Bereits um 9 Uhr morgens betritt Oberbürgermeister David Wittner mit Rudolf Backof, Thomas Hahn und Arnold Hanschek ein Sitzungszimmer in der Touristen-Information in Nördlingen. Mit dabei: ein etwa 2500 Unterschriften umfassendes und – laut Backof – neun Kilogramm schweres Paket als Ergebnis einer Bürgerinitiative zur Verlegung des Standorts der geplanten Gerd-Müller-Statue. Erst zwei Stunden und 15 Minuten später schreiten die vier Protagonisten wieder zur Tür heraus und verkünden das Ergebnis ihrer Verhandlungen: Die etwa lebensgroße Figur aus Bronze, mit denen der "Bomber der Nation" in seiner Heimatstadt Nördlingen verewigt werden soll, könnte nun möglicherweise an einem Kompromissstandort erstrahlen – und das innerhalb der Stadtmauern. Dennoch wird die Statue wohl nicht zum geplanten Zeitpunkt am 15. August aufgestellt werden können.
Der Anlass für den sich anbahnenden Kompromiss war der überraschende Besuch von Uschi Müller, Witwe der Nördlinger Ikone. Müller zeigte sich am vergangenen Wochenende von den Standorten am Berger Tor und dem Gegenvorschlag der Bürgerinitiative an der Stadtbibliothek wenig begeistert. Stattdessen brachte sie die Kreuzung Herrengasse und Bergerstraße als Alternative ins Spiel – die laut Wittner vonseiten der Stadt, aber auch von der Bürgerinitiative sehr positiv aufgenommen wird. „Wir sehen jetzt alle einen Weg, wie man den monatelangen Konflikt zu einem für alle Seiten zufriedenstellenden Ergebnis bringen kann“, sagt Wittner im Gespräch mit unserer Redaktion.
Die Bürgerinitiative kann weiterhin über einen Bürgerentscheid bestimmen
Zumindest vorerst schwelt dieser Konflikt aber noch weiter. Weil die gesammelten Unterschriften trotz Aussicht auf einen Kompromiss von den Initiatoren eingereicht wurden, liegt die Handlungshoheit weiterhin auf der Seite der Bürgerinitiative, ob es zu einem Bürgerentscheid über den Standort kommt. Im Zuge der Verhandlungen wurde allerdings eine Zusatzvereinbarung unterschrieben. In der heißt es, dass die Bürgerinitiative in Aussicht stelle, das Bürgerbegehren zurückzuziehen. Dafür müsse aber laut Backof zunächst das Begehren formal geprüft und der Kompromissstandort in der Stadtratssitzung am kommenden Donnerstag offiziell beschlossen werden. "Es fehlen noch genaue Details zum neuen Standort, aber es sieht gut aus", sagt Backof.
Etwa zweieinviertel Stunden verhandelten die beiden Parteien für diese Zusatzvereinbarung, zwischendurch gaben David Wittner und Rudolf Backof unabhängig voneinander kurze Zwischenstände. Als Wittner dem Initiativen-Trio für interne Besprechungen den Raum überließ, waren die drei laut Oberbürgermeister noch uneinig, ob sie das Begehren mit der Aussicht auf einen Kompromiss überhaupt einreichen sollten. Wenig später meldete Backof, dass er "stur bleiben" und das Begehren "durchbringen" wolle.
Die unterschriebene Zusatzvereinbarung könnte vor diesem Hintergrund also als Kompromiss zum Kompromiss bezeichnet werden. Im Anschluss an die Unterzeichnung und das eingereichte Bürgerbegehren hebt Oberbürgermeister David Wittner deshalb das Engagement und den langen Atem der Initiatoren hervor: "Sie können stolz darauf sein, was Sie erreicht haben."
Kompromisslösung ein "gutes Ergebnis für alle Seiten"
Thomas Hahn von der Bürgerinitiative gibt sich ebenfalls zufrieden: "Es ist ein gutes Ergebnis für alle Seiten." Mit der Kompromisslösung würden außerdem die ersten beiden der drei ursprünglichen Punkte des Begehrens erfüllt: "Zum einen weg vom Berger Tor, zum anderen hinein in die Altstadt." Lediglich der endgültige Standort würde abweichen – Punkt drei des Begehrens sah explizit die Verlegung der Statue vor die Stadtbibliothek vor.
Wie es nun weitergeht, hängt von der Entscheidung des Stadtrats am kommenden Donnerstag, 23. Juni, ab. Einen Makel könnte es aber selbst dann geben, wenn der Wunschstandort der Familie Müller umgesetzt werden sollte: Weil auch der neue Standort zunächst geprüft und im Anschluss die Planung aufgestellt werden muss, wird die Statue laut Oberbürgermeister Wittner höchstwahrscheinlich nicht zum ersten Todestag Gerd Müllers aufgestellt werden können.