Ein Julitag in Nördlingen: Das Quecksilber auf dem Thermometer klettert immer weiter in die Höhe. Nur wenige Menschen schlendern träge durch die Fußgängerzone, viele vermeiden die pralle Sonne und ruhen sich im Schatten hoher Bäume aus. Oder sie tummeln sich in Scharen unter Sonnenschirmen vor den Eisdielen, tropfende, farbenfrohe Kugeln vor sich. Es gibt ein H-Wort, das allen auf der Zunge liegt: Oh, diese Hitze …!
Kühl drängt ein klimatisierter Schwall aus einer sich öffnenden Ladentür gegen eine Wand aus drückend heißer Luft. Ein kaum merklicher Windhauch lässt vor den Schaufenstern helle Sommerkleider flattern, dunkle Brillengläser blitzen in der Sonne auf. Mit den ersten Schweißperlen auf der Stirn verlangt der Körper nach Abkühlung, das Ziel heißt: Kneippanlage.
Auch im Ries stöhnt man über die Hitzewelle im Sommer 2023
Enttäuscht verweilt dort eine Großmutter mit ihrem Enkel: Aus dem Brunnen mit Wasserspiel am Daniel sei am Nachmittag kein Wasser gekommen, erzählt sie. Daher habe ihr Weg sie zum weniger zentralen Kneippbecken geführt. Deutlich näher in der Innenstadt liegen zwar Doktor-Oetker-, Krieger- und Marktbrunnen, doch die böten zu wenig Spielgelegenheit für Kinder.
Obwohl "weit vom Schuss", sei die Kneippanlage eine "schöne Alternative", findet die Oma. Warum nur, so fragt sie, gebe es nur eine einzige davon - nämlich am "Naturwasser" der Stadt? Die Eger mache etwa beim Wasserzugang an der Rosswette einen extra Brunnenbau, Strom oder Pumpen ebenfalls unnötig. Selbst bei extremer Trockenheit wäre die Erfrischungsgelegenheit benutzbar, da dort kein Trinkwasser einzusparen ist.
An öffentlichen Brunnen störten sich manche am Kinderlärm
Mit ihrem Hund spaziert eine andere Nördlingerin durchs Kneipp-Becken. Sie wünscht sich mehr Ausweichmöglichkeiten zu den bestehenden Wasserstellen an der Eger. Ratten gebe es an einer davon, zu rutschig sei eine andere, so sind ihre Erfahrungen. Für eine Hundewiese mit Wasser würde die Hundebesitzerin bereitwillig Eintritt bezahlen. Bisher gebe es ein besseres Angebot erst außerhalb der Stadtmauer.
Die dort mäandernde Eger zieht ein Vater aus Kleinerdlingen ebenfalls vor: Am Brunnen vor dem Daniel verärgere das Kreischen der Kinder, die dort auch mal nackig spielen, die Eiscafé-Besucher nebenan. Ein Wasserspielplatz für den Nachwuchs, gut erreichbar und schattig, fehle da noch zum erfrischenden Glück. Als Impulsgeber für Neuerungen rät ein Großvater der Stadt zu mehr Austausch mit anderen Kommunen. Das lohne sich, findet er.
Zum "Wohlfühlort" hatte im vergangenen Jahr der Wettbewerb „Wohlfühlplätze. Fußgänger:innenfreundliche Stadt- und Dorfplätze“ den Wasserspielplatz erklärt: Die „Oase“ für Anwohner und Touristen in der "hochverdichteten historischen Altstadt" komme in "hohem Maße der Allgemeinheit zugute".
Hitze: Trinkwasserbrunnen in der Startphase noch mit Ausfällen
Erfrischt vom Storchenschritt durch den Fluss, setzt jedoch langsam Durst bei den Kneippenden ein. Den stillen die Nördlingerinnen und Nördlinger schnell mal zu Hause. Doch Gästen bleibt nur, ein Getränk im nächsten Laden zu kaufen – oder? Kostenloses Wasser spenden seit Mai zwei Trinkwasserbrunnen, je einer vor der Tourist-Information und dem RiesKraterMuseum. An Plätzen, "wo viele Gäste vorbeikommen", so Pressesprecherin Christina Atalay, sollten die Brunnen "vor allem denen, die nicht heim können, um ihre Flasche aufzufüllen", kostenlose Abkühlung bieten.
Fahrradfahrer seien bislang die deutlichsten Befürworter, berichtet Daniel Wizinger, Leiter für Nördlinger Tourismus und Veranstaltungen. Positiv seien aber alle Rückmeldungen, anhand derer die Stadt über die Anschaffung zusätzlicher Brunnen entscheiden wolle, erklärt Atalay, im besten Fall erneut gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Klimaschutz.
Kühlender Schatten: Stadt will mehr Grün schaffen
Doch oberhalb beider Brunnen hängt in dieser Woche das gleiche Schild: "Außer Betrieb." Auf Knopfdruck sprudelt kein Wasser hervor. Seit Aufstellung der Brunnen testen die Stadtwerke Nördlingen jeden Freitag die Wasserqualität, weiß Atalay. Diesmal sei die Verkeimung so hoch gewesen, dass beide Brunnen abgeschaltet werden mussten. "Außer Betrieb" blieben sie, bis das Wasser unbedenklich sei, "schnellstmöglich" sollte es dann wieder fließen. Das fordert sogar das Wasserhaushaltsgesetz der Bundesregierung seit Januar: "Die der Allgemeinheit dienende Wasserversorgung" sei "Aufgabe der Daseinsvorsorge" für Kommunen.
Zusätzliche "Abkühlung von innen" garantiert der Nördlinger Tourismuschef in sämtlichen Eisdielen samt weiterer Gastronomie. Einen kleinen Verdauungsspaziergang danach im "natürlichen Schatten" der Bäume sieht Wizinger in den Nördlinger Parkanlagen gegeben: Neben Frickhinger-Anlagen, Bäumlesgraben und Schneidt'schem Garten böten auch Sportpark und Marienhöhe Schattenplätze. "Sehr bestrebt" stehe der Stadtrat geschlossen hinter der Absicht, mehr Grünflächen im neuen Verkehrskonzept zu schaffen, so Atalay. Damit wolle die Stadt der Klimaerwärmung Rechnung tragen. Schließlich wird es nicht der letzte heiße Julitag gewesen sein …