Mahnwache in Nördlingen setzt ein Zeichen für den Frieden
In Nördlingen findet auf dem Marktplatz eine Mahnwache statt. Hintergrund ist der Ukraine-Krieg. OB Wittner sagt, die Rieser werden einen langen Atem brauchen.
Die Angst und die Trauer sind manchmal einfach übermächtig. Halyna hat es zwar mit ihrer jüngeren Tochter aus der Ukraine über Warschau ins sichere Ries geschafft. Doch ihre ältere Tochter ist noch immer in Kiew, packt dort Verpflegungspakete für die Soldaten. Halyna ist bei den Döblers in Alerheim untergekommen. Und als alle gemeinsam die Schilder mit den ukrainischen Nationalflaggen für die Mahnwache in Nördlingen gemalt hätten, da habe sich Halyna sehr über die Unterstützung gefreut, sagt Werner Döbler.
Viele Menschen sind am späten Sonntagnachmittag auf den Nördlinger Marktplatz gekommen, um ein Zeichen für den Frieden zu setzen. Die Vertreter der Deutschen Friedensgesellschaft haben Banner mitgebracht, einige Bürgerinnen und Bürger sind mit den ukrainischen Flüchtlingen gekommen, die sie bei sich Zuhause aufgenommen haben. So wie eben auch Werner und Anja Döbler, die selbst eine schwer kranke Tochter haben - und ihr Gästezimmer für Halyna und deren schwer behinderte Tochter freigemacht haben. "Wir teilen gerne unser Equipment", sagt Werner Döbler.
OB Wittner: Krieg in der Ukraine ist außerhalb der Vorstellungskraft
Zunächst spielt die Knabenkapelle auf dem Marktplatz, dann spricht Oberbürgermeister David Wittner. Und einer der ersten Sätze von ihm trifft wohl genau das, was viele Menschen in diesen Tagen denken: "Wir sind fassungslos über den russischen Angriffskrieg in der Ukraine." Ja außerhalb der Vorstellungskraft sei es gewesen, dass wieder ein solcher Krieg ausbreche: "Voller Bangen haben wir in den Wochen zuvor in die Ukraine geblickt - doch alles Hoffen auf eine diplomatische Lösung war leider vergebens." Nun sehe man auch im Ries seit dem 24. Februar Bilder von Ukrainerinnen und Ukrainern, die auf der Flucht vor Bomben in U-Bahn-Stationen kampieren - die einander die Hand halten und versuchen, sich aufzumuntern. Die mit Kindern und Gepäck kilometerweit an die Grenze marschieren. "Und die sich von ihren Lieben verabschieden, ohne Gewissheit auf ein Wiedersehen."
Mit dieser Mahnwache, so fährt der OB fort, wolle man auch den Willen bekunden, Hilfe und Unterstützung zu leisten für die Ukrainerinnen und Ukrainer. Wittner betont: "Es muss unser gemeinsamer Wille sein, diese Menschen nicht im Stich zu lassen." Ausdrücklich lobt und bedankt sich der Rathauschef für all das Engagement, das es in der Region bereits gebe: Spenden würden gesammelt, Transporte organisiert und Menschen aufgenommen. Wittner hofft, dass die Solidarität noch lange anhalten werde und meint: "Wir werden einen langen Atem brauchen." Denn der Wiederaufbau der Ukraine werde lange Zeit dauern.
Mahnwache in Nördlingen als Zeichen für die Demokratie
An die Teilnehmer der Mahnwache gerichtet sagt Wittner: "Ihr Kommen spricht aber auch für Ihre Bereitschaft, ein Zeichen zu setzen für die Demokratie." Russlands Angriff auf die Ukraine sei auch einer auf die Demokratie, auf Freiheit und Selbstbestimmung: "Der Angriff ist eben nicht nur einer auf einen Nachbarstaat, er ist ein Angriff auf die freie Welt. Auf die Werte, die wir in Europa vertreten." Deshalb sei es wichtig, diesem entschlossen entgegenzutreten, fordert der OB. Selbst, wenn die Sanktionen den Bürgerinnen und Bürgern einiges abverlangen. Jedoch: "Frieden und ein friedliches Zusammenleben sind es wert."
"Wir wissen, dass wir - wie wir hier auf unserem Marktplatz in Nördlingen stehen - nicht alleine sind in unserem Bestreben für Frieden, für Mitgefühl und für Menschlichkeit", betont Wittner zum Schluss. Der evangelische Pfarrer Martin Reuter und der katholische Diakon Roland Kiechle sprechen anschließend, beten mit den Menschen zusammen das "Vater unser". Während die Knabenkapelle die Europahymne spielt, hisst OB Wittner die Europaflagge am Marktplatz - mit Trauerflor. Danach läuten die Glocken von Sankt Georg, bevor die Menschen in Stille einige Momente verharren.
Noch fehlen Halyna die deutschen Worte. Was sie sagen will, tippt sie in ihr Handy, lässt ein Programm übersetzen. Ihrem Gegenüber hält sie den deutschen Text hin. Dort steht zu lesen: "Ich bin den freundlichen Menschen, die uns helfen, sehr dankbar." Sie lächelt bekräftigend und zeigt auf Werner und Anja Döbler.
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