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Nördlingen: Interview zur OB-Stichwahl in Nördlingen: Höhn versus Wittner

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Interview zur OB-Stichwahl in Nördlingen: Höhn versus Wittner

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    Steffen Höhn (links, CSU) und David Wittner gehen bei der Stichwahl um das Amt des Oberbürgermeisters ins Rennen.
    Steffen Höhn (links, CSU) und David Wittner gehen bei der Stichwahl um das Amt des Oberbürgermeisters ins Rennen. Foto: Szilvia Izsó

    Soziale Kontakte meiden: Das ist das Gebot der Stunde in der Coronavirus-Krise. Allerdings wird nach aktuellem Stand, der Pandemie zum Trotz, am 29. März ein neuer Oberbürgermeister in Nördlingen gewählt. Bei der Stichwahl treten Steffen Höhn (CSU) und David Wittner (PWG) gegeneinander an. Das Interview haben wir via Videochat beziehungsweise per Telefon mit beiden Kandidaten gleichzeitig geführt.

    Herr Höhn, Herr Wittner, wie trifft Sie die Coronavirus-Krise?

    Höhn: Wie wahrscheinlich alle Menschen im Moment. Die Kinder sind daheim. Wir haben allerdings ein kleines Baby, meine Frau ist zu Hause, daher ist die Betreuung gesichert. Im Büro gibt es nur eingeschränkte Dienste. Wir versuchen den Kontakt mit Familien und Freunden zu halten und Ruhe zu bewahren.

    Wittner: Auch bei uns sind die Kinder zu Hause. Unser Kleinster hatte am Dienstag Geburtstag. Das war schon traurig, weil alles von den Kontakteinschränkungen überschattet war. Aber wir versuchen, unseren Beitrag zu leisten.

    Der derzeitige Stillstand kommt für ein Nördlinger Großprojekt zur Unzeit. Die Bundesförderung für das Hallenbad ist an einen strikten Zeitplan gebunden, der jetzt schwer einzuhalten sein wird.

    Wittner: Was mittlerweile eingetreten ist, haben die wenigsten vor einer Woche so erwartet. Jetzt eine finale Aussage über dieses Projekt zu machen, ist unseriös. Alles wird davon geprägt sein, was uns finanziell nach dieser Krise erwartet.

    Höhn: Aktuell rücken solche Dinge einfach in den Hintergrund. Nichts- destotrotz steht das Hallenbad auf unserer Prioritätenliste ganz oben. In die Zukunft zu blicken ist aber tatsächlich unseriös.

    Wenn die Geschäfte länger geschlossen bleiben, Betriebe nur eingeschränkt oder gar nicht arbeiten können, wird sich das auf die Stadtfinanzen auswirken. Welche Konsequenzen werden Sie als OB ziehen?

    Höhn: Ich denke, wir sollten klare Signale, etwa im Bereich der Gewerbesteuer, setzen – nämlich, dass es keine Erhöhungen geben wird, eher eine Absenkung. Zudem kann man den Betrieben mit Steuerstundungen entgegenkommen.

    Wittner: Bereits heute gibt es die Möglichkeit, dass Betriebe ihre Steuern stunden können. Ich denke, die Konsequenzen werden die Stadt, den Kreis und den Bezirk erst in zwei, drei Jahren treffen – und dann bedeutet das Druck auf die Haushalte. Die Gewerbesteuer werden wir keinesfalls erhöhen.

    Wo setzen Sie Schwerpunkte, wenn es ans Sparen geht?

    Wittner: Wir müssen zunächst einmal unsere Pflichtaufgaben erfüllen. Probleme könnte es im Bereich der freiwilligen Leistungen geben, bei der Förderung von Vereinen, Kultur- oder Freizeiteinrichtungen. Auf der anderen Seite wird das gesellschaftliche Leben durch die Coronakrise hart getroffen. Wir sollten die Investitionen tätigen, die die heimische Wirtschaft stärken.

    Höhn: Natürlich wird man mit dem Stadtrat gemeinsam eine Priorisierung machen. Ganz wichtig sind aus meiner Sicht Projekte wie Schulen, Kinderbetreuung und das Hallenbad. Da können wir auch Aufträge an die lokale Wirtschaft vergeben. Ein großes Parkhaus auf dem Döderlein-Gelände ist für mich nicht vorstellbar. Wir müssen uns auf das Wesentliche fokussieren.

    Am härtesten trifft es in diesen Tagen den Handel. Nördlingens Altstadt lebt aber von diesen Geschäften. Was werden Sie als OB tun, um den Geschäftsinhabern zu helfen?

    Höhn: Für uns alle ist diese Krise auch eine Lehre. Sie zeigt uns, wie wichtig die lokalen Geschäfte sind – die Apotheke um die Ecke etwa – und die lokale Produktion. Bei uns gibt es noch Landwirtschaft, Mühlen, einen funktionierenden Markt. Ich könnte mir vorstellen, dass die Stadt nach der Coronakrise Sondermarkttage anbietet.

    Wittner: Im Moment ist es ganz wichtig, dass man nicht wie wild im Internet einkauft, sondern sich zurückhält, bis man wieder beim inhabergeführten Geschäft in der Stadt einkaufen kann. Bei der Gastronomie ist es ja ganz ähnlich. Die kann man damit unterstützen, dass man etwas abholt.

    Doch was tun Sie konkret, wenn Sie OB werden, Herr Wittner, Herr Höhn?

    Wittner: Was wir angesichts der fehlenden Einnahmen der Händler tun können, habe ich gerade skizziert. Bleiben also noch die fortlaufenden Ausgaben. Wenn es zulässig wäre, könnte die Stadt beispielsweise Bürgschaften übernehmen.

    Höhn: Mit den Sondermarkttagen kann man schnell das soziale Leben wieder ankurbeln. Wichtig ist, dass man den Leuten bewusst macht, dass wir vor Ort gut versorgt sind. Diese Rückfallebene brauchen wir auch. Mit dem Stadtmarketingverein könnte man eine gezielte Kampagne für den lokalen Handel machen. Das Bewusstsein in der Bevölkerung ist jetzt hoch.

    Zurück zum Sparen. Ein Projekt, dass schon vor der Krise auch wegen der hohen Kosten in der Kritik stand, war der Anbau an die Grundschule Mitte.

    Höhn: Wir von der CSU hatten bei diesem Thema immer andere Vorstellungen und sehen uns jetzt bestätigt. Man kann eine einfachere Version wählen. Aber dieses Projekt wurde vom Stadtrat bereits verabschiedet. Wenn man sich das noch einmal anschauen will, muss der neue Stadtrat mitziehen.

    Wittner: Der Raumbedarf ist da. Wir sind uns da einig, beim Projektsteuerer und bei den Standards kann man sicher sparen. Aber die CSU-Lösung auf der grünen Wiese wäre noch teurer gewesen.

    Höhn: Das bezweifle ich. Und sie wäre auch nicht auf der grünen Wiese gebaut worden, sondern an der Squindostraße und hätte auch die Erweiterung der Mittelschule miteinbezogen. Aber da wurden jetzt schon Fakten geschaffen.

    Wittner: Das Delta zwischen Neubau und zwei Erweiterungen wurde jetzt sicher geringer. Ich bin über den ganzen Prozess unglücklich.

    Umstritten war in Nördlingen zuletzt auch das Egerviertel.

    Wittner: Wir brauchen dringend neuen Wohnraum, Coronakrise hin oder her. Ich bleibe bei meiner Position zu diesem Projekt: Ja – aber altstadtverträglich.

    Höhn: Es gibt verschiedene Mitglieder der PWG, die gegen dieses Projekt sind. Von Dir, David, habe ich das so noch nicht gehört. Ich begrüße es, wenn der Investor jetzt eine Bürgerbeteiligung anstrebt. Ich habe das im Vorfeld vonseiten der Stadt vermisst.

    Wittner: In der PWG gibt es den Grundsatz der Pluralität, da darf jedes Mitglied seine Meinung vertreten. Ich bürge nicht dafür, was jedes einzelne Mitglied äußert. Dass bei der Bürgerinformation in der Schranne nur der Investor gesprochen hat, sehe ich negativ. Es hätte einen neutralen Moderator von der Stadt geben müssen.

    Höhn: Pluralität ist ja ok. Aber es ist der Eindruck entstanden, der Wittner baut das ganz anders. Du hast Dich aber immer sehr gemäßigt geäußert. Am Ende entscheidet sowieso der Stadtrat über den Bebauungsplan.

    Wenn Sie OB werden, was wollen Sie für die Stadtteile erreichen?

    Höhn: Für uns ist die Ausschreibung von Sanierungsgebieten in den Ortsteilen ganz wichtig. Damit können Hausbesitzer – so wie in der Altstadt auch – das Geld, das sie in Sanierungen investieren, von der Steuer absetzen. Der Stadtrat hat das eigentlich auch schon beschlossen, nur umgesetzt wurde es bislang nicht. Zudem wollen wir weitere Baugebiete nach Bedarf vor Ort schaffen. Die Dorfschulen und die Kindergärten wollen wir nicht nur erhalten, sondern auch gut ausstatten. Wir setzen auf Nö mobil in Sachen Öffentlicher Personennahverkehr. Die CSU hatte schon immer eine gute Partnerschaft mit den Vereinen.

    Wittner: Mich stört, dass es immer noch heißt „Nördlingen und die Ortsteile“ – obwohl wir schon seit den 70er-Jahren eins sind. Da wird so viel Konkurrenz geschürt, das finde ich ungut. Auf der anderen Seite muss man genau hinhören, was den Leuten vor Ort wichtig ist. Wir hatten die Idee, Ortsteilbudgets einzuführen oder auch Bürgerbudgets.

    Wie geht es für Sie in den kommenden Tagen weiter?

    Wittner: Ich werde ansprechbar sein, wenn bei den Bürgern noch Punkte offen sind. Ich glaube, in der derzeitigen Situation ist das, was mir oft als Nachteil ausgelegt wurde – dass ich aus der Verwaltung komme – eher eine Stärke. Ich bin in die Prozesse im Rathaus eingebunden, kann also nahtlos anknüpfen.

    Höhn: Wenn Du jetzt sagst, dass Du so weitermachst, dann bin ich beunruhigt. Als weltweit Einrichtungen geschlossen haben, wurde in Nördlingen noch darüber diskutiert, ob man den Frühjahrsmarkt absagt. Ich hätte mir viel früher ein klares Signal aus dem Rathaus gewünscht, eine Hotline. Im Krisenfall muss man handeln. Die Frage darf nicht sein „Wer ist zuständig?“, sondern „Wer ist vor Ort da?“.

    Wittner: Aber genau das passiert doch, es werden Gespräche geführt und Entscheidungen in der Reihenfolge getroffen, wie sie anstehen. Der Katastrophenfall wurde ja auch erst am Montag ausgerufen.

    Höhn: Die Verwaltung verwaltet. Wir brauchen jemand, der aktiv neue Wege geht.

    Wittner: Die Krise gibt die Wege vor. Da ist es nicht verkehrt, die internen Strukturen zu kennen.

    Höhn: Die Krise gibt nichts mehr vor, wenn man proaktiv reagiert. Aber da bekommt man natürlich Gegenwind. Das muss ein OB aushalten.

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