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Nördlingen: Nach dem Tod ihres Mannes führt Marion Böhm das Movieworld weiter

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Nach dem Tod ihres Mannes führt Marion Böhm das Movieworld weiter

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    Zwar gelten in den Nördlinger Kinos noch immer Hygieneschutzmaßnahmen wegen des Coronavirus, aber ab 1. Juli gibt es offiziell endlich wieder Filme im Nördlinger Movieworld und im Riestheater in der Altstadt zu sehen. Marion Böhm freut sich auf den Neustart, der für sie jedoch eine ganz andere Bedeutung hat.
    Zwar gelten in den Nördlinger Kinos noch immer Hygieneschutzmaßnahmen wegen des Coronavirus, aber ab 1. Juli gibt es offiziell endlich wieder Filme im Nördlinger Movieworld und im Riestheater in der Altstadt zu sehen. Marion Böhm freut sich auf den Neustart, der für sie jedoch eine ganz andere Bedeutung hat. Foto: Verena Mörzl

    Marion Böhm sitzt vor dem Movieworld in Nördlingen, als ein brauner UPS-Transporter hält. Sie trägt ein knielanges schwarzes Kleid, ärmellos, mit braunem Gürtel. „Da kommen meine Filme“, sagt sie, steht auf, nimmt dem Fahrer die handlichen Kartons ab, in denen man vielleicht Flyer vermutet, aber Kinofilme? Auf Rollen werden die längst nicht mehr abgespielt, erzählt sie. In den Kartons sind Festplatten, Catweazle in der Neuauflage mit Otto Waalkes zum Beispiel. Und ja, es ist nicht zu übersehen: Nach Monaten der Schließung werden auch in

    Theoretisch hätte die 35-Jährige schon früher öffnen können. Aber Filme habe es kaum gegeben, viele der Produktionen seien verschoben worden. Klassiker hätte sie zeigen können, das ja, aber ohne Popcorn. Verzehrverbot. So einigten sich auch die Kino-Verbände bundesweit auf einen einheitlichen Start.

    Ab dem 1. Juli öffnen bundesweit die Kinos wieder, auch in Nördlingen geht es ab Donnerstag offiziell los. Vorige Woche startete der Moviegarden und vereinzelt wurde bereits Filme im Kino gezeigt.
    Ab dem 1. Juli öffnen bundesweit die Kinos wieder, auch in Nördlingen geht es ab Donnerstag offiziell los. Vorige Woche startete der Moviegarden und vereinzelt wurde bereits Filme im Kino gezeigt. Foto: Verena Mörzl

    Wie es im Nördlinger Movieworld weitergeht

    Mal davon abgesehen: Marion Böhm hat die Zeit gebraucht, um nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes im Alter von 47 Jahren im Februar vieles zu regeln. Familiär, geschäftlich. Wobei sie da kaum eine Grenze ziehen könne, erzählt sie.

    Inzwischen sind die drei Kinos (Riestheater und Movieworld Nördlingen sowie das Movieworld in Gunzenhausen) umfirmiert worden. Jetzt könne sie den Neuanfang wagen. „Ich freue mich auf meine kommenden Aufgaben und werde versuchen, mit viel Respekt in die Fußstapfen meines Mannes zu treten. Aber ich sag mal so, kleine Füße habe ich nicht.“ Dazu werde sie von allen Seiten unterstützt: von Freunden, Familie, Mitarbeitern und den Geschäftspartnern ihres Mannes. Das Movieworld, so sagt sie, hätte er nicht besser hinterlassen können.

    Für die Kinogäste ändert sich ab Juli im Vergleich zum Corona-Vorjahr nur wenig. Nur jeder zweite Platz und nur jede zweite Reihe dürfen weiterhin besetzt werden. Es gibt zwar eine Maskenpflicht am Platz. Wenn man aber beispielsweise Popcorn esse, dürfe die Maske abgenommen werden. „Es wird nicht vorgeschrieben, wie lang man an seinem Popcorn essen soll“, sagt die zweifache Mutter. Anders als 2020 dürfen allerdings Gruppen von bis zu zehn Personen aus verschiedenen Haushalten zusammensitzen. Von den Lieferengpässen bei Popcorn sei das Kino nicht betroffen. „Teilweise gibt es saftige Preiserhöhungen, es wird sich bei mir aber preistechnisch nichts ändern“, versichert Marion Böhm.

    Neues geplant: Moviegarden und möglicher Anbau

    In den drei Kinos soll alles vorerst so weitergehen, wie es Johannes Böhm aufgebaut hat. Doch seine Frau will auch ihre eigenen Ideen einfließen lassen. Eine davon ist in Nördlingen bereits seit voriger Woche zu sehen. Freitag, Samstag und Sonntag ist der sogenannte „Moviegarden“ geöffnet, ein reiner Biergarten vor dem Kino, der in Kooperation mit dem Caterer „Rieser Bruzzler“ betrieben wird. Marion Böhm ist zwar inzwischen Kinobetreiberin. Rund 18 Jahre aber hat sie in der Gastronomie gearbeitet. Mit dem Projekt will sie versuchen, auch in Sommermonaten mehr Gäste ins Kino zu bringen.

    Vielleicht werden Besucher im Movieworld auch bald weit mehr als Filme sehen können. Die 35-Jährige stellt sich vor, Betriebsversammlungen auf eine Leinwand zu übertragen. Außerdem denkt sie über einen Anbau am Kino nach, eventuell für einen Veranstaltungsraum.

    Es ist ein großes Paket, das Marion Böhm zu tragen hat, das weiß sie. Aber mit ihrer zehnjährigen Tochter habe sie ausgemacht, dass sie jeden Tag zumindest versuchen würden, gut, lustig und glücklich zu gestalten. „Er fehlt, er fehlt an jeder Ecke, ganz klar. Aber irgendwann muss man das akzeptieren.“ Sie könne ja nichts ändern. „Es wird mit der Zeit nicht besser, aber es wird leichter. Ich habe wirklich eine tolle Familie, die Tag ein Tag aus dagewesen ist“, schildert sie.

    Nach dem Tod ihres Mannes führt eine 35-Jährige seine Kinos weiter

    Ihre neue Aufgabe helfe ihr. „Jetzt geht es los und dann fängt der richtige Alltag an. Dann muss ich meine drei Ks unter einen Hut bekommen, sage ich immer: Kinder, Küche, Kino.“ Manche Entscheidung, so empfindet es die Trochtelfingerin, müsse sie dennoch nicht ganz allein treffen. So habe sie nicht gewusst, wie sie die Firmen umbenennen soll. Aus Zufall habe sie auf dem Rechner ihres Mannes ein Dokument gefunden. Alles sei bereits geregelt gewesen. Alle notarielle Namensänderungen standen in der PDF-Datei. Sie fand das Schreiben an dem Tag, als sie den Notartermin hatte. Das sei für sie so gewesen, als sei er doch irgendwie da, erinnert sie sich. So ging es ihr häufiger.

    Wenn der UPS-Fahrer im Herbst halten wird, das weiß Marion Böhm schon jetzt, gibt es für sie Grund zur Freude: Nach mehrfachem Verschieben kommt endlich der neue James Bond in die Kinos. Und überhaupt: „Es kommt ein gutes Kinojahr auf uns zu, was die Filme betrifft.“

    Mehr aber noch als auf das restliche Kino-Jahr freut sie sich auf zwei Wochen in den Sommerferien – diese Zeit gelte nur ihren Kindern.

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