Ein wenig ist am späten Montagnachmittag noch am Unterstand für Fahrgäste auf Gleis fünf am Nördlinger Bahnhof gewerkelt worden, damit an diesem Dienstag alles passt: Denn nun ist ganz offiziell der barrierefrei umgebaute Zukunftsbahnhof, wie ihn die Bahn nennt, eröffnet worden. Der Aufzug funktioniert, es gibt eine Rampe, Bodenleitsysteme sind angebracht: Im Jahr 2021 hat die Deutsche Bahn den Umbau des Nördlinger Bahnhofs begonnen. Insgesamt zwölf Millionen Euro investieren Bund, Freistaat, DB und die Stadt Nördlingen dafür. Nun ist der Bahnhof (fast) fertig.
Als „Schmuckstück“ bezeichnete Heiko Büttner, Konzernbevollmächtigter der DB in Bayern, den neuen Bahnhof. Es sei schön, den neuen Bahnhof einzuweihen, wenn auch mit etwas Verspätung. Büttner schilderte, dass in Bayern zwar rund 80 Prozent der Reisenden einen barrierefreien Zugang zur Bahn hätten – das sei aber natürlich die große Anzahl an Menschen, die in Ballungsräumen unterwegs ist. Im ländlichen Bereich „haben wir ein deutliches Nachholbedürfnis“, deswegen sei er um jeden weiteren barrierefreien Bahnhof froh.
Barrierefreier Bahnhof in Nördlingen trägt das Label „Zukunftsbahnhof“
So ein Bahnhof ermögliche Teilhabe, vielleicht sogar ein Grundrecht auf Mobilität. Davon profitiere die gesamte Gesellschaft, auch Personen mit Kinderwägen und Ältere. Der Bahnhof Nördlingen trägt künftig das Label „Zukunftsbahnhof“ – laut Büttner bedeute das Folgendes: Vorplatz, Empfangsgebäude, Verkehrsstation – das sei alles aus einem Guss. Funktionalität und Aufenthaltsqualität kämen hier deutlich besser zusammen. „Das erleben auch die Fahrgäste: mit anderen Gestaltungselementen, mit mehr Wetterschutz.“
Ein solches Gestaltungselement ist etwa in der Unterführung zu den Gleisen zu sehen: eine abstrakte Darstellung der Nördlinger Stadtmauer mit Verbindungen zu umliegenden Städten.
Ulrich Lange äußert sich zu Kritik an der Riesbahn
Bundestagsabgeordneter Ulrich Lange schilderte eine Anekdote zur Barrierefreiheit: Als er erfahren habe, dass der Aufzug funktioniere, habe er bei der Fußball-EM im Sommer dann sogar das Spiel Spanien-Deutschland sausen lassen, um sich das anzuschauen. Lange sagte, man habe mit dem Bahnhof ein Areal gestaltet. Unter Oberbürgermeister Paul Kling habe das mit dem Parkhaus begonnen, wurde später mit dem Bahnhofsgebäude und einem Aufenthaltsbereich für Bahnreisende fortgesetzt und nun stehe am Abschluss die Barrierefreiheit.
Eines wolle er betonen: Man habe hier nun ein „Top-Ambiente“ und mit dem Fahrplanwechsel sei er zuversichtlich, dass es wieder einen relativ regulären Verkehr gebe. 2016 habe es keinen Takt für Pendler zwischen Donauwörth und Aalen gegeben, die Züge hätten in Nördlingen gestoppt. „Inzwischen haben wir Taktverkehr“, mit Anschluss in Aalen nach Stuttgart und alle zwei Stunden einen durchgehenden Zug nach München. Dazu gebe es ein sehr gutes Umsteigeangebot in Donauwörth. „Es kann keiner sagen, die Region sei abgehängt. Weder der Landkreis ist abgehängt, noch das Ries ist abgehängt.“ Wer wirklich Bahnfahren wolle, der könne das. Viele Kritiker würden das gar nicht so häufig tun.
Elektronisches Stellwerk in Nördlingen soll Ende März 2025 fertig werden
Auch für die Stadt Nördlingen sei es ein freudiger Tag, so Oberbürgermeister David Wittner. Im Juni 2021 habe beim Spatenstich hier noch ein großer Kieshaufen gestanden. Es sei eine anspruchsvolle Baustelle gewesen, exemplarisch stehe dafür der Aufzug. „Der Bahnhof ist barrierefrei. Wenn man das ganze Areal anschaut, ist viel passiert.“ Es sei eine Gemeinschaftsleistung aller Beteiligten gewesen. Nun hoffe Wittner, dass der Betrieb stabil laufe: „Diese Verkehre sind ein wichtiger Standortfaktor für eine Region. Es ist etwas, das die Leute bei uns nachfragen, aber auch Betriebe vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels immer stärker nachfragen.“
Viele Menschen seien auf einen barrierefreien Bahnhof angewiesen, aber auch für alle anderen sei es angenehm. Schön sei zudem, dass die alten Handelswege in der Visualisierung in der Unterführung ihren Platz gefunden hätten: „Es zeigt auch durchaus den Anspruch, den wir in der Region haben: gut angebunden zu sein – obwohl wir im ländlichen Raum sind.“
Im Gespräch mit unserer Redaktion schilderte Büttner, dass das elektronische Stellwerk Ende März 2025 in Betrieb gehen soll. Auf die Frage, ob man künftig personell breit genug aufgestellt sei, meinte Büttner: „Wer ist heute in der Personalsituation breit genug aufgestellt, um alles abfangen zu können?“ Bei einer großen Krankheitswelle könne er nicht ausschließen, dass es zu Schwierigkeiten komme. Dennoch: „Wir haben alles dafür getan, dass wir die Schichten vollumfänglich besetzen können.“ Das elektronische Stellwerk ermögliche es, Personal einzusparen, zudem sei es attraktiver für die Menschen, in einem modernen Stellwerk zu arbeiten. „Und, deswegen machen wir es hauptsächlich: Wir haben einen stabileren Zugverkehr.“ Noch kommen soll auch ein Vordach auf Gleis vier, ein genaues Datum dafür kann aber nicht genannt werden.
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