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Munningen: Römischer Holzspeicher gilt als überraschende Entdeckung von Losodica

Munningen

Römischer Holzspeicher gilt als überraschende Entdeckung von Losodica

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    Einer der entdeckten Holzbrunnen während der Untersuchung.
    Einer der entdeckten Holzbrunnen während der Untersuchung. Foto: Werner Paa

    Vor mehr als 100 Jahren wurde nördlich von Munningen das Römerkastell Losodica entdeckt. Mehrmalige Grabungen erbrachten wichtige Informationen zur Geschichte des Platzes. Seit den siebziger Jahren ruhte allerdings die Erforschung. Erst der Bau der Ortsumgehung 2009 war Anlass für eine neue Grabung. Mittlerweile haben sich die Möglichkeiten für die Archäologen durch neue Verfahren und Techniken umfassend geändert. 

    Die Luftbildarchäologie, physikalische Verfahren wie Magnetogramm, Georadar und Laserscann ermöglichen heute Einblicke in den Untergrund, ohne den Spaten ansetzen zu müssen. Die Datierung von Hölzern mittels Jahresringen erbringen genaueste Daten für die Entstehung von Bauten und Pollenanalysen ermöglichen Einblicke in die einstige Flora des Platzes. So konnten interessante Einblicke in das Alltagsleben der römischen Bewohner von Losodica gewonnen werden, die früheren Forschern verwehrt bleiben mussten.

    Bei Grabungen in Munningen kommen Steinbauten zutage

    Überraschend wurden bei der Grabung 2009 zwei Steinbauten entdeckt. In einem der Gebäude fanden sich zwei fragmentierte Inschriften, die verraten, dass es sich um einen Tempel gehandelt hat. Ein in Munningen ansässiger Verein, der sich als collegium juventutis benannte, hat hier der Göttin Securitas aeterna einen Tempel gestiftet. Im Umfeld des Gebäudes fanden sich große Mengen verbrannter Tierknochen. Sie stammen von einigen tausend geopferten Schafen. Außerhalb des Gebäudes entdeckten die Ausgräber den Schienenpanzer eines Soldaten und zwei kleine Sandsteinstatuetten. Sie wurden offenbar als Opfergaben dort niedergelegt. Der Stimmwirbel eines Saiteninstrumentes, einer Kithara, ist den aktuellen Forschungen zufolge ein Hinweis, dass bei den Zeremonien auch Musik gemacht wurde. So kann man vermuten, dass Losodica für die Bewohner der Umgebung eine Art Wallfahrtsort war.

    Die Auswertung von Pollen ergab detaillierte Einblicke in die Flora des Ortes und seiner näheren Umgebung. In den Gärten der Bewohner wurden demnach verschiedene Kräuter für die Küche angebaut. Auch der Anbau von Getreide nahm im Laufe der Zeit ständig zu.

    Selbst im Grenzgebiet des Römischen Reiches wollte man nicht auf die Annehmlichkeiten verzichten, die die größeren Orte in der Provinz boten. Mehrere Weinfässer, die nach Munningen gelangten, wurden in zweiter Verwendung als Brunnenschalungen verwendet. Die Fässer aus Tannenholz, darunter eines mit einem Fassungsvermögen von 900 Liter, wurden zu Beginn des 2. Jahrhunderts in Ravenna hergestellt. Auf einer der Fassdauben ist sogar noch der Zollstempel erhalten geblieben. Sicherlich gelangte damals durch Händler auch die scharfe Soße aus Fisch und Salz, das garum, nach Munningen, das für das Würzen von Speisen sehr beliebt war.

    Römerkastell Losodica: Getreide wurde an das Militär geliefert

    Die überraschende Entdeckung eines gewaltigen Holzspeichers stützt die Vermutung, dass sich der Ort Losodica nach dem Abzug der dort stationierten Kohorte zu einer Nachschubbasis für die nördlichen gelegenen Militärstandorte entwickelte. Hierher lieferten die Bewohner der umliegenden bäuerlichen Anwesen ihre Produkte, vornehmlich Getreide, an das Militär. Die Organisation des Nachschubs lag sicherlich beim römischen Heer. Es ist daher zu vermuten, dass in Munningen weiterhin eine kleine Einheit stationiert war.

    Wahrscheinlich ist es, dass sich in dem Ort ein Markt befand, auf dem die ortsansässigen Händler und Gewerbetreibenden ihre Produkte anboten. Durch Funde ist bekannt, dass hier ein Geschirrhändler sein Depot hatte. Die verkehrsgünstige Lage im Schnittpunkt mehrerer Straßen bot dafür optimale Voraussetzungen.

    Einer der mächtigen Holzpfosten des großen Speichers blieben in dem feuchten Untergrund erhalten.
    Einer der mächtigen Holzpfosten des großen Speichers blieben in dem feuchten Untergrund erhalten. Foto: Werner Paa

    Im Frühjahr 2022 wurde im Bereich der zivilen Siedlung ein Gebäude mittels der Geophysik untersucht. Aufmerksam wurde man auf die Stelle, da ehrenamtliche Mitarbeiter in der Vergangenheit hier immer wieder auf Funde stießen. Kürzlich wurden in Munningen bei einem Vortrag die Ergebnisse der Messungen präsentiert. Innerhalb von zwei Tagen konnte der Grundriss eines Gebäudes mit einer Fläche von 600 Quadratmetern nachgewiesen werden. In zwei Räumen war sogar noch der Estrich der Fußbodenheizung erhalten. An einer Stelle des Bauwerks muss sich eine starke Wärmequelle befunden haben. Sicherlich war das Bauwerk aufgrund seiner Größe ein öffentliches Gebäude. Allerdings gibt es den Forschern noch einige Rätsel auf. Am ehesten könnte es eine Therme gewesen sind, da aus dem Gebäude ein Abwasserkanal führt. Aber auch die Nutzung als mansio, eine Übernachtungsstation für Reisende, oder eine handwerkliche Nutzung sind nicht auszuschließen.

    Mit jedem neuen Fund zeigt sich deutlicher, dass Losodica ein bedeutender Ort zur Römerzeit gewesen sein muss, dessen genaue Größe bislang gar nicht bekannt ist. Es sind derzeit noch viele Fragen offen. Wo waren die Bestattungsplätze des Ortes mit wohl weit über 1000 Bestattungen? Gab es an der Wörnitz auch eine Bootslände? Jedenfalls darf man schon sehr gespannt sein, was zukünftige Forschungen über den einst so wichtigen Platz an das Tageslicht bringen.

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