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Nördlingen: Christine Eixenberger in Nördlingen: Von Schimmelpilzen und Rigips-Gesichtern

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Christine Eixenberger in Nördlingen: Von Schimmelpilzen und Rigips-Gesichtern

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    Spröde Sekretärin, listiger Opa, bräsiger Polizeiwachtmeister: Christine Eixenberger spielt sie alle im Klösterle nach.
    Spröde Sekretärin, listiger Opa, bräsiger Polizeiwachtmeister: Christine Eixenberger spielt sie alle im Klösterle nach. Foto: Anton Kutscherauer

    „So schlecht is doch Nördlingen aa net.“ Was sich wie ein Kompliment für die Riesmetropole anhört, ist eher der Verzweiflung darüber geschuldet, dass es in Ballungsräumen wie München schier unmöglich ist, eine bezahlbare Bleibe zu finden. Der nervenzehrende Kampf gegen die Wohnungsnot zieht sich – satirisch überspitzt – als roter Faden durch das Kabarett-Programm von Christine Eixenberger, das sie den rund 100 Besuchern im Nördlinger Klösterle präsentierte.

    Christine Eixenberger in Nördlingen mit Programm "Einbildungsfreiheit"

    Dabei beginnt alles ganz harmlos, als die Protagonistin nach längerer Absenz in ihre Wohnung zurückkehrt und ein übel riechendes Gebilde hinter einem Wandbild vorfindet. Was zunächst nach einem Gemälde ("später Impressionismus") oder dem Turiner Grabtuch aussieht, erweist sich als ganz profaner schwarzer Schimmel. Doch woher einen Handwerker nehmen, wenn die ehemaligen Vertreter dieser seltenen Spezies schon "aus den Altenheimen rausgezerrt" werden müssen? Obwohl er ein Meister im "fachgerechten Lamentieren für die berufliche Praxis" ist, weiß auch Vermieter Schorsch keinen Rat. Und als nach endlosem Warten ein schmieriger Typ mit "Schreibtisch-Wamp'n" auftaucht, ist dies nur der Unterhändler einer "GWS-Consulting". Also muss eine neue Wohnung her, deren Suche sich zu einer wahren Odyssee ausweitet. 

    Christine Eixenberger brachte ihr Programm "Einbildungsfreiheit" am Sonntag ins Klösterle.
    Christine Eixenberger brachte ihr Programm "Einbildungsfreiheit" am Sonntag ins Klösterle. Foto: Anton Kutscherauer

    Auf dieser flicht Christine Eixenberger, die neben der Kabarettbühne auch regelmäßig als Darstellerin in verschiedenen TV-Formaten zu sehen ist, diverse Spielszenen ein. Häufig spielen darin Grundschüler die Hauptrolle, schließlich ist sie als ausgebildete Lehrerin vom Fach. So hat sich an Halloween ("Brauchtumsverwirrung") zu den Hexen und Zombies ein Sternsinger verirrt, bevor der Siggi ("König vom Wertstoffhof") einer Grundschulklasse sein Berufsbild nahebringen will – obwohl der kleine Nerd doch lieber "Computerspielfachzeitschrifts-Chefredakteur" werden will. 

    Lustvoll spielt die Kabarettistin im Laufe des Abends die unterschiedlichsten Charaktere nach: die spröde Sekretärin im katholischen Pfarramt, den listigen Opa in der Senioren-Residenz, den bräsigen Polizeiwachtmeister und die angeschickerte Freundin beim Mädelsabend. Wenngleich Gestik und Mimik manchmal leicht überdreht wirken, so lassen sich die Besucher gerne mitreißen von der gut gelaunten Ulknudel aus dem bayerischen Oberland, die sich auch nicht zu schade ist, dem Publikum ihr Corona-Bäuchlein zu zeigen. 

    Feuerwerk an Wortspielen und Pointen

    Rastlos geht es im zweiten Programmteil weiter, noch immer auf der Suche nach einer passenden Behausung. Doch es ist "wie beim Schwammerl suchen, alle wollen den großen dicken Steinpilz!". Aber findet man den in der Reihenhaussiedlung, dem Arrangement von "prämortalen Särgen der Mittelschicht"? Wo doch sogar die einzige Gefängniszelle auf einem Münchner Revier seit zwei Jahren von einer Polizeianwärterin aus der Oberpfalz bewohnt wird. Oder soll man doch selber bauen, obwohl man dann zu den "mittdreißiger Rigips-Gesichtern" mit durchgetakteter Lebensplanung gehört, bei denen an der Hochzeit "mit Rollsplit aus der eigenen Einfahrt statt mit Reis" geworfen wird. 

    Es ist ein wahres Feuerwerk an Wortspielen und Pointen, mit dem Christine "Chrissie" Eixenberger das begeisterte Publikum im Klösterle überzieht. Ihr komplettes Programm trägt sie in altbayerischer Mundart vor, nicht zuletzt deshalb wurde sie 2019 mit dem Bayerischen Kabarettpreis ausgezeichnet. Am Ende des spritzigen, couragierten und unterhaltsamen Auftritts, der durchaus noch mehr Zuschauer verdient gehabt hätte, wird – vor dem ausgiebigen Schlussapplaus – sogar noch "polizeilich" aufgeklärt, wie der Programmtitel "Einbildungsfreiheit" zustande kommt. 

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