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Neresheim: Tatort Neresheim: Was Straftätern früher blühte

Neresheim

Tatort Neresheim: Was Straftätern früher blühte

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    Der Neresheimer Archivar Holger Fedyna (links) und Bürgermeister Thomas Häfele vor der Vitrine mit dem wertvollen Kelch aus St. Jakob in Oettingen.
    Der Neresheimer Archivar Holger Fedyna (links) und Bürgermeister Thomas Häfele vor der Vitrine mit dem wertvollen Kelch aus St. Jakob in Oettingen. Foto: Viktor Turad

    Sie wurden geköpft, gehängt oder gerädert: In früheren Jahrhunderten ging man auch in Neresheim und Umgebung nicht zimperlich mit Delinquenten um, zumal man damals Freiheitsstrafen noch nicht kannte. Dies schildert eindringlich eine Ausstellung im Härtsfeldmuseum unter dem Titel „Tatort

    Er wurde, wie Stadtarchivar Holger Fedyna recherchiert hat und bei der Ausstellungseröffnung berichtete, 1498 gefertigt, vermutlich in Augsburg. Der Kelch wurde aus Silber gezogen und dann vergoldet, hat eine gotische Inschrift auf lateinisch und trägt unter anderem das Wappen des Fürstenhauses Oettingen-Wallerstein, das auch das Neresheimer Stadtwappen ist. Das ist aber nicht der einzige Bezug zu Neresheim.

    Denn vor dem Jahr 1498 war in Neresheim ein Handelsmann aus St. Gallen überfallen und erschlagen worden. Die beiden Räuber erbeuteten dabei zwar Gold, es nützte ihnen aber nicht viel, denn sie wurden noch am gleichen Tag geschnappt. Für ihre Tat mussten sie büßen: Sie wurden auf der Richtstätte gerädert.

    So sieht der Oettinger Kelch aus.
    So sieht der Oettinger Kelch aus. Foto: Viktor Turad

    Aus ihrer Beute wurde ein Sühnekelch gefertigt, damit die Seele des von ihnen Erschlagenen in den Himmel komme. 1552 wurde das Kloster Neresheim vom Grafen Ludwig XVI. dem Jüngeren von Oettingen-Oettingen überfallen und der Abt samt Kelch und Kirchenschmuck verschleppt. Der Abt wurde später ausgelöst, der Kelch aber blieb in Oettingen in St. Jakob. Dort ist er sicher verwahrt und in dem evangelischen Gotteshaus nach wie vor in Gebrauch.

    Für zwei Tage wurde er unter strengsten Sicherheitsauflagen nach Neresheim ausgeliehen unter der augenzwinkernden, nicht ernst gemeinten Androhung, wenn er nicht zurückkomme, schicke man ein zweites Mal den Fürsten nach Neresheim. Ausgestellt wurde der Kelch übrigens erst einmal, im Jahr 2008.

    Verbrechen kam wegen des Verwesungsgestanks ans Tageslicht

    Auch sonst dreht sich in der aktuellen Ausstellung im Neresheimer Museum alles um Mord und Totschlag. Im Heimatmuseum hat Archivar Fedyna auf Bannern einige Fälle dargestellt. So etwa den der Magd Barbara Eberlin in Elchingen. Die 36-Jährige gebar 1735 ein uneheliches Kind, was als Schande galt, und brachte den Säugling um. Den kleinen Leichnam versteckte sie unter dem Bett, das Verbrechen kam aber wegen des Verwesungsgestanks ans Tageslicht. Während dem 25-jährigen Vater des Kindes attestiert wurde, dass er unschuldig sei, wurde die Mutter schuldig gesprochen und auf dem Rathausplatz in Neresheim enthauptet. Zuvor hatte sie ein Geistlicher von ihren Sünden losgesprochen. Apropos Geistliche: Da keine Totengräber erschienen waren, beerdigten der Ökonom des Klosters und spätere Abt Aurelius Braisch, der Pfarrer von

    Der Pfeifer erschlug seine Ehefrau in Dorfmerkingen

    Oder der Fall des Pfeifers Johannes Mund aus Dorfmerkingen. Wegen seiner neuen Liebe erschlug er seine Ehefrau. Der Täter wurde dort zum Tode verurteilt, wo heute das Neresheim Heimatmuseum steht. Nach der Verlesung des Urteils zerbrach der Richter mit den Worten „Nun helfe Dir Gott, ich kann Dir nicht mehr helfen“, den Gerichtsstab, das Symbol der richterlichen Gewalt, und warf ihn dem Delinquenten vor die Füße. Daraus entstand die Redewendung, über jemand den Stab zu brechen.

    Fedyna berichtete, in den Klöstern habe es seinerzeit die übelsten Kerker gegeben. Auch Neresheim war davon nicht ausgenommen. Überdies wurde die Abtei am 22. Oktober 1765 ein souveräner geistlicher Staat. Als äußeres Zeichen dieser Souveränität ließ der Reichsprälat und spätere Abt Benedikt Maria Angehrn eine Richtstättte als weithin sichtbares Zeichen der Landehoheit errichten. Damit war die sogenannte hohe oder Blutgerichtsbarkeit verbunden. Das Kloster hätte also bei schweren Verbrechen wie Mord oder Vergewaltigung die Todesstrafe vollstrecken dürfen. Ein Todesurteil ist zwar bis zur Säkularisation 1802 nicht überliefert. Aber der Galgen stand noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts. Wo genau, das wird geheim gehalten.

    Info Die Ausstellung selbst ist bis zum Ende der Sommeraktion „Blühendes Neresheim“, die vom 23. Juli 18. September dauert, sonntags von 13.30 bis 16 Uhr geöffnet. Der Kelch jedoch ist durch ein Bild ersetzt.

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