Auf den ersten Blick geschieht am Montagmittag in der Inneren Baldinger Straße in Nördlingen nichts Außergewöhnliches: Passanten spazieren durch die Gassen und schauen neugierig in die Schaufenster, an den Tischen der Restaurants genießen mehrere Menschen ihre Mittagspause. Bei genauerem Hinschauen fällt jedoch auf, dass sich keine Autos im Schritttempo an den Passanten vorbeidrängen: Die Straße ist seit Montag autofrei. In der Sitzung vom 22. Juni hat der Nördlinger Stadtrat beschlossen, die Durchfahrt von der Inneren Baldinger Straße auf den Nördlinger Marktplatz im Sommerhalbjahr zu sperren, beginnend mit den Sommerferien. Um als Anlieger an den Marktplatz zu kommen, muss man einen Umweg fahren.
Als der Fahrer eines grauen Wagens mit Nördlinger Kennzeichen die Sperrung bemerkt, hört man ihn durch das offene Fenster fluchen: "Mist", sagt er, und fährt über die Straße "Beim Klösterle" an den Hafenmarkt, um dort zu wenden. Am Montagvormittag ist er nicht der einzige: Mehrere Autofahrer bemerken, dass es nicht weitergeht, und wenden beim Dr.-Oetker-Brunnen am Finanzamt.
Ein Ehepaar aus Wiesbaden möchte zum Marktplatz fahren. Sie stehen mit dem Auto auf dem Gehsteig und suchen nach einer anderen Möglichkeit, um in die Altstadt zu gelangen. "Wir wussten nichts von der Sperrung", sagen sie.
Nördlinger Autofahrer schimpft über die Sperrung des Marktplatzes
Eine Route, um auf den Marktplatz zu kommen, gibt es natürlich trotzdem. Anstatt die Baldinger Straße durchzufahren, müssen Autofahrerinnen und Autofahrer bis zum 5. November rechts in die Herrengasse abbiegen. Nach der Kreuzung geht es dann auf der Herrengasse eine Weile geradeaus, bevor man links in die Luckengasse abbiegt, um diese dann bis zur Polizeigasse zu fahren. Auch wenn die Polizeigasse normalerweise eine Einbahnstraße ist, dürfen Autos, die von der Luckengasse kommen, links abbiegen und bis zum Marktplatz fahren.
Montagvormittags fahren mehrere Autos durch die Luckengasse: Ein Kleinbus zwängt sich durch die enge Straße, in der auf der linken und rechten Seite Autos geparkt sind. Die Stadt Nördlingen konnte bis zu Redaktionsschluss keine Auskunft zum Verlauf des ersten Tages geben.
Nördlinger Polizei behält die Sperrung in der Innenstadt im Auge
Nördlingens Polizeichef Beck sagt, es gebe bislang noch keine Beschwerden, die mit der Sperrung zusammenhängen würden. "Für den ruhenden Verkehr ist die Stadt Nördlingen zuständig", sagt er. Auch wenn die Polizei nicht kontrolliere, wer in die Innenstadt fahre, sei die Sperrung den Beamten bekannt. "Unsere Streifen behalten das im Auge."
Willy Zeiträg arbeitet in unmittelbarer Nähe der Abriegelung: Er betreibt den Copyshop Copy&Print in der Baldinger Straße und kann aus seinem Laden auf die Poller schauen, welche die Zufahrt verhindern. Er glaubt, die Sperrung sei nur eine kurzfristige Lösung: "Dann fahren halt alle durch die Luckengasse", sagt er. "Das belastet die Einwohner dort mit Lärm und Abgasen." Zeiträg wünscht sich, dass die gesamte Innenstadt zur verkehrsberuhigten Zone wird: "Wenn die Leute dann merken, dass es schneller ist, um die Stadt zu fahren, statt den Weg durch die Innenstadt zu nehmen, beruhigt sich die Lage von selber."
Nördlinger Gastronomie soll von der Sperrung des Marktplatzes profitieren
Vor allem Ärzte und Apotheker hatten das Vorhaben der Stadt kritisiert. Da am Marktplatz mehrere Praxen und Apotheken liegen, befürchteten die Betroffenen, dass es für viele Patientinnen und Patienten immer schwerer werden würde, mit dem Auto zu ihnen zu gelangen. Willy Zeiträg glaubt, dass sein Laden vor allem unter dem Wegfall der Laufkundschaft, die mit dem Auto an den Läden in der Baldinger Straße vorbeifährt, leiden werde. "Jetzt ist es aber zu früh, um ein Fazit zu ziehen", sagt er, "ich glaube aber, dass vor allem die Gastronomie von der Sperrung profitieren wird."
Tatsächlich sitzen am Montagmittag einige Gäste der Restaurants in der Inneren Baldinger Straße draußen. Eine Mitarbeiterin des italienischen Restaurants Valentino sagt, bis jetzt merke sie keinen Unterschied. "Ich kann mir aber vorstellen, dass es für die Leute angenehmer ist, wenn keine Autos vorbeifahren."