

    Und wie sieht die Polizei Tempo 20? Nördlingens Vize-Polizeichef Werner Mäder sagt, die Verkehrsteilnehmer müssten sich erst einmal daran gewöhnen. Welchen Effekt das geringere Tempo habe, könne man vielleicht nach einem halben Jahr sagen. Einen Unfallschwerpunkt gebe es in der Innenstadt aber nicht. Ein Grund dafür sei die Rechts-vor-links-Regelung. "Die beruhigt automatisch den Verkehr", sagt Mäder. Für Fußgänger könne es sich aber angenehmer anfühlen, wenn die Autos einen Tick langsamer fahren.

    Die Überwachung führt nicht die Polizei, sondern das Ordnungsamt durch. Wittner schildert, dass man zunächst kulant sei, aber dann scharf messen werde: "Regeln funktionieren nur, wenn die Einhaltung überprüft wird." Ab wann das sein wird, will er aber nicht verraten, die Menschen sollten sich schließlich sofort daran halten. Die Stadt werde noch Geschwindigkeitsanzeigen und Messstellen aufbauen. Die würden auch immer mal wieder versetzt werden, wo genau die Anzeigen aufgestellt werden, obliege dem

    Wittner schildert, dass man einen sehr umfangreichen Beteiligungsprozess zum Verkehr durchgeführt habe: Daher wundere er sich, wenn mancher nun behaupte, nicht gehört worden zu sein. Der frühere Stuttgarter OB Manfred Rommel habe einmal gesagt: "Die Summe der Einzelinteressen ergibt nicht das Gemeinwohl, sondern Chaos." Das gelte insbesondere auch für den Verkehr, so Wittner. 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden