Kurz bevor Tobias Rossbergers Vater gestorben ist, hat er seinen Sohn angerufen. Vom Schreibtisch aus. Auf diesem Tisch stapelt Tobias Rossberger heute Briefe, bedient den Rechner und wirft zwischendurch einen Blick auf die Monitore, mit deren Hilfe er seine Taxiflotte vor der Tür überwacht. Es war ein Herzinfarkt, der den Vater kurz nach dem Anruf am 10. Januar unerwartet aus dem Leben gerissen hat. Der Arzt hat Tobias erklärt, dass sich da irgendwas im Papa drin wie ein Knoten gelöst hat. Als Trost bleibt ihm, dass sein Vater nicht hat leiden müssen: Als der Infarkt eintritt, stirbt er sofort.
Was ebenfalls bleibt, sind Termine im Jahreskalender, die eine Bedeutung gehabt hätten: Im Juli wäre Tobias Rossbergers Vater 60 Jahre alt geworden. Im April hätte Tobias Rossberger seinen Vater als Geschäftsführer von Taxi Rossberger am Standort Nördlingen abgelöst. Der Vater hätte dann kürzertreten wollen, hätte nur noch im Hintergrund mitgearbeitet. Ganz aufhören, von einem Tag auf den anderen, hätte er nicht geschafft nach Jahren der Selbstständigkeit.
Eigentlich wollte Tobias Rossberger den Standort Nördlingen leiten
Harald Rossberger leitet sein Taxiunternehmen 33 Jahre und sechs Tage lang, erzählt Tobias Rossberger. 1991 fängt er mit einem einzigen Taxi an. Wenn Tobias Rossberger an seine Kindheit zurückdenkt, sieht er einen Vater, der Tag und Nacht beschäftigt ist. Der auch im Sommer beim Campen in Italien einen Laptop dabei hat, um die Abende mit Buchhaltung zu füllen. Es war nicht alles schlecht, sagt Tobias Rossberger. Er und seine Schwester seien schnell selbstständig geworden. Aber wer eben zu viel in die Arbeit hineingibt, hat wenig von seiner Familie. Und wer zu viel Zeit für die Familie aufbringt, bei dem leidet die Arbeit, so sieht das Tobias Rossberger. Sonst muss man eben die Branche wechseln.
Sein Vater habe ihn nie gedrängt, in das Taxiunternehmen einzusteigen. Heute ist er trotzdem in da. Nachdem er ein paar Jahre Lastwagen fährt, übernimmt er die Büroarbeit bei seinem Vater. Vor sechs Jahren steigt er dann voll ein. 2019 kaufen Vater und Sohn ein Taxiunternehmen in Donauwörth dazu. Darüber, dass Tobias Rossberger das Unternehmen einmal übernehmen würde, sprechen Vater und Sohn nie. Der Vater war ja erst 52, als Tobias Rossberger dazukommt.
Taxiunternehmen aus Donauwörth dazugekauft
Eigentlich will der Sohn nur die Geschäfte für den Standort Nördlingen leiten. Dann kommt der Tod in die Familie und Tobias Rossberger wird über Nacht zum Chef von Donauwörth und Nördlingen. Er sagt: "Das Bestattungsunternehmen hat meinen Papa abgeholt und ich habe im Büro gesessen." Für Trauer bleibt keine Zeit, heute, fünf Monate später ,hat er noch keinen Urlaubstag genommen. Die ersten Mitarbeiter verlassen kurz nach Harald Rossberges Tod das Unternehmen, Tobias Rossberger vermutet, dass sie ihm die Leitung nicht zutrauen. Er ist gerade 31 Jahre als geworden. Und tatsächlich ist er anfangs überfordert und will beide Firmen verkaufen. Er muss sich um die bürokratischen Angelegenheiten des Vaters kümmern, muss Verträge ummelden, GEZ, Finanzamt, Strom.
Der Tod von Harald Rossberger kommt in einer Zeit, als sich das Taxiunternehmen gerade von der Pandemie erholt und die Benzinpreise sich wieder bessern. Dafür schießen die Werkstattkosten in die Höhe. Vom Taxidienst alleine kann Taxi Rossberger heute nicht leben. Tobias Rossberger und sein Team fahren Menschen zur Physiotherapie, in die Reha und in die Krankenhäuser von Donauwörth, Aalen und Augsburg. Manche Reha-Patienten fährt Tobias Rossberger bis nach Hamburg oder Österreich. Die Menschen, die er zur Chemotherapie bringt, nennt er "meine Krebspatienten".
Vom Taxifahren allein kann Tobias Rossberger heute nicht leben
Tobias Rossberger fährt Blut und Laborergebnisse nach München und zurück, Gepäck von Radreisenden in verschiedenen Hotels und erledigt Kurierdienste. Und in Paris war er für eine Urlauberin aus Donauwörth. Die Lage ist wieder besser geworden. Soweit, dass sich Tobias Rossberger im Sommer Urlaub nehmen will. Wie es in Zukunft weitergeht, darüber macht er sich keine Gedanken. "Die Welt befindet sich im Wandel, man weiß nicht, was passiert. Man muss einfach das Beste draus machen", sagt er.