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Neresheim: Menschen aus der Ukraine sollen im Neresheimer Kloster unterkommen

Neresheim

Menschen aus der Ukraine sollen im Neresheimer Kloster unterkommen

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    Im Klosterhospiz und in der Jugendbegegnungsstätte Martin-Knoller-Haus auf dem Ulrichsberg, aber auch in der Stadt Neresheim sollen Flüchtlinge aus der Ukraine untergebracht werden.
    Im Klosterhospiz und in der Jugendbegegnungsstätte Martin-Knoller-Haus auf dem Ulrichsberg, aber auch in der Stadt Neresheim sollen Flüchtlinge aus der Ukraine untergebracht werden. Foto: Viktor Turad

    Im Benediktinerkloster auf dem Ulrichsberg laufen Vorbereitungen, Flüchtlingen aus der Ukraine Unterkunft und Schutz vor den Schrecken des Krieges in ihrem Heimatland zu bieten. Die Mönchsgemeinschaft hat sich auf Anfrage von Landrat Joachim Bläse und Bürgermeister Thomas Häfele bereit erklärt, die Menschen in Not aufzunehmen. Infrage kommen dafür das Klosterhospiz und die Jugendbegegnungsstätte Martin-Knoller-Haus, Letzteres allerdings erst in etwa zwei Monaten, wenn die Reparaturarbeiten abgeschlossen sind. Auch der Aufruf der Stadtverwaltung, Wohnraum in Neresheim zur Verfügung zu stellen, ist auf sehr fruchtbaren Boden gefallen. Inzwischen sind in der Stadt bereits Geflüchtete auf privater Basis bei Verwandten und Freunden untergekommen.

    Er habe der Bitte des Landrats und des Bürgermeisters, Unterkünfte im Kloster bereitzustellen, umgehend und sehr gerne entsprochen, teilt Konventualprior Pater Albert, der Obere des Klosters, auf Anfrage mit und verweist auf die Regeln, die bereits Ordensgründer Benedikt erlassen habe. Daher sähen sich Benediktiner zur Aufnahme von Gästen besonders verpflichtet. Denn in den Regeln heiße es: "Alle Fremden, die kommen, sollen aufgenommen werden wie Christus; denn er wird sagen: 'Ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen.'" Und an anderer Stelle: "Vor allem bei der Aufnahme von Armen und Fremden zeige man Eifer und Sorge, denn besonders in ihnen wird Christus aufgenommen."

    In Neresheim sollen Geflüchtete aus der Ukraine untergebracht werden

    Es hat laut Pater Albert eine Begehung mit Vertretern des Landratsamts, der Neresheimer Stadtverwaltung sowie den zuständigen Mönchen und Angestellten des Klosters gegeben. Das Tagungshaus hat demnach 39 Zimmer mit etwa 85 Betten. Die meisten Zimmer haben Dusche und WC, einige wenige nur eine Etagendusche. Das Martin-Knoller-Haus hat 50 Betten, kann aber wegen, wie es heißt, zwingend notwendiger Reparaturarbeiten erst in zwei Monaten bewohnt werden.

    Die Mitarbeiter des Landratsamts hätten gesagt, teilt Pater Albert weiter mit, dass die Belegung aus organisatorischen Gründen erst nach und nach erfolgen werde. Über konkrete Belegungszahlen sei noch nicht gesprochen worden.

    Das Tagungshaus sei ein Hotel und habe eine zentrale Küche, aber keine Küchenzeilen in den Zimmern. Die Frage der Verpflegung werde vom Landratsamt Ostalbkreis mit der Stadt Neresheim geklärt. Ähnliches gelte für die Aufstellung von Waschmaschinen zur individuellen Benetzung.

    Viele Angebote sind in der Stadt Neresheim für Unterkünfte eingegangen

    Die Tagungsräume stünden für die Betreuung der Geflüchteten zur Verfügung, teilt der Klosterobere weiter mit. Hier könnten etwa Unterricht und Sozialarbeit stattfinden. Laut Bürgermeister Thomas Häfele wird überdies geprüft, ob man das Kloster an die Route des Stadtbusses anbinden kann, damit die Flüchtlinge eine Möglichkeit haben, in die Stadt zu kommen. Mit der örtlichen Mensa sei man ebenfalls im Gespräch.

    Wie im Neresheimer Kloster früher bereits Geflüchtete aufgenommen wurden

    Während und nach dem Zweiten Weltkrieg waren im Kloster Neresheim bereits Menschen untergebracht, die ihre Heimat im Osten verloren hatten. Im März 1941 kamen sogenannte Baltenumsiedler auf den Ulrichsberg. Sie hatten Lettland und Estland verlassen müssen, weil die beiden Länder auf der Grundlage des sogenannten Hitler-Stalin-Pakts von der damaligen Sowjetunion besetzt wurden. 126 Räume, darunter 100 Schlafräume, mit knapp 4000 Quadratmetern reiner Wohnfläche wurden dem Kloster genommen und für die Neuankömmlinge hergerichtet. Abt Bernhard Durst bezeichnete sie als Gäste und bezog sich damit ebenfalls auf die Regeln des Ordensgründers Benedikt. In Neresheim wurden die etwa 400 Umsiedler als sogenannte Volksdeutsche bei der, wie es damals hieß, „Heimkehr ins Reich“ herzlich empfangen.

    Die meisten verließen den Ulrichsberg jedoch bereits im August 1941. Bald danach kamen rund 700 Slowenen aufs Härtsfeld. Sie wurden umgesiedelt, weil ihre angestammte Heimat „ethnisch umgestaltet“ und dort nur noch deutsch gesprochen werden sollte. Gegen Jahresende 1943 kamen zusätzlich erneut Esten, Letten und Litauer auf den Ulrichsberg, die ihre Heimat wegen des Vorrückens der Roten Armee hatten verlassen müssen. Im April 1945 wurde es im Kloster ganz eng, als dort ein Kriegslazarett eingerichtet wurde und das Bekleidungsamt der Luftwaffe mit seinen Beständen unterkommen musste.

    Die Lage entspannte sich erst im Mai und Juni, als Esten, Letten und Litauer das Lager verließen. Im August schlossen sich 370 Slowenen an. Doch das war noch nicht das Ende. Denn nun mussten auch in Neresheim Geflüchtete und Vertriebene aus den deutschen Ostgebieten untergebracht werden. (tu)

    Pater Albert stellt fest: "Die Reaktionen aus der Bevölkerung auf die Aufnahme von Menschen aus der Ukraine, die vor dem brutalen Angriffskrieg geflohen sind, sind durchweg positiv und sehr ermutigend. Wir Mönche des Klosters Neresheim hoffen, dass wir den Flüchtlingen aus der Ukraine mit der zeitlich nicht begrenzten Öffnung unseres gesamten Tagungshauses ein wenig helfen können."

    Helfen möchte auch die Stadt. Außerhalb des Klosters werden wohl ebenfalls Geflüchtete in Neresheim Unterkunft und Sicherheit finden. Denn der Aufruf der Stadt, Wohnraum zur Verfügung zu stellen, ist auf eine unerwartet große Resonanz gestoßen, berichtet Bürgermeister Häfele. "Wir waren überrascht, wie viele Angebote eingegangen sind." Diese werden nun gesichtet. Ideal wäre es nach Häfeles Einschätzung, wenn die Betroffenen in einer möblierten Wohnung mit Küche und Dusche eigenständig leben könnten. Denn man müsse bedenken, dass die Geflüchteten unter Umständen längere Zeit bleiben müssten. Beim Thema Unterkunft werde das Kloster die Hauptlast tragen. "Dafür sind wir sehr dankbar", fügt Häfele hinzu.

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